24.07.2002 - Liegt das sehnlichst erwartete Wachstum für deutsche Direktmarketer im Ausland?
In der Juli-Ausgabe hat ONEtoONE die Voraussetzungen und Chancen für eine Expansion beleuchtet, Experten nach den verheißungsvollsten Märkten gefragt und u.a. die Schweiz und Österreich als lohnenswertes Dialogmarketing-Terrain ausgemacht. Neben der grundsätzlichen Frage, ob, wann und wo sich ein Engagement außerhalb der deutschen Grenze lohnt, sollten auch Details wie etwa Zahlungsverkehr und Adressbeschaffung oder Datenschutz- und andere Gesetze geprüft werden.
"Wie komme ich an mein Geld?" ist eine Frage, die sich jeder Direktmarketer mit Expansionsabsichten stellen sollte - und die sich keinesfalls nur auf die Zahlungsmoral im anvisierten Ausland bezieht. Denn wer voraussetzt, dass jeder Europäer ein Girokonto führt, "unterliegt einem deutschen Irrglauben", sagt Sabine Wimmer, Vizepräsidentin International beim Deutschen Direktmarketing Verband (DDV) in Wiesbaden. Das Girokonto ist eine deutsche Erfindung.
Unsere europäischen Nachbarn zahlen häufig lieber per Nachnahme oder Kreditkarte. Oder per Vorkasse, wie zum Beispiel in Frankreich üblich. Laut Direct Success-Chefin Susanne Hornikel wirkt sich gerade diese Zahlungsweise für Versender sehr positiv aus, weil sie die Retouren-Quote senkt: Mit der Bestellung kommt gleich der Scheck, Fragen nach Zahlungsmoral und -ausfällen stellen sich gar nicht erst. Allerdings setzt die Abrechnung per Vorkasse eine hohe Lieferfähigkeit der Versender voraus: Wenn ein Kunde drei Produkte bestellt und gleich bezahlt, sollten diese drei Produkte auch allesamt vorrätig sein.
Wer sich über die bevorzugte Zahlungsweise in seinem Zielland informiert hat, sollte auch gleich die Zahlungsmoral prüfen. Die lässt im europäischen Vergleich zum Beispiel in Italien einiges zu wünschen übrig. "Ich würde heute keinem raten, in Italien etwas anzufangen!", warnt Sabine Wimmer.
Laut Klaus Schantz vom ISN Institut Schantz, Neubauer und Partner in Hamburg, geben sich die Italiener derzeit ohnehin zugeknöpft - der Euro habe ihnen die Kauflust verdorben. Generell hätten es zum Beispiel Versender in Italien sehr schwer. Der Katalog habe sich als Medium nicht durchgesetzt und auch die Akzeptanz von Mailings sei bei den Italienern gering, so Schantz. Es lässt sich streiten, ob das an der mangelnden Adressqualität oder auch an den nicht eben zuverlässigen Diensten der italienischen Post liegt - fest steht, dass unadressierte Prospekte in Italien in jeder Hinsicht besser ankommen.
Weiß man, wie und ob die Kunden zahlen, gilt es, gute Adressen zu besorgen. Das Thema Adressbeschaffung ist diffizil, denn nicht überall werden hochwertige Adressen angeboten und oft sind die Listen extrem überteuert. Hier lohnt sich die Rückfrage bei den ansässigen Direktmarketing-Verbänden und der Vergleich verschiedener Listbroker. Sabine Wimmer empfiehlt, die Adressen immer im betreffenden Land zu kaufen und zu testen.
Oft machen auch Datenschutzbestimmungen den Direktmarketern das Leben schwer: So darf beispielsweise aus Polen eigentlich kein Response-Element nach Deutschland zurückgeschickt werden, da nach polnischem Recht Adressen das Land nicht verlassen dürfen. (Weshalb es eigentlich auch keine polnischen Adresslisten in Deutschland geben dürfte.) Das zeigt wieder einmal, dass entgegen jedem subjektiven Direktmarketer-Empfinden Deutschland keinesfalls die strengsten Datenschutzrichtlinien in Europa hat. "Viele Länder sehen das EU-Recht nur als Leitplanke - die Länder dürfen mit ihren Standards nicht darunter bleiben, weitere Richtlinien draufzusatteln ist hingegen kein Problem", so Wimmer.
Neben dem Datenschutz gibt es viele weitere Fallen, in die Direktmarketer tappen können. So empfiehlt Susanne Hornikel, Katalogübersetzungen ins Französische sehr gründlich zu prüfen. Alle Angaben sollten bis ins Detail stimmen. Sollte sich nämlich zum Beispiel herausstellen, dass ein Schuh aus 100 Prozent Leder gar nicht aus 100 Prozent Leder besteht, wird die Strafe nicht etwa nach der verkauften Anzahl der betreffenden Schuhe bemessen, sondern nach der Druckauflage des Kataloges - und das kann teuer werden!
Und Klaus Schantz warnt davor, den Skandinaviern Werbeversprechen zu machen, die nicht gehalten werden - darauf reagieren die Nordländer nämlich äußerst empfindlich und man "trifft sich sehr schnell vor einem Sandsteingebäude, also dem nächsten Gericht, wieder", so Schantz. Auch das kann kostspielige Folgen haben, da Honorare für Juristen im Ausland oft exorbitant hoch sind.
Es gilt also wie immer: Vor der Expansion ins Ausland sollten sich Direktmarketer gründlich und umfassend informieren, denn, so Wimmer: "Ungeprüft ein Mailing im Ausland rauszuschicken, ist wie Geld aus dem Fenster zu werfen." vh
Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling
Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de