Internet pusht Versandhandel

23.11.2003 - Bilanz des Deutschen Versandhandelskongresses

"Eine runde Sache", "pragmatischer Nutzen und familäre Tradition", "Fachpublikum auf Entscheiderebene" - die Distanzhandelsbranche überschlägt sich vor Lob über den Deutschen Versandhandelskongress 2003. Und wertet das Branchen-Event, das am 6. und 7. November in Wiesbaden stattfand, als vollen Erfolg. Die Distanzhändler haben auch allen Grund zu frohlocken, denn eine aktuelle Studie des Bundesverbands des Deutschen Versandhandels (bvh) in Frankfurt diagnostiziert eine "erfreuliche Entwicklung des E-Commerce in Deutschland".

Laut Umfrage, die der bvh unter seinen 201 Mitgliedern durchführte, wird der Online-Handel in Deutschland ohne digitale Dienste und Reisebuchungen 2003 ein Umsatzvolumen von 3,6 Milliarden Euro erreichen. Das entspricht einer Verdreifachung gegenüber dem Jahr 2000 und einer Erhöhung um 34 Prozent gegenüber 2002. Im Vergleich zum gesamten Versandhandelsumsatz von geschätzten 21,3 Milliarden Euro kletterte der Anteil des Umsatzes, der in Online-Shops generiert wurde, auf 17 Prozent. Laut bvh hält der E-Commerce inzwischen einen Anteil von einem Prozent am gesamten deutschen Einzelhandelsumsatz. Und den beziffert der Verband auf 365 Milliarden Euro.

Da Vertrauen das Verbraucherverhalten nachhaltig prägt, nehmen die klassischen Versandhändler sieben von zehn Plätzen der größten deutschen Online-Händler ein. Bei der Allensbacher Computer- und Technikanalyse ACTA 2003 belegt Amazon.de den Spitzenplatz vor Otto.de, Tchibo.de, Quelle.de und Weltbild.de. Auf den weiteren Rängen folgen Bol.de, Neckermann.de, Conrad.de, Buch.de und Heine.de. Die bvh-Studie kommt zu dem Ergebnis, dass immer mehr Versender E-Commerce-Umsätze von über 15 Prozent des Gesamtumsatzes erreichen. Dieser Anteil beträgt bei Spezialanbietern mit internetaffinen Produkten 50 Prozent und mehr.

Weiteres Ergebnis: Fast 15 Prozent der Neukunden werden im Versandhandel online gewonnen. Ganz klar: Weil damit auch Konsumenten erreicht werden, die nicht katalog-, dafür aber Online-affin sind. Daher werden langfristig elektronische Bestellformen vorherrschen, prognostiziert der bvh. Neuere Bestellwege wie T- und M-Commerce sind nach Einschätzung des Verbands im Kommen. Dennoch: "So schnell wird man den Katalog nicht ersetzen können", sagt Rolf Schäfer, bvh-Präsident und Vorstandsvorsitzender des Schwab Versands.

Der durchschnittlich online erzielte Kundenumsatz liegt in den ersten drei Quartalen 2003 mit einem Wert von 275 Euro um 4,5 Prozent unter dem durchschnittlichen Vergleichswert, der über den Kanal Katalog generiert wurde. Daraus folgert der bvh, dass hinter diesen Zahlen ein zielgerichtetes Einkaufsverhalten steckt. Das Kaufverhalten der Kunden im Web und Katalog liege eng beisammen. "Multichannelling ist nicht mehr wegzudenken - was die Beispiele Douglas oder Media Markt anschaulich dokumentieren", so Schäfer.

Das Institut für Demoskopie Allensbach hat festgestellt, dass die Deutschen beim Online-Shopping mittlerweile die Briten abgehängt haben und die Poleposition im euro- päischen Vergleich halten. Im Jahr 2003 ist die Zahl der Deutschen mit Internetzugang auf 34,4 Millionen gestiegen, 20,8 Millionen davon sind Online-Shopper. Laut Statistischem Bundesamt besitzen mehr als 16 Millionen deutsche Haushalte oder 43 Prozent aller Haushalte einen Zugang zum Web. Zum Vergleich: Der europäische Durchschnitt liegt bei 40 Prozent.

Fazit des bvh: Das Internet wird zunehmend zum Medium der breiten Bevölkerung. Und damit auch des Versandhandels. Das User-Durchschnittsalter kletterte auf 37,7 Jahre. 32,6 Prozent der 30- bis 39-Jährigen shoppen online, bei den 14- bis 19-Jährigen sind es 1,8 Prozent, die 20- bis 29-Jährigen machen 18 Prozent aus. 26,7 Prozent gehören den 40- bis 49-Jährigen an, 13,3 Prozent sind 50 bis 59 Jahre alt. 7,6 Prozent sind 60 oder älter. Hier zu Lande bezahlen die meisten Verbraucher ihre Online-Einkäufe, wie sie es vom klassischen Versandhandel gewohnt sind: 83 Prozent kaufen per Rechnung, knapp sechs Prozent zahlen mit Kreditkarte, fünf Prozent per Nachnahme. Ein sechsprozentiger Anteil entfällt auf Lastschrift- und sonstige Verfahren.

Was wird online gekauft? Heute sind Textilien und Kleidung der Renner im Web. Ihr Shopping-Anteil im Internet beträgt laut Statistischem Bundesamt 30 Prozent. Dazu trägt, so der bvh, der klassische Versandhandel bei. Dort liegt der Kleidungsanteil bei 40 Prozent. Wertmäßig belegen Ticket- und Reisebuchungen (die der bvh nicht ins Gesamtumsatzvolumen eingerechnet hat) mit einem Anteil von 21,8 Prozent Platz eins im Ranking. Gefolgt von Kleidung und Schuhen (14,3 Prozent), Computern und -zubehör (12,6 Prozent) sowie Büchern (8,8 Prozent). Laut Marktforscher GfK sind Bücher sogar die am liebsten online gekauften Artikel. Der Anteil von Foto- und Videokameras macht 6,6 Prozent der Ausgaben aus. Darauf folgen CDs und sonstige Bild- und Tonträger (5,5 Prozent), Drogerieartikel (3,2 Prozent), Elektrogeräte (2,6 Prozent), Spielzeuge (2,7 Prozent) sowie Sport und Freizeit (1,8 Prozent).

Der bvh geht davon aus, dass der Online-Anteil am Weihnachtsgeschäft im Versandhandel in diesem Jahr 40 Prozent erreichen wird. Bei einem geschätzten Weihnachstgeschäft von rund vier Milliarden Euro liege der Wert der Online-Geschenke bei 1,6 Milliarden Euro. Und es weihnachtet sehr: Zum Fest erwartet der Verband, dass insbesondere Geschenke aus den Bereichen Technik, Schmuck und Mode gekauft werden. Außerdem seien Digitalkameras aller Preislagen, DVD-Rekorder, Markenschmuck und Mode der Renner. Und: Harry Potter fünf, hochwertige Kaffee- und Espressomaschinen sowie Spielzeug von Pokémon bis Play Station.

Unterm Strich erwartet der Versandhandel 2003 beim Wachstum eine schwarze Null, eventuell ein einprozentiges Umsatzplus. Das hängt vom Verlauf des Weihnachtsgeschäfts ab. "Die hohe Steigerungsrate des Vorjahres von 3,2 Prozent auf 21,3 Milliarden Euro werden wir wohl nicht erreichen", glaubt Schäfer. Das habe politische Gründe. Außerdem habe der Rekordsommer die Konsumlaune gebremst. Nichtsdestotrotz wird der Versandhandel in diesem Jahr erneut besser abschneiden als der Einzelhandel. Letzterer rechnet bereits jetzt mit einem Minus von einem Prozent. Konsequenz: Der Marktanteil des Versandhandels von sechs Prozent im vergangen Jahr bleibt bestehen.

Der E-Commerce steht also unter einem guten Stern. 94 Prozent der bvh-Mitglieder wollen 2004 mehr in den Online-Handel investieren. Die derzeitige Geschäftslage und auch die künftigen Erwartungen im E-Commerce bewerten die Versender ausschließlich mit gut oder sehr gut. Fazit des Verbands: Traumhafte Steigerungsraten wie in der Boomzeit des Online-Handels werden wahrscheinlich nicht mehr erreicht werden. Es steckt jedoch viel Potenzial im Internet. Denn der elektronische Handel trägt überproportional zum Versandhandelswachstum bei und ist eine wesentliche Säule des Geschäfts geworden. ks

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