Auf die Plätze fertig los: SEO außer Kontrolle

04.12.2009 - Online-Marketing ist ein schnell wachsendes Feld. Da ist es kaum verwunderlich, dass es hie und da auch Wildwuchs gibt. In einigen Bereichen jedoch ist das Dickicht so unübersichtlich, dass Marketingverantwortliche bisweilen den Überblick verlieren. Mit Hilfe von Leitfäden, Selbstverpflichtungen, Richtlinien, Zertifizierungen und/oder Gütesiegeln versuchen Branchenverbände den nötigen Durchblick wieder herzustellen. Was bringen Zertifizierungen, wenn sie nicht neutral sind?"Wirkliche Transparenz ist dabei allerdings von den Marktteilnehmern, die ihr profitables Geschäft bisweilen auf der Komplexität und Undurchschaubarkeit einzelner Bereiche aufbauen, nicht immer gewünscht. Spontan fallen mir hier [l1]Ad Networks[\l1], genauer die sogenannten Blind Networks, und Suchmaschinen-Optimierer (SEO) ein. Beide Bereiche operieren - stärker als andere - mit Prüfungen und Zertifizierungen, um den gewollt seriösen Anstrich nach außen tragen zu können.

Keine Ahnung wie, Hauptsache vorn!
Aufwändige Prüfungen, wie sie bspw. das IASH-Zertifikat   erfordert, sind durchaus aussagekräftig. In anderen Bereichen hingegen bleibt die Wirkung durchaus fragwürdig. So lebt die Suchmaschinenoptimierung vor allem davon, dass einerseits versucht wird, sich dem Google-Algorithmus zu nähern - freilich ohne das bestgehütetste Geheimnis der Welt wirklich fassen zu können. Andererseits lebt SEO schlicht und ergreifend davon, dass für die Auftraggeber nur bis zu einem gewissen Grad nachvollziehbar ist, was der Dienstleister eigentlich genau macht. Das gilt unter anderem (aber nicht ausschließlich) etwa für die Tatsache, dass bspw. die (Back-)Links   , die dem jeweiligen Webangebot auf die Sprünge in den Trefferlisten der Suchmaschinen helfen sollen, nicht offen gelegt werden. Ich vertrete hier einfach mal die Auffassung, dass den meisten, die den Auftrag "Bring uns bei Google auf die erste Seite!" erteilen, überhaupt nicht klar ist, wie das funktioniert und welche Mechanismen dort greifen. Analogien zur Welt der PR ("Egal wie: Bring uns auf die Titelseite!") sind übrigens nicht ausgeschlossen. Auch hier ist es meist sparsam um das Wissen auf Auftraggeberseite bestellt und die Erfolgskontrolle dürfte sich hier wie dort vor allem darauf beziehen, auf welcher Seite, an welcher Stelle das Unternehmen denn am Ende tatsächlich landet.

Googles jüngstes Gericht
Nun werden viele, die mit dem Katz-und-Maus-Spiel genannt Suchmaschinen-Optimierung, ihr täglich Brot verdienen, darauf hinweisen, dass unseriöse Anbieter ohnehin (mitsamt ihrer Kundschaft) von Google in regelmäßigen Abständen abgestraft werden. Für die Kunden ist es dann zu spät. Allein die Unterscheidung, wer recht und wer schlecht ist, ist mit Zertifikaten nur bedingt möglich. Anders formuliert: Schwarz und Weiß lassen sich in einer Grauzone kaum richtig identifizieren. Nebenbei bemerkt: Am Ende befindet ohnehin kein neutraler Richter, sondern [d]Gott[/d] Google selbst hierüber. Selbst berechtigte Kritik an einer Runterstufung, die in einzelnen Fällen jenseits der ersten 50 Treffer enden kann, ficht den Riesen nicht an - schließlich ist es sein Geschäftsmodell und so wird sich jeder daran gewöhnen müssen, wer hier die Spielregeln aufstellt. Selbst dann, wenn diese Spielregeln im Detail eben nirgendwo nachzulesen sind.

Absurdistan in Digitalien
Mit welchen Mitteln und Tricks die Kundschaft der "SEO-Spezialisten" auf die Podiumsplätze der Treffertabelle gehievt werden soll, bleibt oftmals im Verborgenen und wird auch nicht großartig hinterfragt, solange das Ergebnis stimmt. Einige bizarre Auswüchse sind trotzdem der Betrachtung wert, damit der geneigte Leser nachvollziehen kann, welch absurdes Schauspiel bei der Suchmaschinen-Optimierung bisweilen abläuft. So stolperte ich unlängst über einen Weblog, den ich längst inaktiv wähnte. Weit gefehlt.
Leistet posthum wertvolle SEO-Dienste: die OMD08
Bei "The Main Event"   handelte es sich dereinst um das Weblog zur Online-Marketing-Düsseldorf (kurz: OMD), die - wie spätestens im September klar geworden sein dürfte - inzwischen überhaupt nicht mehr stattfindet. Dennoch finden sich unter theme08.de   (die Jahreszahl steht hier quasi sinnbildlich für das Todesjahr der Veranstaltung) schlicht und ergreifend interessante (wenn auch etwas veraltete) Beiträge, dementsprechend aussagekräftige Schlagworte und vor allem Backlinks in Hülle und Fülle. Das hat einen entsprechend attraktiven Page Rank zur Folge. Genau das dachte sich dann wohl auch ein SEO-Spezialist aus Bochum   und angelte sich die vom Veranstalter Igedo brach liegen gelassene Domain. Inzwischen wurde das Weblog "aufgehübscht" - mit RSS-Feeds der Kunden des Dienstleisters, der selbstverständlich im Impressum der Site - dass es auch gleich gar nicht erst gibt - nicht auftaucht. Wer die Website "betreibt", lässt sich daher auch nur durch eine Denic-Abfrage herausfinden. Vielleicht nimmt sich ja in Kürze einer der zahlreichen Abmahn-Anwälte der Angelegenheit an...

Mit dem Plagiat posthum zum "Erfolg"
Das zweite Beispiel ist noch extremer, dürfte aber - auch in seinen nahezu kriminellen Auswüchsen - kaum ein Einzelfall sein. [d]Leider[/d] Zum Glück lässt sich der Fall inzwischen nicht mehr im Web nachvollziehen. Screenshots und die folgende Beschreibung des Falles sollten jedoch reichen. Es handelt sich um die schlichte Eins-zu-Eins-Kopie eines recht beliebten Webangebots, die genauso einfach unter einer anderen, neuen Webadresse, die der Original-URL frappierend ähnlich ist, abgelegt wird. Im konkreten Fall wurde einfach ein "e" hinzugefügt mit der recht offensichtlichen Intention von einer (nicht unwahrscheinlichen) anderen Schreibweise der Webadresse zu profitieren. Danke an active value   , die mir gestattet haben, dieses Beispiel zu erwähnen (zum Dank gibt's einen Backlink;-).
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Im Grunde ist es ein Leichtes die kopierten Seiteninhalte mit zusätzlichen Links (der Auftraggeber) "anzureichern" und so von diesem Hijacking zu profitieren. Unfassbar! Man stelle sich nur einmal vor, wie der Betreiber der Originalwebseite ein solches Plagiat findet. Zumal es eine Frage der Zeit ist, bis der PageRank der Originalseite von Google herabgestuft wird - eben wegen der Tatsache, dass die Seite auf einer anderen Doamin quasi gespiegelt wird. Ein sicher nicht unübliches Verfahren in der SEO-Szene. Könnten die Kunden die einzelnen Schritte ihrer Dienstleister nachvollziehen und die (Back-)Links offen gelegt, würden sich vermutlich viele Anbieter gar nicht mehr trauen, solche Dinge in Angriff zu nehmen. Aber wie gesagt: Es zählt zuallererst die Position im Ranking der Suchmaschinen - die Frage nach dem wie stellt sich nicht, solange dieses Ergebnis stimmt.

Billig und substanzlos: SEO-Maßnahmen in der PR
Auch die PR-Branche hat im Übrigen inzwischen erkannt, dass mit SEO-Maßnahmen Geld zu verdienen ist und nicht wenige habe ihr eigenes Angebot schnell um diese Komponente erweitert. Zumeist beinhaltet das dann, dass Überschriften und Anreisser von Pressetexten nicht das Ergebnis kreativer Ideen oder faktischer Grundlagen sind, sondern (überspitzt formuliert) die Aneinanderreihung von Suchbegriffen, um so vermeintlich sicher zu stellen, dass das Unternehmen bei entsprechenden Suchanfragen möglichst weit vorne rangiert. Leider ist die Google-Welt ein wenig komplizierter.

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Billig und substanzlos 2: PR-Portale von SEO-Anbietern
Noch bizarrer ist das (teils automatisierte) Bedienen freier PR-Portale. Hat sich eigentlich mal jemand die Frage gestellt, warum diese nicht selten von Agenturen udn Dienstleistern betrieben werden, zu deren Dienstleistungsspektrum SEO-Maßnahmen zählen? Oder warum an völlig unscheinbaren Stellen (viorzugsweise am Ende der Seiten) irgendwelche Links auftauchen, bei denen sich inhaltlich nicht erschließt, warum sie dort platziert wurden? Wie auch immer: Nicht wenige PR-Agenturen nutzen diese Portale, um "Pressemitteilungen" hineinzustopfen, in der Hoffnung, zumindest vorübergehend ein wenig Sichtbarkeit bei Google (News) zu erzeugen. Derartige "Pressemitteilungen", die diesen Namen nun wirklich nicht verdienen, werden dann oft weder regulär verschickt, noch kommerziellen Diensten angeboten, weil der Nachrichtenwert gen Null tendiert. Wie sehr diese Maßnahme dem Fischen im Trüben gleicht, verdeutlicht vielleicht die Tatsache, dass die Bewertungskriterien des Suchindexes täglich angepasst werden.

So sind am Ende die Suchmaschinen die Getriebenen. Sie sind gezwungen, in diesem "Spiel", bei dem inzwischen verdammt viel Geld im Umlauf ist, die Oberhand zu behalten. Aber: Sie sitzen schließlich auch am längeren Hebel. Spannend wird zu beobachten sein, wie sich abseits des Schauplatzes der Suchmaschinen-Optimierung, also der versuchten Trefferlisten-Manipulation zu Gunsten des jeweiligen Auftraggebers, die sozialen Netzwerke im Hinblick auf das Auffinden von Informationen, Produkten und Meinungen entwickeln... (Christoph Salzig)

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