30.03.2004 - ONEtoONE fragt: Der Autobauer BMW bezieht nur noch in Ausnahmefällen Adressen von Listbrokern und setzt auf selbst generierte Adressen - ein Menetekel für die gesamte Adressbranche?
Arnold Steinke, Geschäftsführer der Schober Information Group: Es geht hier nicht um die polarisierende Darstellung "make or buy". Das Anliegen von BMW zielt ja eindeutig auf die deutlich höheren qualitativen Anforderungen an vorqualifizierte Zielgruppen-Adressen potenzieller Käufer. Darauf hat der Markt reagiert. Deshalb gibt es heute auch Konsumentenbefragungen und Lifestyle-Adressen. Präzise Informationen darüber, wer wann welche Fahrzeugmarke und welches Modell in welcher Preisklasse kauft und noch vieles mehr. Hinzu kommen Qualifizierungsdaten zur Verbesserung des CRM. Solch qualitativ hochwertige Adressen und Daten werden auch weiterhin nachgefragt.
Michael Baumbach, Geschäftsführer von AZ Direct: Dies stellt kein Menetekel für den Adressmarkt dar. Zur Gewinnung von Neukunden führt für die meisten Unternehmen kein Weg an der Verwendung von Fremdadressen vorbei. Andererseits entstehen durch die Generierung von Adressen auf alternativen Wegen, wie zum Beispiel durch Anzeigen, Websites, Filialaktionen vor Ort, interessante neue Adresslisten, die das Listbroking beleben.
Klaus Arnold, Geschäftsführer von Arnold, Demmerer & Partner: Insgesamt positiv, aber je nach Anwender-/Branche mit Licht und Schatten.
Sigrid Schemper, Leiterin Listbroking von Koop Direktmarketing: Nein, auf keinen Fall. Wir sehen das eher als Einzelfall und Philosophie eines Unternehmens. Es sind doch die Direktmarketer, die seit ein paar Jahren CRM predigen. Jetzt gibt es die ersten funktionierenden Systeme, dann sollte nicht kritisiert werden, wenn diese Unternehmen auf Basis ihrer Kundendaten zielgerichteter Fremdadressen anmieten oder sogar ganz auf deren Einsatz verzichten. Wobei dies sicherlich nur im Extremfall passieren wird, da man aus unserer Sicht nur sehr schwer ganz auf Fremdadressen verzichten kann, wenn man in kurzer Zeit ausreichend große Adressenpotentiale benötigt.
CRM-Projekte stehen jedoch in vielen Unternehmen noch am Anfang bzw. haben andere Zielsetzungen. Unternehmen mit detaillierten Informationen über ihre Kunden - ob über ein CRM-System oder nicht - können diese Informationen gezielt für ihr Direktmarketing nutzen.
Auf der Basis von Kundenanalysen lassen sich Profile erstellen, die zur gezielten Anmietung von Fremdadressen genutzt werden können. Liegen solche Daten nicht vor, bietet Koop zum Beispiel im Rahmen des Database-Marketing die Möglichkeit an, Kundenadressen und Fremdadressen mit mikrogeografischen Daten anzureichern sowie ein Kundenprofil zu erstellen, das zum Beispiel zur Auswahl von Fremdadressen herangezogen wird.
Michael Sperl, Geschäftsführer von databyte: BMW ist einer unserer Referenzkunden. Die Münchner Automobilbauer haben erkannt, dass sie die Effektivität im Direktmarketing enorm steigern können, wenn sie auf innovative Informationssysteme mit Funktionalitäten setzen, die über die bisher gekannten Möglichkeiten deutlich hinausgehen. Das ist wesentlich effizienter und kostengünstiger. Die Kunden haben "Freude am Fahren" und BMW hat "Freude am Sparen"!
Stefan A. Duphorn, Geschäftsführer des Caribou-Verlags: Es besteht eine gewisse Gefahr, dass große Unternehmen eigene Adressbestände einsetzen. Um neue Kunden zu kontakten reicht die eigene Adressgenerierung aber nicht aus.
Andreas Kneiphoff , Geschäftsführer von mediadress:
Grundsätzlich generiert jeder Werbetreibende eigene Adressen auf unterschiedlichen Wegen. Dies ist richtig und notwendig. Jedoch stellt sich die Frage, ob quantitativ ausreichende, qualitativ adäquate und zielgruppenspezifisch passende Adressen generiert werden. Der richtige Einsatz von Fremdadressen erhöht den Ausschöpfungsgrad. Zur maximalen Abdeckung der Zielgruppe ist der Einsatz von Fremdadressen unerlässlich. Letztlich ist das eine Frage der Zielsetzung und Umsetzung.
Roland Meyer, Geschäftsführer von bedirect:
Dieses Vorgehen hat es schon immer gegeben. Solch ein Ansatz funktioniert dann, wenn die Adressgenerierungskosten geringer sind als der Nutzen, den man bei der Adressanmietung durch die Listinformationen hat. Bei einem Automobilanbieter stellt sich dieses sicherlich anders dar als bei einem Versender.
Claudia Strixner, Sprecherin von datagate: Große Unternehmen die über eigene, lange gewachsene Kundenbeziehungen verfügen haben auch in der Vergangenheit stark auf selbst generierte Adressen gesetzt. Für die Adressanbieter wird es in Zukunft vor allem darum gehen, diesen Kunden Angebote zu machen, die einen Mehrwert bieten und die eigenen Daten der Kunden weiter qualifizieren.
Johann Kuhlendahl, Geschäftsführer von Dialoghaus: Sicher nicht. Viele Unternehmen - Stichwort Database Marketing - werfen Interessenten schon lange nicht mehr in die Mülltonne, sondern bauen insbesondere über das Instrument Mailing einen Dialog auf. Speziell in der Automobilindustrie sind zu den alten Kundenkontaktprogrammen Interessentenkontaktprogramme hinzugekommen.
In diesem Bereich gilt es zudem eine Vielzahl von Marketingzielen zu bedienen, wie zum Beispiel. Traffic für den Handel zu erzeugen, die sich wiederum in Maßnahmen - unter anderem Gewinnspielen, Promotion-Aktionen - konkretisieren, die als "Kuppelprodukt" Adressen erzeugen. Diese können im Anschluss für Mailings erfolgreich genutzt werden.
Rechnet man aber - und das muss man im Normalfall tun - die Kosten für die Adressengenerierung mit in die Kalkulation ein, sind die Ergebnisse unerfreulich. Seriös kalkuliert wird sich jede DM-Kampagne auch mit externen angemieteten Adressen rechnen. Von einem Menetekel würden wir auch deshalb nicht sprechen, weil die DM-Etats der Autoindustrie allgemein aktuell eine andere Sprache sprechen.
Eric Konrad - Consultant Direktmarketing-Management von Bürgel Wirtschaftsinformationen: Nein. Dies als Menetekel zu bezeichnen wäre eine Überdramatisierung der tatsächlichen Situation. Großunternehmen wie BMW machen etwa fünf Prozent des Marktes aus. Die Optimierung der eigenen Kundendaten entspricht dem CRM-Trend. Die Kosten für selbst generierte Adressen beispielsweise via Call-Center sind allerdings höher als der Einkauf von Adressen und Selektionen und daher nur von großen Unternehmen zu leisten.
Im Gegenzug setzen immer mehr kleinere Firmen auf DM, nutzen den günstigen Einkauf für bestimmte Zielgruppe, Selektionen, insgesamt zur Ergänzung der eigenen Datenbanken, zum Beispiel durch Datenrationalisierung.
Alexander Schauer, Leiter Unit Adress-Management von Deutsche Post Direkt: Die erkennbare Tendenz vieler Marktteilnehmer, qualitativ hochwertige Adressen nur mehr selektiv zu bewerben, lässt alternative Adressgewinnungswege zunehmend wichtiger werden. Dennoch wird auch künftig der Erfolg in der geschickten Kombination verschiedener Adresssubstanzen liegen.
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