Neue Werbeformen gesucht!

25.03.2002 - Kreativität trotz Kostendruck: Ad Specials werden zunehmend nachgefragt

Sparen oder auffallen? Das ist hier die Frage - vor der gerade in wirtschaftlich schwierigen Zeiten mancher Marketingverantwortliche steht. Zweifellos kann man sich mit aufmerksamkeitsstarken Sonderwerbeformen, im Print-Bereich spricht man von Ad Specials, gerade in hart umkämpften Märkten deutlicher vom Wettbewerb abheben. Aber das hat seinen Preis. Handelt es sich also um eine zwar kostspielige, aber effiziente Investition? René Meyer, Chef von Bauer Extras in Hamburg, jedenfalls ist davon überzeugt. Sein Motto: "Wenn man weniger Geld ausgeben will, muss man es schlau machen."



Schlau ist es demnach, sich nicht von den Finanzbarrieren abschrecken zu lassen, sondern sich dem Sinn der Werbung zuzuwenden: nämlich der Wirkung. "Mit Ad Specials erreicht man einen signifikant gesteigerten Response gegenüber den klassischen Werbemitteln", weiß Helma Finkenauer-Linnerth, Geschäftsführerin der Wiesbadener Media-Agentur Carat Direct. Ob mit Warenprobe, Duftlack-Anzeigen, Beikleber, Beihefter, Beilagen, Sonderformaten oder fluoreszierenden Farben - es gibt viele Möglichkeiten, die Blicke der Konsumenten auf die Werbung zu ziehen. "Markenartikler können das eingesetzte Kapital mehrfach nutzen, denn Broschüren, Beihefter und Warenproben werden oft sehr lange aufbewahrt", so Meyer. Damit sichert sich das werbungtreibende Unternehmen also mehrfache Kontakte.

Die Vorteile von Ad Specials scheinen sich allmählich herumgesprochen zu haben. Bei Bauer Extras verzeichnet man jedenfalls in diesem Jahr deutlich mehr Reservierungen und Buchungen als im Vergleichszeitraum des Vorjahres. Auch Finkenauer-Linnerth beobachtet ein wachsendes Ad-Special-Aufkommen. Selbst im Jahr 2001 hätten Sonderwerbeformen, trotz insgesamt rückläufiger Werbeausgaben, zugenommen. "Die Prioritäten verschieben sich. Deshalb werden Ad Specials zum Grundbestandteil von Jahreskampagnen werden."

Dem wachsenden Bedürfnis der Unternehmen, der Werbung durch kreative Sonderformen mehr Nachdruck zu verleihen, tragen inzwischen auch die Verlage Rechnung. Von Gruner + Jahr über Burda und Axel Springer bis hin zu Verlagsgruppe Milchstrasse und Bauer Verlag bieten sämtliche Zeitungshäuser inzwischen sämtliche Sonderwerbeformen an. Bei Bauer und Milchstrassen-Verlag widmen sich sogar eigene Abteilungen der Vermarktung von Ad Specials.

"Grundsätzlich spürt man im Bereich der Ad Specials derzeit Bewegung", beobachtet Isabell Braun vom Burda Advertising Center B.A.C. in Offenburg. "Gerade in schwierigen Zeiten ist es umso wichtiger, individuelle Lösungen zu finden. Das Interesse und der Informationsbedarf auf diesem Gebiet sind groß." Und dennoch: "Teilweise scheitern besonders kreative Ansätze wie beispielsweise Pop-ups oder Klangmodule an der Kostensituation."

Deshalb wohl setzt das Gros der Werbungtreibenden noch immer auf die guten alten Beilagen, Beihefter und Beikleber. "Auch redaktionelle Sonderwerbeformen wie Promotions oder Kooperationen gewinnen an Bedeutung", so Braun. Ein Trend, den auch Doris Stimpfig, Leitung Ad Specials bei der Verlagsgruppe Milchstrasse in Hamburg, beobachtet.

Redaktionelle Inhalte und bezahlte Anzeigen kommen sich damit allerdings bedrohlich nahe - und es bleibt fragwürdig, ob eine Verschmelzung von Content und Kommerz letztlich im Interesse aller Beteiligten sein kann. Kay Ritz, Berater von der Hamburger Media-Agentur GFMS.OMD, hält das für unproblematisch: "Wenn Kooperationen inhaltlich passen, wird das redaktionelle Thema sogar noch aufgewertet. Das kann sehr effizient sein, und es entsteht auch für die Redakteure ein Mehrwert. So könnte zum Beispiel ein Jugendmagazin einen Artikel zum Thema Küssen veröffentlichen und in dieses redaktionelle Umfeld eine Anzeige für das Lippenpflegeprodukt Labello integrieren." Optimal sei es, wenn man neben der Anzeige noch mit "außergewöhnlichen Maßnahmen" wie etwa Gewinnspielen aufwartet und die Kampagne crossmedial gestaltet, sodass das zum Themenumfeld passende Produkt über verschiedene Kanäle redaktionell angeteast wird.

Einen Trend zur Vernetzung von Ad Specials erkennt auch Helma Finkenauer-Linnerth: "Ad Specials sind umso wirkungsvoller, je enger sie in andere Kommunikationsmittel eingebunden werden." Einmal mehr gilt also die Integrierte Kommunikation - eines der zurzeit meist gehörten Marketing-Schlagworte - als Schlüssel zum Erfolg. Und somit relativieren sich auch die hohen Kosten, die mit der Schaltung von Print-Sonderformen verbunden sind. Doch bei aller Aufmerksamkeit von Ad Specials, "die Basis bleibt nach wie vor die klassische Markenkommunikation, ergänzend werden Sonderwerbeformen einen festen Platz einnehmen", so Ritz.

Sowohl die Verlage als auch die Media-Agenturen gehen davon aus, dass Ad Specials im Marketingmix weiter an Bedeutung gewinnen werden. Isabell Braun vom B.A.C. schätzt, dass Ad Specials künftig etwa einen zehnprozentigen Anteil am Werbevolumen haben werden. Andere sind der Meinung, dass dies bereits jetzt der Fall ist - valide Zahlen sind in dieser Branche ohnehin noch schwer zu finden. Im Hause Bauer und bei Gruner + Jahr machen Ad Specials laut Eigenangaben jedenfalls schon jetzt rund zehn Prozent des Gesamtumsatzes aus, im Milchstrassen-Verlag liegt er bei acht bis neun Prozent. Ebenso wie bei Bauer rechnet man auch hier mit einer deutlichen Steigerung.

Doris Stimpfig: "Es wird derzeit nach neuen Formen gesucht." Das bedeutet auch für die Kreativen eine Herausforderung, denn damit Ad Specials außergewöhnlich und aufmerksamkeitsstark bleiben, müssen sie auch unter kreativen Gesichtspunkten kontinuierlich weiterentwickelt werden. Stimpfig ist der Ansicht, dass man "da noch kreativer rangehen" könnte.

Nicht so Dörthe Hasken von G + J : "Gerade die klassische Beilage hat sich verändert. Sie ist jetzt nicht mehr so langweilig." Bleibt zu hoffen, dass das auch die Konsumenten entdeckt haben - und die Beilagen nicht ungelesen aus ihren Zeitungen herausschütteln. Neben der Kreation bestimmt auch eine clevere Strategie über den Erfolg eingesetzter Ad Specials. So hat etwa der Bauer Verlag sein Ad-Special-Sortiment seit neuestem um signalgelbe, schwerlich übersehbare Post-it-Haftnotizen erweitert. René Meyer: "Damit könnte man zum Beispiel bereits auf dem Titel einer Zeitung auf eine Anzeige verweisen, die später im Heft erscheint." Außerdem haben die Haftnotizen, im Gegensatz zum herkömmlichen Beikleber, den Vorteil, dass sie mehrfach verklebt werden können.

Von Klebe-, Duft- oder Rubbelmechanik über Beilage oder Beihefter bis hin zur redaktionellen Kooperation - das Spektrum der Sonderwerbeformen ist vielfältig und sicherlich noch ausbaufähig. Allerdings bedarf es auch der Experimentierbereitschaft der werbungtreibenden Unternehmen, zumal gerade bei neuen - und kostspieligen - Ad Special-Varianten noch keine Zahlen über deren tatsächliche Effizienz vorliegen.

"Man braucht auch Mut, um neue Werbeformen einzusetzen, und den hat man momentan nicht so sehr", meint Helma Finkenauer-Linnerth. "Aber der Mut wird zurückkehren. Davon bin ich überzeugt."sam

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