30.04.2007 - ONEtoONE fragt: Soll die Postliberalisierung verschoben werden?
Anfang 2008 soll das Restmonopol der Deutschen Post auf die Beförderung von Briefen bis 50 Gramm fallen. So steht es zumindest im Gesetz. In den vergangenen Wochen gab es aus der Politik allerdings fast täglich Stimmen, die diesen Termin in Frage stellten. Diskutiert werden mögliche Wettbewerbsverzerrungen durch unterschiedliche Zeitpunkte der Marktöffnungen in der EU und angeblich schlechtere Löhne bei alternativen Zustellern.
Franz-Josef Rensmann, CEO von Leo Burnett in Frankfurt am Main:Dass die Liberalisierung in anderen Ländern noch nicht umgesetzt ist, darf uns nicht hindern. Eine erneute Verschiebung würde das Problem der zu teuren Leistungserstellung oder Quersubvention auch nicht lösen. Wir alle können uns nur eine wettbewerbsfähige Post wünschen, die dann bei der Öffnung anderer europäischer Märkte die im heimischen Markt gemachten Wettbewerbserfahrungen in Wettbewerbsvorteile umdrehen kann. Mögliche wettbewerbsverzerrende Altlasten sollten nicht von den Kunden der Post getragen werden. Vielleicht kann der ehemalige Besitzer "Bund" diese "Altlasten" ja mit den Erträgen aus dem Anteilsverkauf abfedern?
Thomas Lipke, Geschäftsführer von Globetrotter in Hamburg:Durfte man im vergangenen Jahr nach einer eindeutigen Einlassung der Bundesregierung glauben, das Postmonopol werde endgültig zum 31.12.2007 auslaufen, so muss man nach jüngsten Initiativen annehmen, dass das Thema noch nicht endgültig vom Tisch ist. Leider erzeugt das eine große Verunsicherung bei den zukünftigen privaten Dienstleistern und deren Kunden, zu denen wir auch gehören. Die Liberalisierung im Bereich Paketdienste und Telekommunikation hat mit mehr Wettbewerb den privaten Verbrauchern wie auch den Unternehmen erhebliche Vorteile verschafft. Die Regierung ist aufgefordert sich nachdrücklich dafür einzusetzen, den im Postgesetz vorgesehenen "Fahrplan" einzuhalten.
Thomas Strerath, CEO von OgilvyOne Worldwide in Frankfurt am Main:Nein, keine Verschiebung. Die Argumente sind lange bekannt und würden sich durch eine Verschiebung nicht ändern. Vertrauen in den Markt ist wichtig, er wird über Qualitäten und Preise entscheiden. Und zwar eindeutig.
Stefan Huth, Director Marketing Central Europe von Pitney Bowes Deutschland in Heppenheim:Eine Versachlichung der Diskussion und eine Fokussierung auf die tatsächliche Komplexität in der Umsetzung tut meines Erachtens Not, ebenso eine Betrachtung der Randbedingungen wie Umsatzsteuer und Universaldienstleis tungsverträge. Ausgehend von der ursprünglichen Intention der Neuregelung, nämlich einer Förderung des Mediums Brief als Kommunikationsmittel für Gewerbe und Private, vergeben wir uns als Volkswirtschaft mit jedem Tag, den wir verschieben, wichtige Chancen und Impulse.
Michael Schipper, Managing Partner von Proximity Germany in Hamburg:Nicht alle neuen Gesetze gefallen immer allen gleich gut. Ich werde die gute alte Zigarette nach einem guten Abendessen beim Italiener vermissen. Die Deutsche Post sicher ihr Monopol.
Christian Humm, Vertriebsleiter bei Borek Kommunikation in Osterwieck: Eine erneute Verschiebung halte ich nicht für sinnvoll. Der Markt, also unsere Kunden, benötigt weiteren Wettbewerbsdruck auf die Deutsche Post AG, damit eine weitere Flexibilisierung der Sendungs- und Preisstrukturen erreicht wird. Die immensen Möglichkeiten der Web-to-print- und Digitaldrucktechniken in Bezug auf das One-to-one-Marketing erfordern mehr Variabilität und Preisentlastung im Postsektor, um noch stärkere Verwendung auf breiter Anwenderfront zu finden.
Roland Bös, Deputy Managing Director der Scholz & Friends Dialog Group in Hamburg:Aus meiner Sicht ist die derzeit diskutierte Verschiebung des Stichtags eine eher emotional geführte und teils auch lagerpolitisch motivierte Debatte. Fakt ist: Die Privatisierung des deutschen Postmarktes hat vor vielen Jahren begonnen. So nutzen wir schon heute in vielen Bereichen die Angebote anderer Anbieter. Und im besten Fall profitieren wir darüber hinaus auch als Experten für Brand- und Customer-Value. Denn in liberalisierten Märkten wächst erfahrungsgemäß nicht nur der Wettbewerb, sondern auch die Bedeutung von starken Marken. Wir freuen uns also auf jede Menge Dialog, auch mit den neuen Anbietern im Briefbereich ...
Barbara Wörz, Leiterin New Business bei Burda Direct in Offenburg:Die Deutsche Post bringt qualitativ hochwertige und schnelle Leistungen beim Transport von Mailings. Wir spüren das Engagement unserer Gesprächspartner in den letzten Jahren verstärkt. Die frühere Beamtenmentalität hat einem ausgeprägten Dienstleistungsdenken Platz gemacht. Ich glaube, die Post, wie sie sich heute darstellt, braucht die Konkurrenz nicht zu fürchten!
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