Adressen: Tipps und Tücken beim Tausch

25.02.2003 - Immer mehr Versender setzen auf den kollegialen Austausch von Top-Daten

"Das ist ein Rückfall in die Naturalwirtschaft", schimpfen die einen, "eine rundum gute Sache", sagen die anderen. Fakt ist: Der Tausch von Adressen zu Werbezwecken steht bei deutschen Versendern hoch im Kurs. Adressprofi Heinz Fischer von Fischer & Partner schätzt den Anteil, den die Tauschgeschäfte am gesamten Adress-Business ausmachen, auf immerhin 15 bis 18 Prozent - mit steigender Tendenz. Das Vorgehen ist einfach: Versender A stellt Versender B Kundenadressen zur Verfügung und umgekehrt.



Die Vorteile liegen auf der Hand: Adressen von Versendern weisen in der Regel eine extrem hohe Qualität auf, weil sie gut gepflegt und aktuell sind, und die Tauschpartner sicher sein können, dass sich hinter den Adressen versandhandelsaffine Kunden, eben Postkäufer, verbergen.

Nun hüten nicht nur Versender, sondern alle Direktwerbungtreibenden ihre Kundendaten wie ihre Augäpfel, weswegen derlei Tauschaktionen großes Vertrauen in die Seriosität des jeweiligen Partners voraussetzen. Nicht nur deshalb ist das Versandhandelsgeschäft für diese Form des Adress-Business prädestiniert, denn: Man kennt sich und weiß um die Geschäftspraktiken des anderen. Zudem trägt der Kostendruck erheblich zur Kooperationsbereitschaft bei, so sie denn für alle Beteiligten gewinnbringend ist.

"Es ist nicht mal mehr absurd, dass heilige Kühe geschlachtet werden und selbst Wettbewerber sich gegenseitig unterstützen", sagt Robert Möstl, Versandhandelsexperte und Chef von DMC&C. Die Versender rückten enger zusammen, weil sie erkannt hätten, dass nicht der Versandhandelskollege, sondern der Einzelhändler der eigentliche Konkurrent ist. Denn schließlich dümpelt der Anteil des Versandhandels am Gesamteinzelhandelsumsatz seit Jahren bei rund fünf Prozent - die restlichen 95 Prozent heimst der stationäre Handel ein. "Es weht ein neuer Geist!", sagt Möstl und prognostiziert: "Der Adresstausch wird weiter zunehmen."

Nun freut dieser neue Geist nicht alle, so ist mancher Listbroker nicht gut auf den Adresstausch zu sprechen, schließlich gehen ihm unter Umständen Provisionen verloren. Das sei "ein rotes Tuch für Broker", sagt zum Beispiel Guido Zinsler von Zinsler infoSelect. Johannes Palkus von Koop Direktmarketing relativiert wohl nicht ganz uneigennützig: "Der Adresstausch ist einfach und nimmt zu - auch über Broker. Und das ist in Ordnung, wenn zu marktüblichen Preisen abgerechnet wird." In der Tat setzen einige Versender auch bei Tauschgeschäften auf die professionelle Vermittlung von Listbrokern, um jeglichen Missbrauch auszuschließen.

Denn wie stets, wenn es in Deutschland um Kundendaten geht, sind auch beim Adresstausch einige Aspekte unbedingt zu beachten, wenn man nicht mit einem Bein im Gefängnis stehen will. Da ist zunächst einmal die strikte Beachtung der Datenschutzrichtlinien: Auch beim Adresstausch hat sich deshalb das so genannte Lettershop-Modell bewährt. Das heißt, dass die Adressen an einen neutralen Verarbeiter - den Lettershop - gegeben werden und das Partnerunternehmen nicht selbst in Kenntnis der Daten gelangt.

Und dann ist da noch die Steuerfalle: Auch wenn der unbürokratische Tausch nicht eines gewissen Charmes entbehrt, macht sich strafbar, wer keine saubere Rechnung für das Überlassen der Adressen stellt. Das nämlich erfüllt den Tatbestand der Umsatzsteuerhinterziehung und die kann teuer werden. Es ist übrigens nicht die Existenz der Rechnung allein, die das Finanzamt zufrieden stellt, es muss auch zu marktüblichen Konditionen abgerechnet werden. (Ein Tipp: Über die steuerlichen Finessen des direkten Adresstauschs informiert ein Gutachten, das gemeinsam vom Council Listbroking im Deutschen Direktmarketing Verband und der Karlsruher Wirtschaftsprüfungsgesellschaft Kanzlei Wangler erstellt wurde.)

Ein Mitarbeiter eines führenden Versenders bringt es auf den Punkt: "Es muss alles sehr, sehr sauber laufen." Und auch wenn in Deutschlands Versandhandelsunternehmen niemand namentlich zu diesem Thema zitiert werden will, kann man wohl sicher sein, dass schon aus Eigeninteresse der Werbungtreibenden die Tauschaktionen sehr sensibel gehandhabt werden.

"Niemand will damit in Verbindung gebracht werden, aber alle machen es. Wir suchen unsere Tauschpartner sehr sorgsam aus und berücksichtigen zum Beispiel keine Lotterieeinnehmer. Außerdem werden bei uns die Adressen nicht einfach so getauscht, wir arbeiten immer über Broker - auch um Missbrauch zu verhindern", sagt eine Vertreterin eines Versandhauses.

Folgt man diesem Modell, so ergibt sich die viel gepriesene Win-Win-Situation: Die Listbroker sorgen für seriöses Handling, die Tauschpartner bekommen Top-Adressen und alle gemeinsam verdienen Geld. So schön kann Tauschen sein.

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