23.08.2002 - Harte Zeiten für die Post: Nachzahlung, Portosenkung, Verluste
Zu hohe Porti im Monopol-belassenen Briefbereich, der Verdacht auf unzulässige Quersubventionierungen, unrechtmäßig erhaltene staatliche Beigaben - diese Spekulationen gaben in den letzten Jahren immer wieder Anlass zu Beschwerden über das Geschäftsgebaren der Deutschen Post. Nun bahnen sich Ergebnisse an - sehr zu Ungunsten des Logistikkonzerns. So hat die Brüsseler EU-Kommission unlängst entschieden, 572 Millionen Euro plus Zinsen, damit also insgesamt 850 Millionen Euro, von dem gelben Riesen zurückzufordern. Kurze Zeit später beschloss die Regulierungsbehörde für Telekommunikation und Post, dass die Porti für Briefe bis zu 200 Gramm ab Januar 2003 gesenkt werden müssen. Die Post reagiert nun mit einem umfassenden Kostensenkungsprogramm.
Kostensenkung sowie die Erschließung neuer Umsatzquellen sind angesichts der diesjährigen Halbjahreszahlen dringend erforderlich. Zwar hat sich die Deutsche Post mit einem Umsatz von 19,4 Milliarden Euro in den ersten sechs Monaten dieses Jahres um 15 Prozent steigern können, weniger erfreulich ist indes die Gewinnentwicklung: Das Ergebnis der betrieblichen Tätigkeiten hat sich um sechs Prozent verringert und beträgt 1,3 Milliarden Euro. Doch selbst von diesem reduzierten Konzerngewinn bleibt aufgrund der Zahlungsforderung der EU-Kommission nicht viel übrig. Somit liegt der Halbjahresgewinn des Logistik-Riesen faktisch nur bei 155 Millionen Euro. Im Vorjahreszeitraum betrug er noch eine Milliarde Euro.
Zusätzliche Umsatzeinbußen stehen der Deutschen Post im kommenden Jahr ins Haus. Ab Januar 2003 muss nämlich das ohnehin lange Zeit umstrittene Porto für den Standardbrief gesenkt werden. Der Briefbereich war - dank der gesicherten Monopolstellung - bislang einer der stärksten Umsatzbringer. Bereits in diesem Jahr, also bei bisheriger Portohöhe, ist das Briefgeschäft der Deutschen Post nur konstant geblieben. Es lag mit einem Umsatz von 5,8 Milliarden Euro in der ersten Jahreshälfte hinter dem Expressgeschäft, mit dem 6,1 Milliarden Euro erwirtschaftet wurden. Das ist gegenüber dem Vorjahr fast eine Verdopplung. Den stärksten Einfluss auf den Konzernumsatz hatte in der ersten Jahreshälfte das Auslandsgeschäft mit einem Umsatz von 7,7 Milliarden Euro.
Zwar hat die Deutsche Post in den letzten Jahren ihre Aktivitäten stark ausgebaut, nichtsdestotrotz wird eine Portosenkung bei Standardbriefen die Konzernumsätze massiv beeinflussen. Die Bonner rechnen mit 300 Millionen Euro weniger Einnahmen.
Um "die Werte wiederherzustellen, die aufgrund äußerer Einflüsse vernichtet" worden seien, hat die Deutsche Post nun ein Fünf-Punkte-Programm ins Leben gerufen. Zunächst denkt das Unternehmen über Erhöhungen in sämtlichen nicht preisregulierten Segmenten nach. Bislang kostenlose Services wie etwa der Nachsendeantrag und die Lagerung sollen kostenpflichtig werden. Welche Dienstleistungen um wie viel Prozent preislich angehoben werden, ist bislang noch unklar.
Um Kosten zu senken, werden außerdem Einsparungen von Arbeitsplätzen, Filial- und Briefkastenstandorten, IT- und Werbeausgaben in Erwägung gezogen. Bis zu 10.000 Arbeitsplätze stehen zur Disposition. "Das entspricht dem Umsatzvolumen, das durch die Portosenkung wegfällt", sagt Achim Gahr, Pressesprecher der Deutschen Post. Inwieweit das Werbebudget und insbesondere die Ausgaben für Dialogmarketing in Mitleidenschaft gezogen werden, vermochte Gahr noch nicht vorauszusagen. "Derzeit wird bei allen Ausgaben geprüft, wo sich etwas einsparen lässt." Im Jahr 2001 gab die Deutsche Post laut AC Nielsen allein für die Schaltung von Werbung über 58 Millionen Euro aus und gehörte damit zu den 50 werbungstärksten Unternehmen in Deutschland. Eine Reduzierung der Werbegelder dürfte demnach auch das Tagesgeschäft so mancher Agentur verändern.
Künftig will die Post alle nicht briefbezogenen Bereiche in Deutschland stärken. Besonderes Augenmerk soll auch auf die Auslandsaktivitäten, insbesondere die dortigen Briefmärkte, gelegt werden. Um konsequenter zu sparen und Synergien zu nutzen, haben die Bonner das "Wertsteigerungsprogramm" STAR ins Leben gerufen. Im Rahmen des Programms arbeiten rund 200 Mitarbeiter an Möglichkeiten zur Wertsteigerung des Unternehmens. Dabei handele es sich um ein internes Programm, an dem Mitarbeiter sämtlicher Post-Abteilungen beteiligt sind, so Gahr.
Last but not least will die Deutsche Post die Zahlungsaufforderung der Brüsseler EU-Kommission nicht auf sich sitzen lassen und kündigte an, gegen die Beihilfe-Entscheidung der EU-Kommission vor dem Europäischen Gerichtshof zu klagen. Wegen "grober Verfahrensverstöße" und "gravierender Mängel in der Sache", heißt es. Man darf gespannt sein, wie´s weitergeht. sam
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