27.12.2006 - Karstadt Quelle setzt im Konzern noch stärker aufs Internet.
Im Rahmen der Neuorientierung stellt sich jetzt Deutschlands umsatzstärkster Versandhändler, die Quelle GmbH, im E-Commerce neu auf. Dazu gehören Web-2.0-Elemente, ein fünfmal größeres Sortiment und mehrere neue Vertriebspartner. Begleitet wird die Neuausrichtung von Quelle von einem kompletten Umbau der Versandhandelssparte von Karstadt Quelle; selbst der Verkauf von Neckermann.de ist nicht ausgeschlossen.
"Wir wollen das E-Commerce von Quelle massiv ausbauen", kündigt E-Commerce-Chefin Nicole Enzesberger an. "Der E-Commerce-Anteil am Umsatz der Quelle GmbH soll von aktuell 38 Prozent bis Ende nächsten Jahres auf 45 Prozent wachsen."
Im Blick hat der Versender die klassische Familie, 30- bis 40-Jährige mit ein bis zwei Kindern. "Das ist genau die ,Familie in der Mitte der Gesellschaft`", so Enzesberger. "Unsere Markenstrategie ist besonders auf die Frauen dieser Zielgruppe ausgerichtet."
Und dieser Zielgruppe soll etwas geboten werden. "Anfang Dezember haben wir unser E-Magazin gestartet, in dem die Kunden auch Kommentare zu den einzelnen Artikeln abgeben können", erläutert Enzesberger die Maßnahmen. "Ebenfalls seit Anfang dieses Monats testen wir Live-Chats: Während des Bestellvorgangs beantworten unsere Call-Center-Agents live sämtliche Fragen der Kunden. Im Januar entscheiden wir dann, ob wir den Live-Chat beibehalten." Im ersten Quartal nächsten Jahres wolle Quelle den Kunden zusätzlich die Möglichkeit bieten, Rezensionen zu georderten Artikeln abzugeben und im Internet zu veröffentlichen.
Quelle wartet allerdings nicht nur mit neuen Features auf. Das Unternehmen plant vor allem, sein Sortiment spürbar zu erweitern. Der Versender will die Zahl seiner Artikelnummern bis Ende nächsten Jahres auf eine Million verfünffachen. "Dies wollen wir unter anderem mit Kooperationen auf der Vertriebsebene erreichen", sagt Enzesberger.
"Erst vor Kurzem haben wir eine Vertriebsvereinbarung mit Weltbild geschlossen, so dass wir jetzt stärker als je zuvor Internet-relevante Artikel wie Bücher und DVDs anbieten können", sagt Enzesberger, bei Quelle für den E-Commerce zuständig. "Anfang nächsten Jahres werden wir weitere Partner ins Boot holen - ebenfalls mit Internet-affinen Sortimenten." Für Enzesberger ist Quelle damit "auf einem guten Weg, das bei vielen als verstaubt geltende Image abzulegen".
Betrachtet man die Umbaupläne ihrer Chefs Thomas Middelhoff und Marc Sommer, könnte dies noch ein anstrengender Weg werden. Quelle will nicht nur das E-Commerce ausbauen, sondern nächstes Jahr auch ins Teleshopping einsteigen. Des Weiteren will die Karstadt Quelle AG Neckermann.de an die Börse bringen oder verkaufen. Das sind aber noch nicht alle Veränderungen. So will der Essener Konzern die gerade erst sanierte Service Group abstoßen. 14 Call-Center, fünf Logistikstandorte und IT-Dienstleister mit insgesamt 10.000 Beschäftigten sollen als Ganzes oder in Teilen verkauft oder mit einem strategischen Partner betrieben werden.
"Nach einer intensiven Phase der Sanierung gehen wir nun an die Neuausrichtung unserer Geschäfte", begründet Versandhandelsvorstand Sommer die radikalen Pläne. "Quelle und Neckermann.de sind die Nummer eins und drei im deutschen Versandhandel. Beide sind stark im Universalhandel, der gehörig unter Veränderungsdruck geraten war. Wir geben Neckermann.de an die Börse und konzentrieren uns auf den Marktführer Quelle, der als modernes Multi-Channel-Unternehmen gut aufgestellt ist."
Beim Spezialversand mit seinen heute europaweit agierenden 18 Spezialversendern konzentriert sich das Unternehmen auf drei Segmente: die Zielgruppe der "Golden Ager" 60 plus (zum Beispiel Peter Hahn), das Premiumsegment (etwa Elegance) sowie das Segment der Communities (beispielsweise Baby-Walz und Hess Natur). Von Spezialversendern, die außerhalb dieser drei Segmente liegen, will sich der Konzern "kurz- bis mittelfristig trennen" und stattdessen passende Unternehmen innerhalb dieser Zielgruppen hinzukaufen.
Was für das Deutschlandgeschäft des Versandhändlers gilt, trifft auch auf die Aktivitäten im Ausland zu: Sie werden spürbar umgekrempelt. Karstadt Quelle will sich auf Mittel- und Osteuropa sowie den deutschsprachigen Raum konzentrieren. Insbesondere soll - ähnlich wie beim Konkurrenten Otto - das Geschäft in Russland ausgebaut werden. Die Quelle-Aktivitäten in Frankreich, Portugal und Spanien sollen hingegen verkauft werden. Die Standorte Belgien und Niederlande stellen im Januar ihre Geschäfte ein.
Was Quelle derzeit vorlegt, soll auch bei den anderen Versendern im Hause Karstadt Quelle Schule machen: der Ausbau des Geschäfts im Internet. Der Konzern liegt damit durchaus im Trend. Nach einer Befragung des Marktforschers TNS Infratest werden dieses Jahr im Internet erstmals Waren im Wert von mehr als zehn Milliarden Euro abgesetzt. Damit steigen die Online-Umsätze gegenüber dem Vorjahr um 35 Prozent. Rund 44 Prozent aller Bestellungen werden bereits per Mausklick getätigt. Spitzenreiter im Online-Handel sind die Versender, die sowohl per Katalog als auch per Internet versenden.
Nach Warengruppen betrachtet, wird online am meisten Geld für Bekleidung, Textilien und Schuhe ausgegeben, insgesamt 2,8 Milliarden Euro. Es folgen Bücher, CDs und DVDs mit 1,8 Milliarden und Unterhaltungs-elektronik mit 1,2 Milliarden Euro.
Thomas Lipke, der Vorsitzende des Ausschusses E-Commerce im Bundesverband des Deutschen Versandhandels (BVH), hebt bei solchen Zahlen gern hervor, dass ein erheblicher Teil der Online-Umsätze vom Versandkatalog inspiriert wird. Denn mehr als 71 Prozent der befragten Internet-Kunden gaben an, vor der Online-Bestellung im Katalog geblättert zu haben. Lipke, als Geschäftsführer von Globetrotter kürzlich zum Versender des Jahres gewählt: "Der Katalog ist erster Impulsgeber und ein unverzichtbarer Angebotsträger für die Branche." Die Kunden bestellten on- und offline, per Internet und per Katalog, aber auch über TV, mobile Commerce und T-Commerce. "Und jeder Kanal für sich zieht wieder andere Kundengruppen an", so Lipke.
Die Zielgruppe der Frauen allerdings, die Quelle jetzt im Fokus hat, kauft laut TNS im Internet noch relativ zurückhaltend ein. Männer bestellen zu 59 Prozent per Mausklick, Frauen zu 37 Prozent: Sie bevorzugen das Telefon.
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