Sponsoring oder "Lachnummer"?

25.02.2002 - DIMA-Lead-Agency gesucht: Kontroverse um MCO-Ausschreibung zum (fast) honorarfreien Pitch

Ein Pitch ist grundsätzlich eine erfreuliche Sache. Insbesondere, wenn es um einen Etat geht, der mit Ruhm und Ehre verbunden ist. So dürfte die aktuelle Ausschreibung des DIMA-Werbeetats bei den Agenturen eigentlich für großes Interesse sorgen - vorausgesetzt, die Präsentationsbedingungen sind akzeptabel. Dies sind sie nach Ansicht einiger Agenturen jedoch nicht.



Mitte Februar erreichte ein Schreiben des DIMA-Veranstalters MCO, das zur Teilnahme am Pitch einlud, die Chefs der Council Dialog-Agenturen im DDV. Es sei vom DDV-Vorstand beschlossen worden, "die Werbelinie der DIMA neu zu überdenken", hieß es darin.

Aber: Für die ersten Ideenvorschläge und spätere Präsentation werden keine Honorare gezahlt, lediglich "Basishonorare zur Abdeckung echt entstehender Kosten" werden von der MCO übernommen. Nun wird von einigen heftig diskutiert, ob diese Pitch-Bedingungen dem im DDV verabschiedeten Ehrenkodex widersprechen, wonach die Council-Dialogmarketing-Agenturen "keine unentgeltlichen Vorleistungen im Rahmen von Akquisitionsmaßnahmen" erbringen sollen - oder wollen.

Nicht nur die MCO, auch der DDV, der als Träger der DIMA fungiert und sich mit einem Gremium an der Auswahl der Präsentationen beteiligt, ist dabei in die Kritik geraten. "Ich finde es ziemlich kontraproduktiv, dass ein Verband, der den kostenlosen Präsentationen den Kampf ansagt, jetzt so ein Angebot haben will. Das ist wirklich eine Lachnummer!", meint Ulrich Brüggemann von der Borkener Brüggemann & Freunde. Er will an dem Pitch nicht teilnehmen, denn: "Es gibt bei diesem Etat keine Chance, Geld zu verdienen. Es geht da nur um Ruhm und Ehre. Wirtschaftlich macht das keinen Sinn."

Dass sich der DIMA-Werbeauftrag nicht dazu eignet, die entsprechende Lead-Agency finanziell zu sanieren, geht schon aus dem MCO-Anschreiben hervor. Dort heißt es, dass "die zu erbringenden Leistungen nicht nach den regulären Tarifen" abgerechnet werden sollen. Schließlich unterstützten auch andere Förderer das Branchen-Event und trügen damit zu dessen hohem Stellenwert bei.

Helmut Kotschisch, Chef der Hamburger ThompsonConnect, ärgert sich über die Ausschreibung - und den DDV, der als Herausgeber solcher Statuten wie dem Ehrenkodex nun das Vorgehen der MCO unterstütze. "Das ist eine Farce! Ich werde mit meinem Partner diskutieren, ob wir aus dem DDV austreten."

Auch die Münchner Graffiti will sich nicht an der Wettbewerbspräsentation beteiligen, so Geschäftsführer Holger Kalvelage. Zum einen wegen mangelnder Kapazitäten, zum anderen aber auch aus Prinzip. "Die MCO ist eine professionelle Firma. Deshalb ist ein kostenloser Pitch nicht angemessen. Gerade nicht in der momentanen Situation, in der die Agenturen ohnehin schon genug zu kämpfen haben", so Kalvelage.

Christian Meyer, Chef der Hambur- ger crm, lässt seiner Wut freien Lauf: "Das ist die größte Schweinerei, die ich im Verlauf meiner Verbandsgeschichte erlebt habe! Ich habe sehr viel Geld in den Verband investiert und nun konterkariert er sogar den Ehrenkodex." Für Meyer steht fest, dass er unverzüglich aus dem DDV austritt, sofern dieser Pitch nicht erneut - "und zwar professionell" - ausgeschrieben wird.

Die MCO indes wehrt sich gegen den Vorwurf, einen ganz und gar kostenlosen Pitch veranlasst zu haben. Geschäftsführer Achim London: "Wir fordern niemanden auf, den Ehrenkodex des DDV zu durchbrechen. Es erfolgt eine Honorierung in Form einer zu definierenden Aufwandsentschädigung." Und das gelte für alle teilnehmenden Agenturen. Dabei handelt es sich nicht um ein Pitch-Honorar im klassischen Sinne - Geld wird lediglich für die "echt entstandenen" Unkosten erstattet -, sondern um so genannte "Kompensationsleistungen". Denkbar sei es etwa, den Agenturen kostenlose Anzeigenschaltungen in der DIMA-Zeitung zu ermöglichen, "was einen sehr hohen Gegenwert hat", so London. Die Zahl der angeschriebenen Agenturen sei nun mal zu hoch, um allen ein Honorar zu zahlen, damit würde schließlich das Werbebudget beträchtlich geschmälert. Das klingt plausibel, dürfte jedoch nicht unbedingt im Sinne aller Agenturen sein.

DDV-Geschäftsführer Holger Albers kann indes die Verärgerung der Agentur-Chefs nicht nachvollziehen. "Wir fordern doch nicht einen kostenlosen Pitch frei in die Landschaft hinein! Es sind nur die Council-Agenturen angesprochen, und es geht nur um die Werbelinie DIMA." Albers weiter: "Es geht hier um unterstützende Maßnahmen, um eine Sponsoring-Leistung, die von den Mitgliedsagenturen erbracht werden soll, für ihre eigene Veranstaltung!"

Unterdessen zeigt sich auch Heinz Raszkowski, Chef der Aachener Raszkowski Werbeagentur und Mitglied im DIMA-Planungsausschuss, verärgert über die Verärgerten. "Das ist doch unser Verein, das sind wir! Die DIMA ist doch letztlich unsere Flaggschiff-Veranstaltung! Es handelt sich nicht um einen normalen Pitch." Und der DDV-Ehrenkodex gilt seiner Ansicht nach nur nach außen, nicht jedoch verbandsintern. Jeder müsse selbst entscheiden, ob er die personellen, fachlichen und finanziellen Kapazitäten für diese Präsentation habe - was für Raszkowskis Pharma-Agentur jedoch nicht der Fall sei, und deshalb werde er selbst nicht an dem Pitch teilnehmen.

Auch b.a.s.-Chefin Monika Beumers ist davon überzeugt, dass es sich hier nicht um ein "unsittliches Angebot" handelt. "Die Agenturen sollen ihren Verein unterstützen und die Kosten dabei möglichst niedrig halten. Es ist nun mal ein gegenseitiges Geben und Nehmen innerhalb des Verbandes." Außerdem bekäme man als DIMA-Lead-Agency doch die Chance, sich zu profilieren.

Bei Wunderman in Frankfurt steht man honorarfreien Pitches grundsätzlich recht offen gegenüber, vorausgesetzt natürlich, die Bedingungen sind fair. Und dies ist nach Ansicht von Kreativ-Geschäftsführer Jörg Puphal und Service-Geschäftsführer Michael Stickel hier der Fall, da in dem Schreiben der MCO alles offen kommuniziert werde. Zum Thema Ehrenkodex meint Stickel: "Da hält sich doch sowieso kein Mensch dran, weil er nicht praktikabel ist. Wenn eine Agentur einen Kunden braucht, präsentiert sie auch mal kostenlos." Ob Wunderman bei der MCO und dem DDV mitpräsentieren wird, ist noch unklar. "Unter dem Image-Aspekt würden wir es aber auf jeden Fall machen", so Stickel.

Grey Direct-Chef Nikolai Klementz sieht das ähnlich: "Der Verein gehört zur Familie, und grundsätzlich sind wir bereit, auch kostenlos was dafür zu tun", sagt er. "Es sollte aber wenigstens eine Honorierung auf anderer Ebene erfolgen." Eben die wird nach Angaben von Achim London gewährleistet. Aber reicht das aus? "Eine Aufwandsentschädigung ist doch ein Witz!", findet SkaDialog-Chefin Stefani Spangenberg. "Ich habe ein Wirtschaftsunternehmen und muss Gehälter zahlen." Zwar sei die Überarbeitung des DIMA-Konzepts eine "superspannende Aufgabe" - aber eben nur unter akzeptablen Bedingungen.

Bleibt also abzuwarten, wie sich die Kontroverse um den DIMA-Pitch weiterentwickelt, ob sich von Seiten der Agenturen mehr Akzeptanz einstellt oder ob die MCO vielleicht doch noch mit anderen Bedingungen aufwartet. Der Brisanz ihrer Präsentationseinladung scheint sich die MCO inzwischen bewusst zu sein. So erhielten die Council-Agenturen bereits ein zweites, erklärendes Schreiben, das sowohl auf die Ehrenkodex-Problematik Bezug nimmt als auch Honorare "in überschaubarer Größenordnung" zusichert ... sam

Ihr Guide im New Marketing Management - ab 6,23 im Monat!

Hat Ihnen diese Beitrag weiter geholfen? Dann holen Sie sich die ONEtoONE-Premium-Mitgliedschaft. Sie unterstützen damit die Arbeit der ONEtoONE-Redaktion. Sie erhalten Zugang zu allen Premium-Leistungen von ONEtoONE, zum Archiv und sechs mal im Jahr schicken wir Ihnen die aktuelle Ausgabe.

Diskussion:

Vorträge zum Thema:

  • Bild: Dominique Korschinek
    Dominique Korschinek
    (The Digitale)
    Bild: Peter Bilz-Wohlgemuth
    Peter Bilz-Wohlgemuth
    (The Digitale)

    Von Daten zu Deals - wie AI die B2B-Customer Journey revolutioniert

    Personalisierung ist der Schlüssel zum Erfolg im B2B-Marketing - doch sinkende Interaktionsraten und Datenschutzrichtlinien erschweren die gezielte Ansprache. Wie können Unternehmen dennoch relevante Kunden erreichen und ihre Conversion steigern?

    In diesem Vortrag zeigen wir, wie AI-gestützte Strategien das Account-Based Marketing (ABM) auf ein neues Level heben. Erleben Sie, wie moderne Technologien neue Potenziale heben, Leads qualifizieren und automatisierte, personalisierte Kampagnen ermöglichen. Anhand einer Live-Demo erhalten Sie Einblicke, wie Sie mit AI Ihre digitale Customer Journey optimieren und Ihre Conversionrates nachhaltig erhöhen.

    Erfahren Sie, wie Sie Account Based Marketing gezielt einsetzen, um Ihre Marketingstrategie effizienter, präziser und erfolgreicher zu gestalten.

    Vortrag im Rahmen der KI in der Kundenkommunikation 25. am 27.05.25, 09:30 Uhr

Anzeige
www.hightext.de

HighText Verlag

Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling

Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de

Kooperationspartner des

Folgen Sie uns:



Besuchen Sie auch:

www.press1.de

www.ibusiness.de

www.neuhandeln.de