25.02.2002 - Mailing soll mit zahlreichen DM-Mechanismen neue Kunden gewinnen
Schön ist es nicht, das aktuelle Mailing aus dem Hause Reader´s Digest in Stuttgart, das im Januar in einer Auflage von 10.000 Sendungen deutsche Haushalte beglückte. Aber Schönheit ist ja bekanntlich nicht alles, arbeiten soll ein Mailing. In diesem Fall: neue Abonnenten gewinnen. Und dafür ziehen die Stuttgarter sämtliche Register des Hardselling.
Allein die Mailing-Hülle glänzt mit mehreren Applikationen und viel Lesestoff. So erfährt der Empfänger, dass es sich um eine "im Fernsehen angekündigte Eil/Tages-Zustellung" handelt, die "vertrauliche Informationen" enthalte und "unverzüglich auszuliefern" sei. Ein aufgespendetes Sicherheitsetikett und vier Code-Streifen vermitteln den Nimbus der höchsten Sicherheitsstufe. Die Informationen, die "ausschließlich für den Empfänger" bestimmt sind, entpuppen sich als Aufforderung zur Teilnahme an einem im Mailing noch mehrmals angepriesenen Gewinnspiel.
Die Macher bei Reader´s Digest haben die Bedeutung des Wortes "Personalisierung" verstanden. Das wortreiche Anschreiben wiederholt den Namen des Empfängers ausreichend oft, um ihm die Aura einer bedeutenden Person zu verleihen. An Verstärkern herrscht kein Mangel: Supergewinne, Gratis, Geschenk, Gratisverlosung, exklusive Vorteile, Frei- exemplar, Ersparnisscheck, Glücksnummern, Prämie, Hauptpreis ... Und der Spieltrieb kommt auch nicht zu kurz: Der Berufene darf Siegel kleben, Felder freirubbeln, Autoschlüssel-Attrappen eintüten und Glücksnummern zuordnen, und sollte er etwas übersehen haben, so erinnert ein rotes Stopp-Etikett an die noch zu bewältigenden Aufgaben.
Verschiedene Anschreiben, unterzeichnet von hochrangigen Ver- tretern des Unternehmens und versehen mit nachempfundenen Abteilungssiegeln, verleihen dem Mai- ling den gehörigen Touch von Seriosität.
Die Konzeption der Mailings beruht laut Reader´s-Digest-Pressesprecher Uwe Horn auf jahrelanger Erfahrung und permanenten Erfolgstests. Jedes Element, jeder Ver- stärker wurde einzeln und im Verbund getestet, nichts dem Zufall überlassen. Immerhin versendet das Unternehmen 62 Millionen Briefe pro Jahr, die mit 30 Mitarbeitern, bestehend aus Kreativen, Direktmarketern, Konzeptionern und Produktionern, inhouse erstellt werden. Horn: "Mailings mit vielen Verstärkern senden wir an Neukunden und Nicht-Leser, also an eine diffuse Zielgruppe, die wir noch nicht so gut kennen. Anvisiert wird ein repräsentativer Bevölkerungsdurchschnitt über 40-Jähriger. Je mehr Verstärker und Einstiegskanäle wir bieten, desto höher ist erfahrungsgemäß die Response-Quote." Und da nicht jeder alles liest, enthalten die Mailings viel Text, der oft redundant ist. Die durchschnittliche Response-Rate möchte Horn nicht nennen, verrät aber so viel: "Mit drei Prozent wären wir überhaupt nicht zufrieden."
Nun tun die Stuttgarter natürlich auch einiges, um den Response in die Höhe zu treiben: "Gewinnmöglichkeiten sprechen jeden an", so Horn, "wir arbeiten natürlich mit Sehnsüchten und Träumen. Und der Autoschlüssel, mit dem man an einem Auto-Gewinnspiel teilnehmen kann, spricht eine breite Bevölkerungs- schicht an, denn das Auto ist der Deutschen liebstes Kind."
Die Gewinne liegen laut Horn übrigens nicht in unendlicher Ferne. Die Gewinnwahrscheinlichkeit liege wesentlich höher als beim Lotto, zumal manche Adressaten mehrere Mailings pro Jahr bekämen und somit mehrfach teilnehmen könn- ten. Zur Kundenbindung setzt man laut Horn eher "edel" gestaltete Mailings ein, die genauer auf die einzelnen Zielgruppen eingehen. Gratisverlosungen verfehlen aber auch hier nicht ihre Wirkung.
Ganz einfach ist das Reader´s-Digest-Mailing übrigens nicht zu durchschauen. Es erfordert schon einige Konzentration, um die Gewinnmöglichkeiten auszuloten und zu begreifen, wann man ein Frei-Exemplar und, via Negativ-Option, ein Abonnement von Reader´s Digest erhält. Ein Problem ist das für Horn allerdings nicht. Man könne auch am Gewinnspiel teilnehmen, ohne ein Frei-Abo zu erhalten. Und: "Der Verbraucher ist heute mündiger als vor 30 Jahren, und ein Abonnement kann bei uns jederzeit, zu jeder einzelnen Monatsausgabe, gekündigt werden. Man zahlt nur Ausgaben, die man tatsächlich bezogen hat." Und wenn der Interessent einmal aus Versehen ein Magazin bestellt? "Wir sind kulant und nehmen das Heft zurück", macht Horn Mut, "da können Sie uns beim Wort nehmen." go
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