Freiraum-Beitrag

Über die Arroganz der Alleskönner

26.04.2010 - Ein Freiraum-Beitrag von Heiko Burrack, der mit Burrack NB-Advice Marketingfirmen beim Neukundengeschäft berät.

Eben rief eine Kommunikationsagentur an. Die würden gerne für uns arbeiten, weil sie in unserer Branche so viel Erfahrung haben, wie sie sagen", erzählte mir der Marketingverantwortliche eines großen werbetreibenden Unternehmens. "Ich fragte sie dann, wo sie uns besonders gut unterstützen können, wo also ihre Kernkompetenz liegt. Eine kurze Pause entstand. Dann sagte mir der Anrufer, dass sie eine inhabergeführte Agentur für integrierte Kommunikation seien und sich deswegen überall bestens auskennen würden. Tja. Das Gespräch fand damit ein schnelles Ende", so der genervte Manager weiter. "Ich halte die Arroganz der kleinen und mittelgroßen Agenturen, die glauben, alles zu können, einfach nicht mehr aus."

Gefragte Spezialisten

Die Quintessenz dieses - fast wörtlich wiedergegebenen - Telefonats: Weder Marketing noch Einkauf trauen einer kleinen bzw. mittelständischen Agentur zu, alles zu können. Auch wenn sich Agenturchefs zu Recht über die fehlenden Ablauf- und Strukturkenntnisse des Einkaufs beschweren: Auch das immer wichtigere Procurement hat verstanden, dass man für viele Kommunikationsaufgaben auf Spezialisten setzen muss.

Eine Positionierung als "Alleskönner" passt übrigens auch nicht zu den Bedürfnissen der umsatzrelevanten Agenturkunden: Ist man als werbungstreibendes Unternehmen international aufgestellt, so hat man für die großen Aufgaben eine Network-Agentur. Ist man ein wenig kleiner, so werden die Kampagnen von einer nationalen Lead-Agentur entwickelt. Was bleibt, sind spezielle Aufgaben, für die man einen entsprechenden Sparringpartner braucht. Und dieser Partner muss über die entsprechenden Zielgruppen und Instrumente genau Bescheid wissen. Dazu kommt, dass die technischen Anforderungen für erfolgreiche Kommunikation immer komplexer werden - das macht die Begründung eines integrierten Ansatzes zukünftig noch schwieriger. Denn dass eine kleine Agentur all diese Anforderungen genau kennt und auf dem neuesten Stand halten kann, wird immer unwahrscheinlicher.

Das finale Argument gegen eine Positionierung als "Agentur für integrierte Kommunikation" liefert Google. Gibt man diesen Begriff dort ein und beschränkt die Suche auf Deutschland, so erhält man mehr als 80.000 Treffer. Sicher sind dort viele Doppelungen enthalten - aber will man wirklich ein winziges Teil dieser unüberschaubaren Masse sein? Das Sprichwort "Nur tote Fische schwimmen mit dem Strom" enthält hier viel Wahrheit.

Positionierungsfragen lassen sich neben dem Leistungsschwerpunkt auch an der Eigendarstellung im Internet festmachen. Zum einen tauchen hier immer die gleichen Buzz-Wörter wie "schnell" und "zuverlässig" auf. Zum anderen erschöpfen sich die Referenzen für integrierte Kommunikation in der Darstellung einzelner Werbemittel, oder es wird lediglich das gleiche Key-Visual als verbindendes Element eingesetzt. Viele Agenturen reden eben von einem ganzheitlichen Denken - das tatsächliche Handeln ist aber singulär. Die Geschäftsführer werden übrigens in Anzug und weißem Hemd, aber immer schön ohne Krawatte abgebildet. Und als krönender Abschluss der Bilderreihe ist natürlich der Agenturhund zu bewundern (siehe dazu auch www.agenturhund.com).

Beziehung mit Vertrauen

Aus all diesen Gründen halte ich eine Positionierung als Alleskönner für falsch - ganz abgesehen davon, dass dies kein New-Business-Ansatz sein kann. Etwas anderes ist es allerdings, wenn ein bestehender Kunde nach weiteren Dienstleistungen fragt. In diesem Fall wird die Agentur sicherlich mehr anbieten können, auch wenn sie dabei ihre Kernkompetenz verlässt. Besteht eine solche Beziehung mit Vertrauen, so wird die Agentur hier leichter mehr verkaufen können.

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