26.04.2010 - Die Pixelpark Gruppe hat im Geschäftsjahr 2009 ein operatives Ergebnis von minus 1,7 Millionen Euro erwirtschaftet. Das ist zwar immer noch kein befriedigendes Ergebnis, aber doch deutlich besser als im Vorjahr. Vorstandschef Horst Wagner äußerst sich im Interview mit ONEtoONE dazu, wie und wann er das Unternehmen zu schwarzen Zahlen verhelfen will.
Herr Wagner, die Pixelpark Gruppe hat ihre Bilanzergebnisse 2009 nicht via Pressemitteilung oder gar Pressekonferenz kommentiert, also bewusst nicht an die große Glocke gehängt. Sind Ihnen die Zahlen unangenehm?Wagner: Ganz und gar nicht. Ich bin sogar stolz darauf, dass wir die Entwicklung gedreht haben.
Nun ja, der Umsatz ist um fast ein Viertel zurückgegangen, und das operative Ergebnis beträgt minus 1,7 Millionen Euro ...Wagner: Ich hätte gern verkündet, dass wir kein Minus mehr haben. Das ist ja klar. Man muss aber berücksichtigen, woher wir kommen. 2008 hat die Pixelpark Gruppe noch ein operatives Ergebnis von minus 32 Millionen Euro erwirtschaftet. Schließlich haben Dirk Kedrowitsch und ich die Führung der Company erst im Herbst 2008 übernommen, und damals war die Bilanz sehr undurchsichtig. Wir hatten zunächst gedacht, dass wir von September bis Dezember 2008 die Restrukturierung abschließen können. Durch die Wirtschaftskrise hat sich das dann auf Juli 2009 verschoben. Der Bereich Systemhaus zum Beispiel ließ sich nicht so gut verkaufen wie erhofft. Was den Umsatz angeht: Wir haben marode Teile aus der Holding herausgeschnitten, und wir haben unseren Anteil an Schindler Parent um 40 Prozent reduziert. Das erklärt den Rückgang. Wir schauen also nicht so sehr auf den Umsatz als vielmehr auf die Rendite. Nicht zuletzt, weil wir an unsere 365 Mitarbeiter denken.
Als problematisch für die Zukunft könnte sich für alle erweisen, dass die Pixelpark Gruppe immer noch Gesamtverbindlichkeiten von annähernd 23 Millionen Euro hat. Bereitet Ihnen das keine Sorgen?Wagner: Das ist natürlich nicht schön, aber das haben wir geerbt. Wir arbeiten jetzt daran, diese Herausforderung mit denjenigen zu lösen, die diese Verbindlichkeiten einfordern.
Angesichts anhaltender Wirtschaftsflaute und aller anderen Schwierigkeiten: Wann will die Pixelpark Gruppe denn schwarze Zahlen schreiben?Wagner: Für 2010 rechne ich im Betriebsergebnis noch mit einer roten Zahl auf niedrigem Niveau, für 2011 dann mit schwarzen Zahlen.
Was folgt daraus für die Positionierung der Agenturgruppe? Haben Sie sich mit dem fast vollständigen Ausstieg aus Schindler Parent wieder von der Klassik verabschiedet?Wagner: Nein. Wir haben ja mit Elephant Seven Hamburg ein Unternehmen, das mit etwa 100 Mitarbeitern auf kreative Kommunikation baut. Im Übrigen operieren wir nicht mehr mit Begriffen wie Klassik, integrierter Kampagne, 360-Grad-Lösung etc. Unter diesen Oberbegriffen wird viel Schwachsinn verbreitet. Meiner Meinung nach wird es in den nächsten fünf Jahren ohnehin keine Agenturen mehr geben.
Wie bitte?Wagner: Es wird in den nächsten fünf Jahren keine Agentur mehr geben, die so arbeitet, wie es heute noch üblich ist. Wir befinden uns in einem radikalen Wandel der Kommunikationslösungen. Deshalb positionieren wir uns jetzt und für die Zukunft folgendermaßen: Die Pixelpark Gruppe entwickelt kreative und wertsteigernde Kommunikations- und E-Business-Lösungen.
Und was bedeutet das konkret?Wagner: Das heißt, dass wir mehr und mehr Lösungen für Unternehmen erarbeiten, die Verständnis dafür entwickeln, dass wir nicht mehr wie früher reine Werbung betreiben. Wir verkaufen Produkte und generieren Leads. Wenn wir das tun wollen, dann sind wir erst einmal dafür verantwortlich, dass wir über die elektronischen Medien neue Sales-Kanäle für unsere Kunden entwickeln. Wir können dafür sorgen, dass über die Sales-Kanäle für Dienstleistungen und Produkte Traffic entsteht. Und erst dann bieten wir letztendlich auch das Rundum-glücklich-Paket an, Kommunikation zu betreiben. Allerdings nicht, indem wir nach alter Sitte zum Kunden sagen: "Wenn du Anzeigen schalten willst, dann musst du ,Spiegel`, ,Focus` und ,Stern` buchen." Wir erreichen heute mehr, wenn wir auf die elektronischen Kommunikationsmittel zurückgreifen und das dann mit "alten" Medien verbinden. Mittlerweile setzt Pixelpark Benchmarks, wenn es um die Einbindung von Social Media geht.
Zum Beispiel?Wagner: Wir betreuen den Twitter-Account der Lufthansa und liegen im Ranking der Corporate-Twitter-Accounts auf Platz eins. Wir haben die eSeat.com-Plattform entwickelt, wo wir neue Gebrauchte verkaufen. Ich darf Ihnen die genaue Zahl der verkauften Autos nicht nennen, aber seien Sie versichert, dass das äußerst erfolgreich läuft. Oder unser Arbeiten für Dräger: Wir haben für den amerikanischen Markt eine Kommunikationsstrategie entwickelt, die unter anderem eine Social-Media-Plattform für Hidden Heroes wie Feuerwehrleute und Krankenschwestern umfasst. Dabei haben wir Testimonials aufgebaut, über Social Media bekannt gemacht und daraus dann TV-Spots und Anzeigen kreiert.
Bei aller Begeisterung für die Möglichkeiten digitaler Medien: Blutet Ihnen nicht das Herz, wenn Sie das Ende der klassischen Agentur Springer & Jacoby betrachten? Immerhin haben Sie dort selbst ab 1986 gearbeitet.Wagner: Es ist schade, dass die Marke so nicht mehr existiert. Mal schauen, was sich daraus noch ergibt ... Das Einzige, was mich mit Wehmut erfüllt: Es hätte nicht sein müssen. Die Verantwortlichen haben es verpasst, um das Jahr 2000 einen Generationenwechsel einzuleiten. Springer & Jacoby ist ein Opfer der Gier nach Reputation und Namen geworden. Ich verbinde mit Springer & Jacoby aber auch große Dankbarkeit. Ich habe von den Gründern enorm viel gelernt.
Und wie wenden Sie dieses Wissen heute an?Wagner: Für so genannte klassische Agenturen gibt es nach wie vor eine Daseinsberechtigung - durch hohes kreatives Potenzial zum Beispiel aus einer Anzeige auch eine Banner-Kampagne zu entwerfen. Noch mal: Der Anspruch von Pixelpark ist es, Business-Lösungen zu entwickeln. Darum unterscheidet sich Pixelpark schon aufgrund der Unternehmerschaft von Agenturen wie Springer & Jacoby, Jung von Matt und anderen. Für uns ist Kreativität selbstverständlich. Kreative Lösungen haben aber nicht immer etwas damit zu tun, ob man nun einen Cannes-Löwen gewinnt oder nicht. Es müssen auch kreative Software-Lösungen dahinter stehen. Deshalb: Wir verstehen uns nicht als Agentur, sondern als Dienstleister, der sich mit den Zielgruppen seiner Kunden auskennt. Es ist dies eine Philosophie des Sich-selbst-Zurücknehmens.
Mit dieser neuen Bescheidenheit kann man sich in Pitches doch sicher nicht so gut durchsetzen, oder?Wagner: Richtig, das ist die Crux. Aber wir haben in den vergangenen vier Monaten acht neue Kunden gewonnen, fünf davon nicht in Pitches, sondern dank ausführlicher Gespräche. Wir haben dort Interesse geweckt, über strategische Entwicklungen gesprochen und Vertrauen gewonnen. Wir sind zwar leiser, aber wir sind von der Manpower und vom Umsatz her heute so erfolgreich wie Springer & Jacoby in ihren besten Zeiten. Das spricht doch für sich, oder!
Interview: Martin Teschke
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