UMTS - Milliardenlast oder Milliardengeschäft?

13.06.2001 - Diebold veröffentlicht Studie zur Refinanzierung der UMTS-Investitionen

Nachdem im vergangenen Jahr für die deutschen UMTS-Lizenzen astronomische Summen hingelegt wurden, sind die Erwartungen in die mobile Zukunft höher denn je. Doch noch immer scheint ungeklärt, wer irgendwann und vor allem wie von dieser Mega-Investition profitieren wird. Bislang hat nur einer gut lachen: der Bundesfinanzminister.

Die sechs Lizenznehmer indes stehen vor einem gewaltigen Schuldenberg - und geben freilich die Hoffnung nicht auf, dass der sich in absehbarer Zeit in profitables Geschäft verwandelt. Doch das wird wohl noch dauern. Bis zum geplanten UMTS-Start in zwei Jahren werden die Lizenznehmer insgesamt rund 160 Milliarden Mark in Netzinfrastruktur und Lizenzen investiert haben, schätzt die Eschborner Management- und Technologieberatung Diebold.
Mit ihrer Studie namens "Mastering Mobile Media Markets" hat sich die zu Diebold gehörende Forschungsabteilung TIMElabs der wohl brisantesten Frage im UMTS-Umfeld gewidmet: Wie lassen sich die getätigten Investitionen refinanzieren? Kein leichtes Unterfangen, wie auch die Macher der Studie zugeben müssen. So ermittelten sie, dass die Mobilfunkunternehmen noch im vierten Jahr der UMTS-Geschäftsaufnahme rund 235 Prozent des heutigen Umsatzes pro Kunde erzielen müssen. Dies entspreche einer durchschnittlichen jährlichen Einnahme von 2.354 Mark pro Kunde. Und genau hier liegt wohl auch das größte Problem. Wie soll man den Endverbraucher dazu motivieren, sein Budget für Mediennutzung derart drastisch zu vervielfachen? Erschwerend kommt hinzu, dass der deutsche Durchschnittshaushalt die Ausgaben für den gesamten Medienkonsum mit rund 3.000 Mark jährlich schon seit einigen Jahren fast konstant hält. Selbst Internet und Mobiltelefon haben daran nichts geändert, es kam lediglich zu einer Umverteilung der Mediennutzung.
Eine Antwort auf dieses Problem weiß leider auch die TIMElabs-Studie nicht zu geben.
Doch statt sich allzu lange mit den leidigen Finanzsorgen der Endverbraucher aufzuhalten, verweist man lieber auf die unzähligen potenziellen Einnahmequellen im UMTS-Geschäft. Eine davon - wenn auch nicht die Wesentlichste - wäre die Werbung. Hier zeigt sich Marc Ziegler, Leiter des Geschäftsbereichs Media, Publishing & Entertainment bei Diebold und Verfasser der Studie, recht optimistisch, denn schließlich habe sich bereits im SMS-Bereich gezeigt, dass mobile Werbung erfolgreich sein kann. Mit der verbesserten Übertragungstechnik bei UMTS sowie den komfortableren Endgeräten würden sich weitere Möglichkeiten für Werbung eröffnen. Wichtig sei es jedoch, dass die Werbung Permission-basiert und genau an den Interessen des Empfängers orientiert sei. "Wenn Werbung zum Service wird, stößt sie auf Akzeptanz", ergänzt Isaac van Deelen, Leiter des TIMElabs Research Center bei Diebold.
Mit M-Commerce, Marktforschung und dem Verkauf von Content stünden künftig weitere Verdienstmöglichkeiten zur Verfügung. Als bedeutendste, bislang jedoch weit unterschätzte Einnahmequelle erachtet Ziegler das so genannte "Air Time Sharing". Hierbei werden die Content-Anbieter an den Verbindungserlösen - im Falle von UMTS also an der Abrechnung der übertragenen Datenpakete - beteiligt. Dies setzt voraus, dass die für den Inhalt zuständigen Medienunternehmen und die Mobilfunkanbieter sich zusammentun und partnerschaftliche Geschäftsmodelle entwickeln, was bislang jedoch nicht der Fall sei, so Ziegler.
Die Telekommunikationsanbieter legten seiner Ansicht nach noch immer eine enorme Arroganz an den Tag, sodass an Kooperationen wohl nicht zu denken sei - sehr zu Ungunsten der geschäftlichen Entwicklung, denn UMTS könne sich nur dann zum profitablen Geschäft entwickeln, wenn alle an der Wertschöpfungskette Beteiligten zusammenarbeiteten und sowohl die Risiken als auch die Gewinnchancen gemeinsam trügen.
Und hier beißt sich die Katze offenbar in den Schwanz: Einerseits lässt sich die vornehme Zurückhaltung der Telekommunikationsanbieter in Sachen Kooperation leicht nachvollziehen, wollen sie doch nicht auf ihren Milliardenschulden sitzenbleiben und den großen Medienunternehmen und kleinen Start-ups das vermeintlich lukrative Geschäft mit dem Content überlassen. Andererseits fehlen ihnen die Kompetenzen, für umfangreiche Inhalte und Mehrwertdienste zu sorgen - denn, wie Marc Ziegler zu sagen pflegt: "Sie können aus einem Saulus keinen Paulus machen."
Fazit: Die am UMTS-Geschäft Beteiligten müssen sich wohl oder übel doch noch an einen Tisch setzen, um das - unbestritten große - Potenzial der neuen Technologie zu nutzen. Aber dann gilt es noch, die Gunst des Endverbrauchers zu gewinnen und - vielleicht irgendwann einmal - die vielfältigen mobilen Möglichkeiten in Gewinne umzusetzen. Fraglich bleibt, ob dies allen gelingen wird. "Es wird auf jeden Fall Verlierer und Gewinner in diesem Spiel geben", sagt Ziegler und prognostiziert eine große Konsolidierungswelle, die auch vor einigen Lizenznehmern nicht halt machen werde ... sam

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