29.03.2004 - ONEtoONE beschreibt die Situation der deutschen Listbroker
Adressanbieter sind derzeit alles andere als zu beneiden. Die Liste der Gründe ist lang: Nicht nur, dass die anhaltende Werbekrise die Budgets und Margen immer mehr zusammenschrumpfen lässt. Gleichzeitig stellen die Kunden immer höhere Forderungen an Qualität, Technik und das berühmte Kosten-Nutzen-Verhältnis. Und das, während die Pflege- und Beschaffungskosten stetig steigen, die Adressqualität durch die Einführung des kostenpflichtigen Nachsendeantrags sinkt (siehe Seite 2) und sich die Konsumgewohnheiten der Bürger ständig ändern. Außerdem werden die Entscheidungsprozesse der Kunden stetig länger, und Großunternehmen bauen verstärkt eigene Kundendatenbanken auf, die Listbroker teilweise verzichtbar machen (siehe Seite 8).
Dies zu bewältigen, ist eine Herkules-Arbeit für jeden Listbroker, insbesondere für die mittelständischen Anbieter. "Nicht alle Unternehmen werden den Ansprüchen gerecht werden können", prophezeit bedirect-Geschäftsführer Roland Meyer. Die Folge: Der Markt wird sich nach Expertenmeinung zwangsläufig stark bereinigen. datagate-Sprecherin Claudia Strixner geht beispielsweise davon aus, dass schon bald nur noch fünf große Anbieter den Ton angeben werden. Zurzeit handeln mehr als hundert Unternehmen mit Privat- und Firmenadressen.
Spezialisierte mittelständische Adress-Unternehmen müssen sich anders als in anderen Branchen warm anziehen. "Kleinere und Nischenanbieter werden mehr und mehr in den Hintergrund gedrängt", sagt Strixner, die den Markt klar "im Umbruch" sieht. Entsprechend durchwachsen ist auch die Stimmung: "Von einer durchgreifenden Erholung und Belebung ist noch nicht viel zu spüren", berichtet Sigrid Schemper, die bei Koop Direktmarketing die Abteilung Listbroking leitet. Etwas hoffnungsvoller ist mediadress-Chef Andreas Kneiphoff, der die Lage als "schwierig aber nicht hoffnungslos" bezeichnet. Zwar hätten die Werbetreibenden den Einsatz von Fremdadressen in den letzten zwei Jahren stark zurückgefahren. Inzwischen sei aber wieder ein Aufwärtstrend zu spüren. Zudem wächst seinen Beobachtungen zufolge die Zahl der Adressengruppen. Ein weiterer Hoffnungsschimmer ist nach Aussage mehrerer Marktteilnehmer das Kooperationsmarketing, auch Empfehlungsmarketing genannt, mit dem einige Anbieter - trotz niedriger Ausgaben - durchaus respektable Erfolge erzielen (siehe Seite 10).
Ein großer Wachstumsmarkt ist ferner das E-Mail-Marketing, obgleich dieser Bereich in letzter Zeit immer mehr mit der Spam-Problematik zu kämpfen hat, die möglicherweise neue Datenschutz-Gesetze nach sich ziehen wird. Außerdem haben einige Kunden zu große Erwartungen an den relativ neuen Werbekanal. So werden beispielsweise von E-Mail-Adressen die gleichen Selektionsmöglichkeiten wie von Post-Adressen verlangt, was laut Schemper aber häufig gar nicht möglich ist.
Große Hoffnungen setzt die Branche zudem auf das so genannte Profiling. Einer Studie der Wiesbadener Marketingberatung UGW zufolge kommt dieser Methode künftig eine Schlüsselrolle zu. Der Grund: Die steigende Komplexität der Kundenwünsche und eine zunehmende Fragmentierung der Märkte führt dazu, dass der klassische Adressmarkt mit Haushaltsdatenbanken und Postkäuferlisten an seine Grenzen stößt. Scoring-Modelle ermöglichen dagegen eine valide Berechnung der Kaufwahrscheinlichkeit bzw. des Kundenpotenzials, heißt es in der Untersuchung.
Jedoch darf bei all der analytischen Arbeit das kreative Element nicht zu kurz kommen. "Direktwerbung muss heute Entertainment sein. Sie darf nicht langweilen, sondern muss die exakte Zielgruppe und deren Bedürfnisse und Erwartungen treffen", erklärt Eric Konrad vom Wirtschaftsinformations-anbieter Bürgel. Eine weitere Herausforderung stellt der kombinierte Einsatz verschiedener Instrumente dar, wodurch nach Meinung von Dialoghaus-Chef Johann Kuhlendahl die postalische Adresse unter Druck gerät.
Trotz alledem herrscht verhaltener Optimismus in der Branche. So erwartet beispielsweise der Geschäftsführer der Bertelsmann-Tochter AZ Direct, Michael Baumbach, eine "positive Entwicklung des Adressmarkts". Seiner Meinung nach wird sich das klassische Adressgeschäft auf einem stabilen Niveau einpendeln, während komplexe Systemgeschäfte und Analyseleistungen immer mehr an Bedeutung gewinnen. Außerdem geht er davon aus, dass die crossmediale Ansprache der einzelnen Adresse verstärkt in den Fokus rückt, wodurch die Nachfrage nach E-Mail-Adressen steige. Ähnlich zuversichtlich zeigt sich Klaus Arnold, Geschäftsführer von Arnold, Demmerer & Partner sowie Vorsitzender des DDV-Council Listbroker. Auch er prognostiziert eine positive Entwicklung des Marktes. Begründung: "Das Mailing wird seine dominierende Stellung in der Neukundengewinnung behalten." Allerdings werde das Wachstum wegen der kleineren und selektiveren Volumen moderat ausfallen.
Den größten Optimismus verbreitet der Leiter der Deutsche-Post-Direkt-Unit Adress Management, Alexander Schauer. Er erwartet eine "deutlich positive Entwicklung". Der Grund: "Der Bedarf an hochwertiger Adressbereinigung ist ungebrochen!", sagt Schauer. Dialoghaus-Chef Kuhlendahl geht zwar nur von einem "bescheidenen Wirtschaftswachstum" aus, erhofft sich aber eine deutliche Belebung durch den Fall des Postmonopols, da dadurch voraussichtlich das Porto als größter Kostenfaktor im postalischen Bereich günstiger wird. Allerdings sind es bis dahin noch fast zwei Jahre. brö
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