Das Kreativranking ist tot - es lebe das Kreativranking!

29.04.2009 - Als Andreas Grabarz Ende 2008 den Vorschlag machte, die Agenturen sollten sich auf eine Liste mit sechs Kreativwettbewerben einigen, bei denen sie künftig einreichen, ging ein Raunen durch die Szene. Doch die positive Stimmung um die selbst auferlegte Beschränkung hielt nicht lange an.





Und erst recht nicht der Wille, sich dadurch fesseln zu lassen. Dabei war die Grundidee eine hehre, beruhte sie doch auf der Tat­sache, dass die Menge der Wettbewerbe in den vergangenen Jahren inflationär angestiegen war und die Kosten für die Einreichungen ex­plodierten. Hier wollte Grabarz die Reißleine ziehen, nicht zuletzt auch wegen der negativen Wirtschaftsaussichten für 2009. Und wegen der Tatsache, dass nach seiner Überzeugung viele Agenturen inzwischen die Kreativrankings bedienen und nicht die Awards.



Neu aufgerollte Diskussion





Diese Einstellung ist nicht neu. Bereits im Jahr 2000 hatten sich unter anderen Springer & Jacoby, Jung von Matt, Scholz & Friends, KNSK und Kolle Rebbe mit dem "Manager Magazin" zusammengetan, um eine alternative Rangliste aus den 15 für die Agenturen wichtigsten internationalen Wettbewerben zu erstellen. André Kemper (damals noch Springer & Jacoby) meinte dazu: "Die Top-Agenturen haben sich auf die wichtigsten Kreativwettbewerbe geeinigt. Dem Index kommt somit eine deutlich höhere Aussagekraft und Glaubwürdigkeit zu als bei den bisherigen Ranglisten." Aber es gab auch Skeptiker, zu denen zum Beispiel Stefan Kolle zählte. Er sah es als fraglich an, ob sich der neue Index in der Praxis durchsetzen ließe. Nach seiner Überzeugung würde das sicherlich nicht von heute auf morgen geschehen. Recht hatte Kolle, schließlich haben sich auch die Initiatoren nicht an ihre eigenen Vorgaben gehalten. Und so verlief das Thema stiekum im Sande. Bis DDB-Chef Amir Kassaei die Diskussion jüngst noch einmal entfachte. Sein Vorschlag war, nicht ausschließlich die Kreativität der Arbeiten in die Lis­ten einfließen zu lassen, sondern die Gesamtleistung der Agenturen. Das würde nach seiner Überzeugung zu einem völlig neuen Ranking führen.



Was Michael Koch, Kreativgeschäftsführer von OgilvyOne Worldwide in Frankfurt, amüsiert: "Die Agenturen, die bislang am lautesten nach einer Reform riefen, haben in den letzten Jahren am meisten in Wettbewerbe investiert." Für ihn scheint es darum zu gehen, Kosten zu sparen. Insofern sieht er die gesamte Diskussion um die Kreativrankings als beendet an. Dieser Meinung ist auch Serviceplan-Chef Alexander Schill. Dabei ist er aber grundsätzlich offen für solche Diskussionen, sie müssten nur durchdacht sein. Denn nach seiner Überzeugung wird es nicht funktionieren, einen Index zu erstellen, der die bes­te Agentur ausweist. "Mir ist nicht klar, nach welchen Kriterien sie bewertet werden und wie diese Bewertung am Ende aussehen soll", gibt er zu bedenken. Außerdem fände er die bisherige Praxis, sich an der reinen Kreativität zu messen, nicht schlecht. "Darüber kann sich jeder ein klares Bild machen." Am Ende sind die Kreativrankings laut Mathias Jahn, CCO von Draftfcb Deutschland, ein wichtiges Nachschlagewerk für die Kunden, die um einen Etat pitchen lassen wollen.



Beschränkung zumindest für 2009





Dennoch, wie sagte schon der amerikanische Schriftsteller Oliver Wendell Holmes: "Der menschliche Geist kehrt, wenn er von einer neuen Idee gefordert wurde, nie zu seiner Ausgangsposition zurück." Und so handeln die Agenturen zumindest 2009: Nordpol kündigte an, in diesem Jahr überhaupt keinen Wettbewerb zu bestücken. Für Draftfcb+Kobza-Geschäftsführer Bernd Fliesser sind die meisten Award-Shows Geldvernichtungsmaschinen: "Wir werden weiterhin bei den wichtigen Werbefestivals, sei es national und international, einreichen, um auf den Bühnen die Anerkennung zu bekommen, jedoch nicht mehr um jeden Preis!" Auch die Draftfcb-Kollegen aus Hamburg verfolgen diese Praxis und werden nur die Awards bestücken, die ihnen wichtig sind. Mathias Jahn: "Es geht nicht nach irgendwelchen feststehenden Regeln, die jemand erfunden hat, sondern danach, ob wir etwas für den entsprechenden Wettbewerb haben." Für Alexander Schill wird diese selbst auferlegte Einreichungsbeschränkung - der auch Serviceplan schon aus Kos­tengründen folgt - sogar etwas Gutes haben: "Die Qualität der eingereichten Arbeiten wird besser werden. Das tut dem Wettbewerb gut." (cb)

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