26.11.2007 - TBWA-Kreativchef Lee Clow plant einen neuen Wettbewerb in Mexiko, der Werbung als Kunst würdigen soll. Bei Juroren etablierter Awards gehendie Meinungen zu diesem Thema auseinander.
Es werde eine "kreative Revolution" geben, kündigte Lee Clow jüngst gegenüber dem US-Fachtitel "Adweek" an. Der Kreativchef der TBWA-Gruppe in den USA plant, einen neuen Kreativ-Wettbewerb auszuloben. Das Media Arts Festival soll erstmals im Frühjahr 2009 in Cabo San Lucas in Mexiko statt finden. Sinn und Zweck des neuen Wettbewerbs ist es, Werbung in jeder Form als "mediale Kunst" zu würdigen. So sollen etwa auch virale Videos auf Youtube oder gebrandete T-Shirts von einer Jury beurteilt werden. Clow bemängelt, dass die bisherigen Wettbewerbe die aktuellen Entwicklungen in der Werbebranche nicht ausreichend widerspiegeln würden. Derzeit stellt Clow einen Beraterkreis zusammen, aus dem sich eine Jury formieren soll; das TBWA-Netzwerk selbst wird nicht als Veranstalter des Wettbewerbs auftreten.
Wie der neue Award aussehen soll, steht noch nicht definitiv fest. Laut "Adweek" schwebt Clow ein grüner Leguan vor. Dazu, ob es wirklich einen weiteren Kreativ-Wettbewerb braucht, gehen die Meinungen in Werberkreisen auseinander. "Für einen Kreativ-Wettbewerb mediale Kunst, bezogen auf Wirtschaftswerbung, sehe ich null Anlass und Bedarf", sagt Rudolf Jahns. Der Vorstand der Düsseldorfer Agentur Jahns and Friends ist Jurymitglied des Deutschen Dialogmarketing Preises (DDP) und meint: "Ein Löwe in Cannes, ein Nagel beim ADC oder Edelmetall beim DDP signalisieren, dass sich wirklich etwas Außergewöhnliches durchgesetzt hat." Außerdem, betont Jahns, weiten die etablierten Wettbewerbe wie ADC und DDP ihre Kategorien stetig aus, um alle Tools, Kanäle und Werbeformen zu erfassen.Walter Plötz, Juryvorsitzender des DDP und Managing Partner von Publicis Hamburg, findet: "Grundsätzlich denke ich nicht, dass wir einen weiteren Kreativ-Wettbewerb brauchen. Vor allem keinen, der L`art pour l`art kürt." Es gebe dagegen eine beträchtliche Reihe renommierter Preise, die alle ihre Daseinsberechtigung hätten: "Ich plädiere für eine Konzentration auf die bestehenden, relevanten Awards. ADC, Cannes, der Eurobest, natürlich der DDP und weitere bieten für nahezu alle Werbeformen kreative Spielwiesen." Davon, Kampagnen als Kunst zu werten, hält Plötz nicht viel. "Werbung lebt natürlich von Kreativität. Aber sie sollte sich nicht als Kunst verstehen." Werbung solle deshalb auch nur dann gewürdigt und mit einem Award bedacht werden, "wenn sie nachweislich zum Geschäftserfolg des Unternehmens beiträgt".
Ähnlich argumentiert Volker Wrage, ADC-Mitglied und Creative Head bei Saatchi & Saatchi: "Der Gedanke, dass Werbung Kunst sei, liegt längst auf dem Friedhof der übersteigerten Eitelkeiten begraben. Und wenn jemand ihn exhumiert, sollte es kein Werber sein." Außerdem hat Wrage Einwände gegen den geplanten Veranstaltungsort des neuen Festivals: "Warum Mexiko? Warum Cabo San Lucas? Warum ein Ort, der auf der ganzen Welt nur dafür bekannt ist, dass satte Werber hier ihren Urlaub verbringen?" Dr. Henning von Vieregge, Hauptgeschäftsführer des Gesamtverbandes Kommunikationsagenturen (GWA), will noch kein Urteil über ungelegte Eier fällen. "Als entschiedener Anhänger der Marktwirtschaft bin ich auch beim Awardwesen oder Awardunwesen dafür, dass der Markt es richtet." Ein Wettbewerb, der dann letztlich doch nicht funktioniert, richte keinen Schaden bei Dritten an, meint von Vieregge. "Und funktioniert er, geschieht das zusätzlich oder im Verdrängungswettbewerb. Beides ist in Ordnung."
Ein Befürworter der Pläne Lee Clows ist Hartmut Kozok, Geschäftsführer von Tribal DDB in Hamburg und DDP-Juror: "Ich bin gespannt auf den Award und denke, wir würden dort einreichen." Ihn fasziniert die künstlerische Ausrichtung des Festivals. "Eine nette Vision, unseren immer stärker rational geprägten Bewertungsmethoden zu begegnen." Die Lösung dürfe nicht sein, in bestehende Awards einfach neue Disziplinen zu addieren. "Ich denke, wir kommen langsam an den Punkt, wo wir unsere Awards nicht mehr reformieren können, sondern nach komplett neuen Lösungen suchen müssen. Von daher kann ich den Angang von Lee Clow nur befürworten." eaz
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