16.06.2001 - ONEtoONE thematisiert in loser Folge die Konsequenzen der Verlängerung des Postgesetzes. Für diese Ausgabe hat die Redaktion DM-Dienstleister um ihre Einschätzung gebeten.
ks Eher enttäuscht über die Stellungnahme des Bundesrates zum Entwurf eines Ersten Gesetzes zur Änderung des Postgesetzes waren wohl die neuen Postdienstleister: enttäuscht darüber, dass der Bundesrat in der Sitzung am 11. Mai eine Verlängerung der Exklusivlizenz nicht kategorisch ablehnte und zudem befand, dass der vorliegende Gesetzentwurf ein nicht zustimmungsbedürftiges Gesetz sei.
Allerdings mahnte der Bundesrat immerhin, die Regierung müsse zügig Folgeänderungen vornehmen, um bei der Gesetzesverlängerung klare Rahmenbedingungen für die Wettbewerber zu gewährleisten. Folgeänderungen, so der Beschluss, bedürfen der Zustimmung des Bundesrates.
Das dürfte den neuen Postdienstleistern allerdings nur ein schwacher Trost sein. Wer nicht schon resigniert hat, kann sich in diversen Verbänden für das Wohl des Wettbewerbs engagieren. Der Deutsche Direktmarketing Verband (DDV), der Bundesverband Internationaler Express- und Kurierdienste (BIEK) und der Deutsche Industrie- und Handelstag (DIHT) kämpfen gegen die umstrittene Verlängerung des Monopols. Das Aktionsforum "Mehr Farbe im Postmarkt", ein Zusammenschluss von Briefdiensten, Verbänden des Kurier- und Transportwesens sowie der Werbe- und Zeitungswirtschaft, prüft derzeit, ob nach der parlamentarischen Diskussion eine Verfassungsbeschwerde zu erwägen ist.
"Das Monopol der Deutschen Post AG bis 2007 festzuschreiben ist meines Erachtens der falsche Weg. Wettbewerb zu verhindern, hilft zwar den Monopolisten, schadet aber den Märkten und damit langfristig auch der Deutschen Post. Das Direktmarketing wird dadurch auch in seinen Wachstumsmöglichkeiten eingeschränkt - was den Direktwerbungtreibenden ebenso schadet wie den Dienstleistern.
Viele Postkunden sinnen auf Möglichkeiten der Umgehung und möchten sich an der Deutschen Post rächen. Im Jahr 2007 werden sie das sicherlich tun."
Siegfried Dorner ist Geschäftsführer von meiller direct in Schwandorf
"Wir agieren täglich in einem harten Wettbewerb mit unseren Mitanbietern. Das hat unsere Wirtschaftsordnung so gewollt, und das ist gut so. Es gibt sogar ein Gesetz, das Wettbewerbsbeschränkungen verbietet.
Um so erstaunlicher mutet es an, dass ausgerechnet aus dem Wirtschaftsministerium die Initiative kam, die Liberalisierung der Postdienstleistungen zu verschieben. Damit zementiert die Bundesregierung Strukturen, die bei einer Öffnung für Wettbewerbsanbieter verschlankt würden und eine kostensenkende Auswirkung für Anwender hätten. Sinkende Distributionskosten würden wiederum einen Wachstumsschub initiieren, der Zuwachsraten, auch für die Post und mehr und sicherere Arbeitsplätze zur Folge hätte."
Johannes Palkus ist Geschäftsführer von KOOP Direktmarketing in Düsseldorf
"Die Verschiebung der Liberalisierung auf das Jahr 2007 hat wohl niemanden wirklich gewundert. Aus Sicht der Post ist diese Entscheidung auch nur fair, denn eine vom Zeitpunkt her abweichende Liberalisierung für Länder wie England oder Frankreich hätte zu Wettbewerbsverzerrungen zu Lasten der Deutschen Post geführt. Dramatische Konsequenzen hat die Verschiebung für den Kunden also nicht, es bleibt jetzt eben vorerst alles wie es ist, inklusive des Preises für die Beförderung von Briefen. Unter dem Aspekt Preisgestaltung wäre eine schnelle Liberalisierung sehr interessant geworden. Sicher hätte der Wettbewerb zu merklichen Preissenkungen bei der Beförderung geführt (mit erheblichem Einsparpotenzial für Großkunden).
Weiterhin stellt sich die Frage, ob die alternativen Briefdienstleister im kommenden Jahr wirklich schon gut vorbereitet in den Startlöchern gestanden hätten, um tatsächlich eine flächendeckende und überregionale Zustellung zu gewährleisten. Wer allerdings perfekt vorbereitet gewesen wäre, der wird den Aufschub sehr verärgert zur Kenntnis nehmen, denn die notwendigen Investitionen waren sicher in weiten Bereichen schon getätigt - leider umsonst bzw. fünf Jahre zu früh. So mancher Unternehmer hat also vergeblich einen finanziellen Engpass riskiert.
Der Geschäftsbereich Postbearbeitung wird bei Stielow von der Verschiebung der Liberalisierung auf das Jahr 2007 nur am Rande berührt. Für die Produktbereiche Software und Adressdirektdrucker wären verschiedene Modifikationen fällig gewesen, die jetzt vorerst auf Eis gelegt werden können. Dem Absatz schneller und digital druckender Frankiermaschinen hätte die Liberalisierung im kommenden Jahr sicher gut getan, denn mit denen lassen sich nicht nur die zur Beförderung durch die Deutsche Post bestimmten Briefe frankieren, sondern auch solche, die von privaten Briefdienstleistern freigestempelt und befördert werden.
Fazit: Die Post freut sich, die Konkurrenz in den Startlöchern ärgert sich, der Kunde profitiert fünf Jahre später von kleineren Preisen und Stielow beobachtet das Ganze sehr aufmerksam, ohne konkrete Nachteile aus der Verschiebung zu erleiden."
John-Peter Stielow ist Aufsichtsratsvorsitzender von Stielow in Norderstedt
"Wie lange denn noch? Immer wieder suchen wir als Lettershop nach Alternativen für die komplette Briefbeförderung, um unseren Kunden den Werbeaktionen entsprechend eine günstige Alternative anbieten zu können. Die ständige Bindung an die Deutsche Post fordert uns immer wieder heraus, durch intelligentere Produktion einen USP der Sendungen zu generieren und dann per "Standard" zu den Kunden zu liefern. Eine Heraushebung der Sendungen, durch intelligente Zustellung oder andere Varianten ist mit nur einem Partner schwer möglich. Ebenso ist die Preissituation sehr unbefriedigend. Leistungen und Preise des Lettershops treten in den Hintergrund, wenn der Beförderungspreis alles überschattet. Dienstleistungen des Lettershops müssen minimiert werden, damit die Kosten des Etats nicht überschritten werden. Wenn es einen Wettbewerb gäbe, könnten die Lettershops mehr Geld verdienen und in neue Technologien investieren - besser für die gesamte Wirtschaft, Land und Leute. Der Weg der deutschen Politik und von Wirtschaftsminister Müller ist mir völlig unverständlich."
Nils Ulrich ist Geschäftsführer von Drei-D Unternehmensgruppe in Elmshorn
"Bereits im Jahr 2000 war abzusehen, dass selbst bei einer Liberalisierung des Beförderungsmonopols der Deutschen Post zum 1. Januar 2002 kein flächendeckender Wettbewerber, der der Post Paroli bieten kann, antreten wird. Insoweit bedeutet die jetzt wohl endgültige Verschiebung der Liberalisierung auf das Jahr 2007 für die Lettershops keine Änderung des Business.
Natürlich bin ich der Ansicht, dass der Wettbewerb das Geschäft belebt. Deshalb haben wir im letzten Jahr in der Hoffnung auf Wettbewerb im Bereich über 50 Gramm unsere C4-Kapazitäten ausgebaut. Im Übrigen hoffen wir auf positive Abschlüsse in den Gesprächen der Deutschen Post mit den Lettershops insbesondere mit den Vertretern des DDV, damit der Lettershop seine Vorleistungen entsprechend vergütet bekommt."
Kurt W. Welz ist Geschäftsführer von Kurt W. Welz Direktmarketing in Korntal-Münchingen
"Ich bin enttäuscht darüber, dass die Post trotz Rekordgewinnen sich vor dem Wettbewerb drückt, indem sie die Verschiebung der Liberalisierung auf das Jahr 2007 durchsetzte. Dies wird dazu führen, dass der erhoffte Boom bei Werbebriefen infolge der erwarteten reduzierten Tarife nicht eintritt, sondern sich vielmehr Ernüchterung bei denjenigen breit macht, die auf das Ende des Postmonopols gesetzt hatten und nun ihre Budgetplanung zugunsten klassischer Werbeträger korrigieren müssen.
Letztendlich trifft es wieder die Lettershops, die für die Deutsche Post seit Jahrzehnten umfassende Leistungen erbringen müssen und nach wie vor wenig Chancen haben, dem Monopolisten eine Bezahlung dieser Leistungen abzuverlangen. Dadurch wird die Geschäftslage der deutschen Lettershops, die sowieso unter sehr niedrigen Margen zu leiden haben, auf absehbare Zeit nicht besser.
Uns bei der GHP bleibt nichts anderes übrig, als diese Kröte zu schlucken und nicht nachzulassen, weiterhin den Markt für Direct-Marketing-Anwender zu erweitern, indem wir den traditionell Werbungtreibenden jeden Tag die Erfolgsaussichten personalisierter Werbung predigen und interessante Direkt-Werbekonzepte vorstellen.
Dieses vereinte Bemühen wird dazu führen, dass personalisierte Werbung in Deutschland weiter steigt - auch wenn der Kostenanteil des Portos an den Gesamtkosten eines Mailings monopolbedingt zu hoch bleibt und letztendlich der hauptsächliche Nutznießer unserer Bemühungen die Deutsche Post ist. Wir, die Lettershops, sind der beste Vertriebsapparat, den die Deutsche Post sich wünschen kann, und das möchten wir auch honoriert sehen."
Dr. Jürgen Wolf ist Geschäftsführer der GHP Holding in Bamberg
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