27.01.2004 - Corporate-Publisher Schmitz blickt mit gemischten Gefühlen auf das Jahr 2004
Der Branchen-Oscar für die Unternehmenskommunikation geht in die heiße Phase: Bis zum 29. Februar läuft die Bewerbungsfrist für den Best of Corporate Publishing Award (BCP). Im BCP haben die Zeitschriften w&v, Horizont und Acquisa ihre früheren Wettbewerbe zusammengeführt. Zum ersten Mal können auch Mitarbeiterzeitschriften, Newsletter und Sonderpublikationen wie Jahrbücher oder Corporate Books eingereicht werden. Prämiert werden Teilehmer in den Kategorien Business-to-Business (B-to-B) und Business to Consumer (B-to-C). "Die Gewinner sind Trendsetter", sagt Thomas Schmitz, BCP-Beiratsmitglied und Geschäftsführer von Schmitz.komm. Dennoch haben die meisten kein gutes Standing im Marketingmix. ONEtoONE sprach mit Schmitz und seinem Kreativdirektor Michael Weilandt über Freud und Leid der Unternehmenskommunikateure und ihre Perspektiven für 2004.
ONEtoONE: Was erwarten die Corporate Publisher vom neuen Jahr?
Thomas Schmitz: Aus Erfahrung könnte man Pessimist werden. Die Umgangsformen zwischen Auftraggebern und Agenturen haben sich leider verschlechtert. Sie nehmen da mit zehn Teilnehmern an einem Pitch teil, den Etat gewinnt dann ein elfter und Sie hören danach nie wieder was von denen. Keiner macht sich die Mühe zu sagen: "Danke, dass Sie teilgenommen haben, aber sorry, wir haben uns für einen Mitbewerber entschieden." Michael Weilandt: Seit etwa eineinhalb Jahren sind die Konzerne bei der Planung ihrer Kommunikationsziele zum Improvisieren übergegangen. Wir können ein Quartalsmagazin zum Beispiel kaum noch kontinuierlich entwickeln. Zudem ist man immer weniger in die interne Unternehmenskommunikation eingebunden.
ONEtoONE: Wie wirkt sich das aus?
Thomas Schmitz: Der zusätzliche Preisdruck führt überall zu Qualitäts- einbußen. Auch in der Kommunikation steigern Honorarkürzungen nicht unbedingt die Motivation der Autoren. Das kann man leider nur schwer ausbügeln, was schade ist. CP-ler haben grundsätzlich einen schlechten Stand bei den Unternehmen, weil viele gar nicht verstehen, warum CP so wichtig ist.
ONEtoONE: Ist es momentan ein Handikap, nicht mit Response punkten zu können?
Michael Weilandt: CP punktet mit Response. Reaktionen haben wir jede Menge. Viele unserer Leser, etwa vom Lancia-Magazin schreiben uns, dass sie total glücklich sind, in unserem Magazin eine Art Heimat gefunden zu haben.
Thomas Schmitz: Marketing- wie auch Event-Kommunikation ist messbar. Bei der Markenkommunikation geht das natürlich nicht so einfach. Unabhängig davon hat unter anderen die Hypovereinsbank in Untersuchungen herausgefunden, dass durch das Magazin nicht nur die Kundenbindung wächst, sondern dass sie damit sogar Umsatz generieren. In diesem Fall fielen die Bruttoerträge mehr als doppelt so hoch aus wie die Kosten der Ausgabe.
Die größte Lüge seit Kommunikationsgedenken lautet: Kundenmagazine sind teuer. Wenn man nur zwei Doppelseiten im Stern weglässt, kann man ein opulentes 60-seitiges Magazin in einer Auflage von 100.000 Exemplaren produzieren. Wenn man sich die Gesamt-Spendings der Unternehmen anschaut, sind die CP-Anteile einfach lächerlich. Ein Handikap ist natürlich auch der Aufwand: Ein TV-Spot lässt sich schnell mal durchwinken, ein Magazin sieht nach Arbeit und Abstimmung aus. Das schreckt Auftraggeber ab, obwohl das von den CP-lern aufgefangen wird.
ONEtoONE: Für den Online-Werbemarkt prognostizieren Marktbeobachter sogar zweistellige Wachstumsraten. Graben Ihnen die Web-Angebote das Wasser ab?
Thomas Schmitz: Genau das ist das ewige Krebsgeschwür diese Szene: Das Web ist ja nicht das Allheilmittel, nur weil es keine Druck- und Vertriebskosten verursacht. Die CP-Branche hat es bislang noch schwer, ihre zentralen Assets zu vermitteln. Die klassischen Werber gehen durch den Haupteingang und fahren in den achten Stock. Viele CP-ler gehen durch den Posteingang und landen nur in der dritten Etage.
ONEtoONE: Was erwarten Sie denn an redaktionellen Impulsen im nächsten Jahr?
Michael Weilandt: Die Chancen von Kundenmagazinen bestehen darin, aus dem Markenkern heraus die Corporate Identity zu kommunizieren. Nehmen Sie McKinsey: Im Magazin McK werden Themen bespielt, die man so nirgends finden kann. Ein Unternehmen wie VW kann allein aus der Unternehmensgeschichte heraus viele gesellschaftlich relevante Themen besetzen: Das Drei-Liter-Auto, Hartz, Vier-Tage-Woche, das Projekt ‘5.000 mal 5.000´. Bei vielen Unternehmen liegen unschätzbare Themenpotenziale brach.
Thomas Schmitz: Es reicht für Unternehmen nicht aus, die Mutter aller Schnäppchen zu präsentieren. Sie müssen auch Botschaften vermitteln, über Produkte informieren und ihre Philosophie formulieren. Der Kunde fordert eine Antwort auf die Frage: "Wieso soll ich bei Ihnen Kunde werden, obwohl Preis und Qualität zum Wettbewerb identisch sind". Solche Unterscheidungsmerkmale und das darin enthaltende Identifikationspotential sind nicht nur für Kids, sondern auch für Best-Ager relevant. Corporate Publishing kann genau das herausarbeiten. Dieser Schatz muss noch gehoben werden.
ONEtoONE: Sie tun es ja zumindest in eigener Sache. Wieso leisten Sie sich eigentlich ein so luxuriöses Magazin wie changes?
Thomas Schmitz: changes ist für uns ein wichtiges Positionierung-Tool. Wir versuchen dort, unsere Attitüde zu verdeutlichen. Wir wollen zeigen wie visionär oder kreativ oder von mir aus auch anarchisch bei uns gedacht und gearbeitet wird. CP verlangt nicht nur Kompetenz in Text und Gestaltung, sondern auch Akzeptanzvermögen für die "Pains und Needs" der Unternehmen. Wir wollen uns in diesem heterogenen Umfeld der CP-Anbieter als Top-Adresse ohne Druckerei im Rücken positionieren. Mit der vorletzten Ausgabe haben wir quasi den "BCP" gelauncht. Nun stehen andere, vielleicht sogar wichtigere Themen auf der Agenda. Das Leitthema der aktuellen Ausgabe, "Vertrauen", war für uns - in diesen Zeiten, in denen tradierte Werte wie Ehrlichkeit, Moral, Verlässlichkeit fast gar nicht mehr vorgelebt werden - ein Muss. changes ist unser Programm. asc
Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de