26.11.2007 - Das Münchner I-TV-Projekt ist zwar gescheitert, nicht aber das interaktive Fernsehen an sich. Ein Kommentar von Bert Rösch.
"Das Einzige, mit dem der Fernsehzuschauer interaktiv sein will, ist sein Kühlschrank." Dieses vernichtende Urteil fällte bereits in den neunziger Jahren der damalige RTL-Intendant Helmut Thoma über das interaktive Fernsehen (I-TV). Der Münchner I-TV-Anbieter Betty TV wollte den Gegenbeweis antreten und ist damit nach nur einem halben Jahr gescheitert (Seite 31).
Doch lag es wirklich an der Bequemlichkeit der Zuschauer, dass sich jetzt mehr als 380.000 unverkaufte Betty-Fernbedienungen in München stapeln? Die Nutzungszahlen von Betty TV lassen an dieser These zumindest zweifeln. Schließlich lag die Response-Quote bei den Betty-Nutzern nach Unternehmensangaben konstant bei über 50 Prozent. Das heißt: Wer sich die Betty-Fernbedienung erst einmal gekauft hatte, wollte sie schon bald nicht mehr missen.
Das Grundproblem lag also offenbar vielmehr darin, dass viel zu wenig Fernsehzuschauer bereit sind, sich ein zusätzliches Endgerät anzuschaffen und dieses mit seinen sonstigen Unterhaltungsgeräten (unter anderem Videorecorder, Digital-Recorder und DVD-Player) mühsam zu verdrahten. Zumal der Mehrwert bei Betty nicht besonders groß war. Schließlich besaßen die so genannten Sofameilen, die man mit der Fernbedienung sammeln konnte, nur einen Bruchteil des Wertes eines Happy-Digit-Bonuspunktes. Und selbst dafür kann man sich herzlich wenig kaufen.
Was können die I-TV-Anbieter also aus diesem Debakel lernen? Zum einen, dass eine der ältesten Weisheiten des Direktmarketings immer noch Gültigkeit hat: Man muss den Response so einfach wie möglich machen und darf keine unnötigen Barrieren einbauen. Das Internet macht uns tagtäglich vor, wie es geht. Dort reichen in der Regel wenige Klicks, um auf ein Angebot zu antworten, was von den Usern auch eifrig genutzt wird.
Die Lösung kann somit nur in der Verschmelzung des Internets mit dem Fernsehen liegen, die dank des Siegeszugs der digitalen Technik nur eine Frage der Zeit sein dürfte. Somit war Betty TV eh nur so etwas wie eine Übergangs- bzw. Notlösung, die zwar gescheitert ist, aber zumindest gezeigt hat, dass wir nicht alle Couch Potatoes im Sinne von Helmut Thoma sind.
Außerdem lässt sich die im Massenmarkt gescheiterte Betty-TV-Technik (Signal über TV und Rückkanal über Telefon) noch für andere, kleinere Projekte nutzen, zum Beispiel in der Marktforschung oder zum Austes ten von Fernsehkampagnen.
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