Sparen statt Golfen - Multimedia-Agenturen kämpfen mit den roten Zahlen

20.11.2001 - Aus und vorbei? Noch vor zwei Jahren durften sie jubeln, die Chefs der Multimedia-Agenturen.

Doch mittlerweile hat die Realität Einzug gehalten und richtige Gewinnmeldungen sucht man auch im November 2001 noch wie die Nadel im Heu. Die (noch) solventen Agenturen kämpfen mit der flauen Auftragslage und sparen auf Teufel komm raus. Durchhalten und durchbeißen also. Und nicht das Gleichgewicht verlieren. Ein Blick auf die Online-Agenturen:

In Nürnberg mussten die Chefs der Agentur eskatoo die bittere Erfahrung machen, dass Bankiers in guten und in harten Zeiten nur auf Profit aus sind. "Unser aktuelles Problem", so die Agentur, "entstand durch eine überraschende und wenig kooperative Entscheidung einer unserer Hausbanken." Anders ausgedrückt: eskatoo ist pleite und hat einen Antrag auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens gestellt. Dabei waren die Franken hoffnungsvoll in die zweite Finanzierungsrunde gestartet, hatte sich doch im August die feedback AG mehrheitlich an eskatoo beteiligt. Mittlerweile gehört feedback zum Moorhuhn-Erfinder Phenomedia und verfügt anscheinend nicht mehr über genug Kapital, um eskatoo zu unterstützen. eskatoo will weder Mitarbeiter entlassen noch die Standorte in Köln und Hannover schließen. Wer die Agentur übernimmt, ist unklar, das Insolvenzverfahren wird zudem erst 2002 eröffnet. feedback selbst hat keine Verfügungsgewalt mehr.
eskatoo bleibt alles Gute für die Zukunft zu wünschen. Denn ein Insolvenzverfahren mag im ersten Moment das betroffene Unternehmen vor seinen Gläubigern "schützen". Es bedeutet aber auch ein gnadenloses Trimmen auf Profitabilität, um den verschlankten Kern an einen Investor veräußern zu können. Am Ende steht nicht selten die Zerschlagung der Firma, wie etwa bei Kabel New Media geschehen.
PopNet, bereits im Insolvenzverfahren, musste unlängst weitere 50 Arbeitsplätze streichen. Die euphemistisch "Restrukturierung" genannte Entlassungswelle umfasst alle Unternehmensbereiche an den Standorten Hamburg, Frankfurt und München. Aber auch hier wird Optimismus gepflegt: Trotz Insolvenz hätten die Kundenbeziehungen und die Auftragslage "auf stabilem Niveau" gehalten werden können, so das Unternehmen. Den Ausbau des Projekt- und Neukundengeschäfts bewertet PopNet positiv, zurzeit liefen Gespräche mit potenziellen Investoren.
Immerhin - nicht alle Multimedia-Agenturen sind in die Verlustzone abgerutscht. Die Kölner antwerpes meldet für die ersten neun Monate des laufenden Geschäftsjahres ein Plus von 1,31 Millionen Euro - und dies bei einem erwarteten Gesamt-Jahresumsatz von 15,2 Millionen Euro. Auch die Hamburger SinnerSchrader, die das Geschäftsjahr 2000/2001 jetzt abgeschlossen hat, erweist sich als hanseatisch solide und meldet ein positives Ergebnis von 500.000 Euro. Im November 2000 waren es allerdings stolze 3,6 Millionen Euro Gewinn - "Forderungsausfälle" und "geringere Kapazitätsauslastungen" seien der Grund, und dies trotz einer Umsatzsteigerung um 36 Prozent auf 19,9 Millionen Euro.
Die Kollegen von WWL in Nürnberg würden sich wahrscheinlich selbst über dieses magere Ergebnis freuen wie Deutschlands Fußballstürmer nach dem jüngsten 4:1 - leider müssen sie noch bis Mitte 2002 mit Verlusten leben. So lange werde es dauern, bis man schwarze Zahlen schreibt, so die Agenturführung. Allein in den ersten neun Monaten musste WWL einen Verlust von 13,2 Millionen Euro hinnehmen.
Leidenspartner ist die Wiesbadener Concept!, die in den ersten neun Monaten einen Umsatz von 17,6 Millionen Euro erwirtschaftet hat - aber mit einem Gesamtverlust von 8,8 Millionen Euro abschließt. Man habe den Verlust gegenüber dem Vorjahr reduzieren können und erwarte für das vierte Quartal aufgrund neuer Aufträge eine deutliche Ergebnisverbesserung. Wie sagte doch Concept!-Chef Sven Bornemann kürzlich gegenüber ONEtoONE? "Uns gibt es auch in fünf Jahren noch!"
Unisono lautet das Motto: Sparen statt Golfen! Die Interaktiven haben das doppelte Pech, zunächst vom Tornado der New-Economy-Krise mehr oder minder heftig gestreift worden zu sein - und nun, angeschlagen, im allgemeinen wirtschaftlichen Niedergang bestehen zu müssen. Dabei gilt: Das Internet ist nicht tot, Web-Projekte sind als Marketinginstrumente unabdingbar und erfahrene Mitarbeiter das höchste Gut.
Übrigens: Graffiti in München hat 15 Interactive-Leute gefeuert. Und die argonauten haben mit dem Frankfurter Büro einen gesamten Standort dichtgemacht. Doch wer hierbei Böses denkt, der sei gewarnt: Graffiti will seine Interactive-Unit mehr im Sinne Integrierter Kommunikation einsetzen, sagt Agentur-Chef Holger Kalvelage. Und die argonauten wollen "einem Trend folgen" und ihre Frankfurter Experten in Berlin konzentrieren. mac

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