05.07.2004 - Digitale Briefmarke soll Mehrwert für Kunden schaffen
Was der EU-Kommission kaum gelingen wird, das versucht nun der ehemalige Technologie-Chef der Österreichischen Post auf technischem Wege: Mit Hilfe eines elektronischen Postdienstes will Walter Trezek künftig in Österreich und Deutschland Briefe unter 100 Gramm zustellen.
An Ehrgeiz fehlt es Walter Trezek nicht: "Ich habe sämtliche Monopolmärkte im Visier, inklusive die der neuen EU-Mitglieder", sagt der ehemalige Leiter der Abteilung für Technologieanwendungen bei der Österreichischen Post, seit Ende letzten Jahres Gründer und geschäftsführender Gesellschafter der Firma Document Exchange Networks in Österreich. Herzstück seines Unternehmens ist eine auf Standards der Universal Postal Union basierende digitale Briefmarke, die die komplette datentechnische Verfolgung der Briefe vom Sender bis zum Empfänger möglicht macht - der Schlüssel zur so genannten höherwertigen Dienstleistung, die zum Erhalt der begehrten D-Lizenz berechtigt.
Das System arbeitet mit einem Pünktchen-Code: Alle Informationen der Postdienstleistung wie Versender, Gewicht, Art, Preis, Größe und Absender werden darin gespeichert und verschlüsselt. "Damit dürfte Trezek im Monopolbereich tätig werden", bestätigt Deutsche-Post-Sprecher Dirk Klasen. Die DPAG bietet Sendungsverfolgung nur bei Einschreiben an.
Als Partner sitzt das IT-Unternehmen Knowledge Architects in Kuftein/Tirol mit im Boot. Knowledge Architects stellt die Software her und vertreibt in Europa und Asien eine "neue Generation von Sortiermaschinen" eines US-amerikanischen Herstellers. Laut Thomas Oberlechner, geschäftsführender Gesellschafter bei Know-ledge Architects, handelt es sich um die eierlegende Wollmilchsau für Postdienstleister: kleine, schnelle, mobile Frankier- und Sortiermaschinen, die friktionsfrei arbeiten und die Abrechnung gleich mit erledigen. "Damit erhält die gesamte Wertschöpfungskette eine neue Struktur", sagt Oberlechner. Trezek, der bei Knowledge Architects im Aufsichtsrat sitzt, darf das Gerät in Exklusivlizenz betreiben. "Ein Erfolg in Österreich wäre der Schlüssel zum deutschen Briefmarkt", meint der Hamburger Logistikberater Horst Manner-Romberg. Document Exchange Network soll mit Hilfe externer Postdienste zunächst Briefe für öffentliche Einrichtungen in Österreich zustellen. Ein Teil des Transports erfolgt digital - und daher zu Preisen bis zu 30 Prozent unter den regulären Versandgebühren. Nach Auskunft Oberlechners hat das Projekt den Status einer nationalen Aufgabe. Trezek genieße "volle Unterstützung von höchster Stelle, vom Finanzamt bis hin zum Bundeskanzler."
Erst Ende Mai hatte die EU-Kommission sich bei der deutschen Bundesregierung über die Dominanz der DPAG bei den postvorbereitenden Diensten bzw. der Konsolidierung von Briefen beschwert. Die vom Wirtschaftsministerium zugesagte Prüfung des Postgesetzes bleibt jedoch aller Wahrscheinlichkeit nach ohne Folgen. "In dem Schreiben ist keine Zusage einer konkreten Gesetzesänderung enthalten", sagt Steffen Moritz, Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums. Derzeit prüft der Europäische Gerichtshof (EuGH), ob die deutschen Gesetze überhaupt gegen die entsprechende EU-Richtlinie verstoßen. Zuvor hatte das Kölner Verwaltungsgericht in dieser Frage kapituliert und das Verfahren an den EuGH weitergereicht. Grund der Komplikationen: Die EU-Richtlinie verliert kein Wort über die Konsolidierung von Briefen. "Möglicherweise handelt es sich dabei um ein Gesetzeslücke", so Moritz. Und das herauszufinden, könne dauern. asc
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