Pull-Medium mit Ansteckungsgefahr

21.01.2003 - Web-to-Print-Lösungen fürs DM: Permission-basiert, viral und mit Empfehlungscharakter

Ein Freund schreibt Ihnen von der Website eines Markenartiklers aus eine Grußkarte. Die Botschaft landet jedoch nicht als virtuelle E-Card in Ihrem elektronischen Briefkasten, sondern erreicht Sie - werbefinanziert und natürlich mit einer Werbebotschaft versehen - per Post. Web-to-Print heißt die technische Seite dieses Konzepts, bei dem Druckaufträge über eine Web-basierte Eingabemaske angestoßen werden. Für Marketer eröffnet sich mit diesen Karten ein interessantes Potenzial.

Die von Freundeshand bestellte Postkarte wird zur cleveren Marketingaktion, weil sie eine persönliche Nachricht mit einer haptischen Werbebotschaft verbindet. Mirco Beisheim, Geschäftsführer des Hamburger Web-to-Print-Dienstleisters Postalo, der zum Beispiel entsprechende Lösungen für Karstadt und blumenhaus.de entwickelt hat, glaubt: "Es gilt, mit Hilfe einer hochwertigen Produktinszenierung ein Happening zu veranstalten." Und das mit einer realen Grußkarte, die, so Beisheim, "jeder kennt". Emotionalisierung ist also Trumpf. Und die wird auch dadurch erreicht, dass der Wunsch nach Benefits bei den Empfängern und teilweise auch bei den Absendern durch doppelte Anreizeffekte bedient wird, denn: In der Regel befinden sich auf den Postkarten Incentives in Form von Warenproben, Aufklebern, Rubbelfeldern oder Gutscheinen, die im stationären Handel eingelöst werden können.

Auch der so genannte Empfehlungscharakter ist gegeben, denn "ausgewählte Empfänger bekommen durch gezielte Ansprache die Möglichkeit, sich Leistungen abzuholen. Außerdem werden Markenartikler mit einer anderen Wertigkeit wahrgenommen. In Mailings stehen Werbungtreibende im Absender, jetzt sind es Privatpersonen, die für Unternehmen Werbung machen", sagt Beisheim.

Ein Beispiel: Für eine Karstadt-Aktion im Herbst 2002 bot das Essener Handelsunternehmen Karstadt-Kundenkarten-Inhabern die Möglichkeit, ihren Liebsten eine Web-to-Print-Grußkarte zu schicken, die zugleich ein Kinogutschein für die CinemaxX-Kette war. Auch laut Roman Bach, Geschäftsführer des Hamburger Web-to-Print-Lösungsanbieters ePrint Factory, der unter anderen Hugo International und Die Welt betreut, ist es wahrscheinlich, dass der Empfänger die Kosmetikprobe, die er zusammen mit seiner Postkarte erhält, auch wirklich ausprobiert - und dadurch die Konversionsrate steigt: "Sie müssen die Probe einmal auf die Haut kriegen, dann sind Sie schon so gut wie Kunde." Glaubt man Bach, so ist die papiergewordene E-Card ein schönes Beispiel für virales Marketing, denn: Ein Absender verschickt die Karten oft gleich an seinen kompletten Freundeskreis. Diese Freunde lassen wiederum ihren Freunden eine Duftprobe oder ein Zeitungs-Testabo zukommen. Bach spricht von einer Cluster-Gruppe, die streuverlustfrei bedient werden kann: "Julia bekommt eine Karte von Tim. Dann wird Julia der Versender." Das impliziert, dass die vom Freund gesendete Werbepostkarte laut Beisheim Permission-basiert und als Pull-Medium ankommt - sie wird auf Abruf bereitgestellt. Im Gegensatz zum klassischen Mailing ist die Reihenfolge umgedreht: Zuerst kommt der Response samt Kontakt, dann erst die Karte. Nebeneffekt: Die Unternehmens-Websites generieren über die Web-to-Print-Karten mehr Besucher.

So hat die ePrint Factory für das Deodorant Axe von Lever Fabergé in Hamburg eine Duftprobe via Postkarte promotet. "Das Angebot wurde fast 100.000-mal genutzt", berichtet Stefan Reicherstorfer, Brand Manager für Axe. "Außerdem erhöhten sich durch diese Kampagne deutlich die Zugriffe auf die Axe-Website." Je nach Kampagnenziel kann es laut Bach sinnvoll sein, so genannte "Golden Questions", also persönliche Daten und Nutzergewohnheiten, auf der Website des Markenartiklers abzufragen, bevor der Nutzer die haptischen Karten abschickt: "Zusätzliche Fragen - neben den sowieso notwendigen Daten von Absender und Adressat - dienen zur Segmentierung bestimmter Zielgruppen, die in weiteren Kampagnen angesprochen werden können." Bei der Axe-Kampagne antworteten laut Bach rund 60 Prozent der Nutzer, bevor sie im Internet auf den Send-Button klickten, um eine Grußkarte zu verschicken. Inzwischen ist die gedruckte E-Card in Deutschland rund drei Jahre alt. "Trotz hoher Qualität und Wertigkeit ist sie weiterzuentwickeln", so Beisheim. Dementsprechend setzt man bei Postalo jetzt auch auf das Handy, mit dem User analog zum Internet Grüße verschicken und Werbungtreibende Permission-basierte Mobilfunknummern generieren können. Beisheim: "Gerade bei den Verknüpfungsmöglichkeiten der verschiedenen Medien gibt es noch sehr viel zu entdecken." Wenn die Marketingzeiten wieder ein wenig mutiger werden und mehr Erfolgsdaten des Mediums vorliegen, dann könnte auch die Web-to-Print-Grußkarte als Bestandteil Dialog-orientierter Kampagnen durchstarten. Bestimmt gibt es auch für Dialog-Agenturen und Werbungtreibende viel zu entdecken. ks

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