Thema des Monats: CRM

Wie aus Kunden Freunde werden

29.03.2010 - Social Media als eine Geheimwaffe im Kundenbeziehungs-Marketing? Das stetig wachsende Interesse der Unternehmen und die tagtäglichen Meldungen über neue Web-Maßnahmen lassen eine solche Vermutung plausibel erscheinen. "Das vielfach herrschende Halbwissen und die Geschwindigkeit, mit der die Kunden in sozialen Netzwerken aktiv werden wollen, sind gefährlich", warnt allerdings Michael Schipper, CEO bei Proximity. Wie Kundenbeziehungen dennoch effektiv im Social Web aufgebaut und gepflegt werden können, zeigt ONEtoONE anhand erfolgreicher Beispiele.

von Susanne C. Steiger

"Es ist wichtig, sich dessen bewusst zu sein, ob die eigenen Fähigkeiten dazu geeignet sind, das Unternehmen in der dynamischen Social- Media-Sphäre zu positionieren. Man muss sich über die Konsequenzen im Klaren sein", nennt Schipper einen der Grundsätze für Maßnahmen in sozialen Netzwerken. "CRM bedeutet nicht nur, eine Kundendatenbank zu haben. Es geht darum, Eins-zu-eins-Dialoge als Basis für Kundenbeziehungen zu verstehen. Dabei rückt die digitale Kommunikation immer mehr in den Fokus." Julia Saswito, Geschäftsführerin der Interaktivagentur Triplesense, führt fort: "Kommunikation im Web ergänzt und beeinflusst das CRM. Social Media ist nicht nur ein Kanal, sondern eine Geisteshaltung." Wer sich für einen Einstieg in soziale Netzwerke entscheide, solle als ersten Schritt ein Monitoring dazu durchführen, was bisher über das Unternehmen und seine Marken im Web geschrieben und wie es wahrgenommen werde, empfiehlt sie. Anschließend könnten dann adäquate Maßnahmen geplant werden.

Markus Spiller, Group Account Director Continental Europe Sapient Nitro, fordert eine Verabschiedung vom Inseldenken: "Ob PoS, Advertising, CRM oder Corporate Websites, es gibt unzählige Wege, mit dem Kunden zu kommunizieren, und letztlich kommt es darauf an, dass diesem ein einheitliches und adäquates Marken- und Servicebild präsentiert wird."

User werden zu Multiplikatoren

Um mit den Kunden in Kontakt zu treten, bieten sich im Social Web grundlegend zwei Wege an: über freie, allgemeine Plattformen wie Facebook, Twitter & Co. oder aber über die Etablierung einer eigenen Marken-Community. Dabei sollten beiden Wege nicht als Konkurrenz, sondern eher als Ergänzung betrachtet werden, so die einhellige Meinung unter den Agenturen. Aber: "Social-Media-Marketing und der Aufbau von Brand-Communities sind nicht für alle Unternehmen bzw. Marken relevant", so Schipper. "Es müssen bestimmte Voraussetzungen gelten." Dazu gehöre auch, dass ein Unternehmen ein Stück weit die Kontrolle über das abgeben müsse, was über es gesagt werde. Auch Spiller glaubt: "Welche Art von sozialer Plattform ein Unternehmen nutzt und womit es Erfolg hat, hängt stark von der Fokusgruppe ab. Diese muss das Medium annehmen."

[f1]Harald Kling, Geschäftsführer von GKK Dialog, die für BMW verschiedene soziale Netzwerke betreuen: "BMW ist trotz eigener Portale auch auf freien Plattformen aktiv, um beispielsweise falsche Informationen zu vermeiden, aber auch die User kennenzulernen und eventuell neue Moderatoren unter ihnen zu finden." Denn bei den drei Portalen Mein BMW, Mein Mini und M Power World werden besonders aktive User zu Moderatoren auserkoren. Dafür werden sie vorher exklusiv ins BMW-Werk eingeladen und können mit den Verantwortlichen sprechen. "Sie werden so zu Multiplikatoren, die durch ihren Ursprung in der Userschaft dennoch eine offene Kommunikation in der Community gewährleisten", so Kling. Wer Kunde einer Marke werde, sei oft vom Zufall bestimmt, glaubt er. "Es geht dann darum, zu überlegen, wie aus diesem Kunden ein wiederkehrender Käufer wird. Dafür muss ich ihn mehr als nur als Käufer wahrnehmen. Es gilt zu versuchen, aus Kunden Freunde zu machen."

Auch bei der Swarovski-Community Create-Your-Style (CYS) werden Mitglieder direkt eingebunden. "Nach circa zwei Jahren Community mit gutem Aufbau von Vertrauen und anhaltender Aufmerksamkeit haben wir angefangen, die Mitglieder stärker in die Weiterentwicklung zu involvieren", so Tobias Kirchhofer, Geschäftsführer Business Development der Agentur Bluemars, die für die Community verantwortlich zeichnet. "Nach den Ergebnissen aus den Umfragen haben wir beispielsweise den Ambassador-Blog entwickelt. Dort können die ausgewählten Community-User bloggen, die auch in der Offline-Welt bereits den CYS-Ambassador-Status haben. Damit sie das regelmäßig tun, werden sie finanziell incentiviert." Die CYS-Community baut auf einer realen Gemeinschaft von Hobbydesignern auf. "2007 wurde dann die Online-Plattform geschaffen, auf der derzeit rund 8.000 User aktiv sind. Ein Community-Manager betreut die Plattform, tritt dabei auch proaktiv in Erscheinung und klärt beispielsweise Fragen." Schon die CYS-Initiative diente vor der Entwicklung der Online-Plattform der langfristigen Beziehungspflege mit den Zielgruppen. Für Kirchhofer eine bedeutendeVoraussetzung: Es müsse ein gemeinsames Interessengebiet, ein Thema geben, das mehrere Menschen verbinde. Diese Gemeinschaft müsse nicht offiziell sein, aber sie bilde den Grundstein für eine aktive Community.

[hl] Aus der Lebenswelt der Kunden[/hl]Ähnlich sieht das auch Schipper, der mit Proximity Online-Lead-Agentur von Maggi ist. "Einfach als Marke mit Profilen in Facebook & Co. präsent zu sein ist wenig relevant. Diese Relevanz kann man aber mit entsprechenden Inhalten steigern." Maggi hat mit dem Thema Kochen etwas Relevantes gefunden und führt damit auch die Tradition der Maggi-Kochstudios fort. Auf der Markenplattform wird nicht das Produkt in den Mittelpunkt gestellt, "sondern ein Thema der Zielgruppe", betont Schipper. Den User erwarten Tipps rund um die Küche und den Einkauf, Rezepte oder Ernährungsinformationen. "Die mobilen Maggi-Applikationen wie die Eieruhr oder der Einkaufszettel haben einen eindeutigen Nutzen für den Kunden und verlängern die Community in den Alltag", erläutert er die Verknüpfung verschiedener Kanäle. Erst im März wurden weitere mobile Angebote umgesetzt.

[f2]Die Plattformen von BMW sind auf Grund der Branche ein wenig anders ausgerichtet. "Die M Power World richtet sich an eine spezielle Zielgruppe, die auch vorher schon in Internet-Foren aktiv war. Mit der Marken-Community versucht BMW jetzt, diese User auf ihre Seite zu ziehen, um den Dialog live erleben und darauf eingehen zu können", erklärt Kling. In der M Power World erhalte der User mehr Informationen als in öffentlichen Foren und damit einen klaren Mehrwert. "Mein BMW ist etwas anders aufgehängt", so Kling weiter. "Man bietet den Usern einePlattform zum Austauschen, eine Erlebniswelt rund um eine Marke und die Leistungen, die von ihr erwartet werden." Durch die Anmeldung mit der Fahrgestellnummer können den Portal-Usern individualisierte und personalisierte Inhalte angezeigt werden. "Es ist auch möglich, ihnen Baureihen-spezifische Angebote zu machen."

Volker Kirschner-Kross, Account Director Marken bei Artundweise, ist sich sicher, dass mit einer relevanten Kommunikation und Interaktion für Nutzer und Unternehmen nachhaltige Beziehungen in Communities im Netz auf- und ausgebaut werden können. "Im klassischen Kreislauf Attract/Convert/Retain geht es permanent darum, den Kunden zu begeistern und so eine stabile Beziehung aufrechtzuerhalten. Eine exklusive Community sollte Vorteile hinsichtlich Service, Content, Aktualität, Bequemlichkeit und Gewinnchancen bieten", so Kirschner-Kross. Mit der Milka-Kuhmunity hat seine Agentur ein langjähriges erfolgreiches Projekt vorzuweisen. Seit 2005 bietet der Schokoladenhersteller dort seinen bestehenden und neuen Kunden eine Plattform, sich mit der Marke auseinanderzusetzen. "Alle Aktivitäten wie Teilnahme, Dialog, Interaktion und Partizipation werden mit virtuellen Punkten - Milka Kuhflecken - belohnt, die über diverse Module und Features, u.a. Votings, Spiele, Downloads bzw. Aktionen und Verlosungen, gesammelt, getauscht oder eingelöst werden können", erklärt Kirschner-Kross ein wichtiges Element der Kuhmunity. Noch sollen sich die Mitglieder vor allem interaktiv mit der Marke auseinandersetzen. In einer kommenden Ausbauphase sei allerdings auch die Möglichkeit zum Austausch der User untereinander geplant, kündigt Kirschner-Kross an. Milka würde permanent steigende Mitgliederzahlen und eine hohe Verweildauer verzeichnen.

[hl] Prosumenten statt Konsumenten[/hl]Aus den Dialogen innerhalb der Community können Unternehmen noch einen weiteren großen Vorteil ziehen. "In Brand-Communities wie CYS kann quasi Echtzeitmarktforschung betrieben werden", so Kirchhofer. "Dadurch, dass man die Mitglieder in die Weiterentwicklung einbindet, machen sie die Community zur eigenen Sache und bleiben treu." Swarovski möchte mit der Plattform nahe an die Kunden herankommen und sie als Prosument in die Produktentwicklung einbinden. Auch BMW nutzt die Community intensiv, um auf die Wünsche der Kunden eingehen zu können, sagt Kling. "Die Portale werden auch als Marktforschungsinstrument eingesetzt, indem Umfragen gemacht werden, deren Ergebnisse an BMW, zum Beispiel in den Vertrieb, zurückfließen", so der GKK-CEO. "Zusätzlich haben auch die Händler einen Account, können in den Foren mitlesen und sich über die Meinungen der User informieren."

Auch wenn das eigene Unternehmen nicht im sozialen Web vertreten sei, "sollte man genau beobachten und zuhören, wo über das Unternehmen wie geredet wird", meint Spiller von Sapient Nitro. Dann habe man auch die Chance, sich einzubringen, wenn es erforderlich sei.
(Kristin Baltzer)

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