31.03.2010 - Der Online-Glücksspielanbieter Tipp 24 hat sich offenbar recht gut auf die ungewöhnlich restriktiven Gesetze in Deutschland eingestellt. Immerhin konnte das SDAX-Unternehmen im vergangenen Jahr seine Gewinne vervielfachen. "Kleiner" Nachteil: Das Geld wurde im Ausland verdient. In Deutschland kam das Geschäft wegen des Glücksspielstaatsvertrags nahezu zum Erliegen. Und das hat vor allem die Werbebranche hierzulande zu spüren bekommen.
von Susanne C. Steiger
Hintergrund: Der Glücksspielstaatsvertrag verbietet seit Anfang 2009, zum Beispiel Werbung für Online-Glücksspiele und -Lotterien zu schalten. Im Kern gilt in Deutschland das vollständige Internet- und Werbeverbot für die Vermittlung des staatlichen Lottos. Zwar werden über Tipp24.com immer noch so genannte Zweitlotterien angeboten, die User müssen aber versichern, dass sie sich nicht aus Deutschland heraus beteiligen.
Tipp 24 hatte im vergangenen Jahr aufgrund der Gesetze seine Geschäftsfelder komplett neu geordnet: Rückzug aus Deutschland, Konzentration auf das Geschäft in Großbritannien. Die Folgen: Tipp 24 reduzierte die Marketingkosten um fast 40 Prozent von 12,1 Millionen auf 7,5 Millionen Euro; die Marketingaktivitäten für die Vermittlung von Lotterien in Deutschland wurden komplett eingestellt. Am Firmensitz in Hamburg mussten 139 Leute gehen, nicht zuletzt aus dem Marketing. Der Vorstand des börsennotierten Unternehmens besteht nun nur noch aus Dr. Hans Cornehl (42); Anfang 2009 waren es noch vier Vorstandsmitglieder.
"Es gibt nur Verlierer", fasst Cornehl zuammen, "die staatlichen Lotterieveranstalter, gewerbliche Vermittler, die Werbewirtschaft, die Verbraucher, die in ihrer Freiheit eingeschränkt werden, sowie die Länder selbst." Cornehl spielt damit auch auf die Steuern an, die den Ländern durch die weggebrochenen Lotterieeinnahmen verloren gegangen sind. Eine MKW-Wirtschaftsforschungsstudie aus dem Jahr 2008 schätzt, dass durch den Glücksspielstaatsvertrag bis Ende 2011 insgesamt 20.000 Arbeitsplätze verloren gehen - eben auch in der Werbewirtschaft.
Tipp 24 betreibt von Deutschland aus auch über die Tipp 24 Entertainment GmbH die Spieleplattform Tipp24Games.de. Die Hauptumsätze werden, wie erwähnt, im Ausland erwirtschaftet. Offenbar sogar mit wachsendem Erfolg: Wie das Unternehmen auf seiner Bilanzpressekonferenz in Hamburg bekannt gab, stieg der Umsatz des gesamten Unternehmens 2009 um 95,4 Prozent auf 89,5 Millionen Euro (Vorjahr: 45,8 Millionen Euro). Das EBIT wuchs von 8,9 Millionen auf 23,1 Millionen Euro. Dieses Jahr soll es weiter bergauf gehen.
Zum Vergleich: Im Ausland legten die Umsatzerlöse auf 88,5 Millionen (Vorjahr 8,9 Millionen) Euro zu. Das EBIT stieg dort auf 32,7 Millionen (Vorjahr minus 2,1 Millionen) Euro. Die Umsatzerlöse im Inland schrumpften um 91,9 Prozent auf 3,3 Millionen (Vorjahr 40 Millionen) Euro. Entsprechend sank das EBIT des deutschen Segments auf minus 11,3 Millionen (Vorjahr plus 11 Millionen) Euro.
Dennoch denkt Tipp-24-Vorstand Cornehl nicht daran, das Geschäft in Deutschland einfach aufzugeben. Das mag nicht zuletzt an der Aktionärsstruktur von Tipp 24 hängen. 28,28 Prozent der Aktien werden von der Günther Holding gehalten, 11,37 Prozent vom ehemaligen Vorstandsvorsitzenden Jens Schumann. Cornehl glaubt aber offenbar auch, dass der Glücksspielstaatsvertrag in Deutschland nur eine Übergangslösung ist. "Ich rechne ernsthaft damit, dass wir uns rechtlich durchsetzen werden", sagte der Manager. Allerdings räumt er auch ein, dass derzeit rund 1.000 Verfahren im Zusammenhang mit dem Gesetz laufen, jedes Gericht anders urteile und deshalb eine relative Unsicherheit bestehe. Die Hoffnung ruht auf der schwarz-gelben Koalition. In ihrer Koalitionsvereinbarung hatte die neue Regierung angekündigt, den Glücksspielstaatsvertrag zum nächstmöglichen Termin zu kündigen. Das Gesetz gilt mindestens noch bis Ende 2011. So lange wird sich Cornehl wohl oder übel auf das Ausland beschränken müssen. Für die deutsche Werbewirtschaft gibt es bis dahin bei Tipp 24 jedenfalls nicht viel zu holen. (te)
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