24.07.2002 - Vorstand Patrick Palombo über die Ursachen der Photo-Porst-Pleite
vh Patrick Palombo (45), zuvor Vorstandsvorsitzender der WWL Internet AG in Nürnberg, startete am 10. September 2001 als Vorstand Marketing und Unternehmensentwicklung bei der Pixelnet-Tochter Photo Porst in Schwabach. Photo Porst und Pixelnet seien "ideal in der komplementären Zielsetzung", schwärmte Palombo damals. Hier träfe das traditionelle Foto-Geschäft mit der zukunftweisenden Digitaltechnologie zusammen. Aber es kam alles ganz anders: Rund sechs Monate später meldete Photo Porst Insolvenz an, kurz darauf folgte Pixelnet.
ONEtoONE: Woran ist die in der Vergangenheit schon oft an der Pleite vorbeigeschrammte Photo Porst letztlich gescheitert?
Patrick Palombo: Letzten Endes an der Summe verschiedener interner und externer Gegebenheiten. Intern, weil die zig Gesellschafter, die an Bord kamen - zuletzt Pixelnet - nie richtig etwas vom Retail-Geschäft verstanden und Porst behandelt haben wie ein schönes, aber altes Fahrrad: Jeder neue Besitzer hat aus Eitelkeit zuerst eine neue Lackschicht draufgepinselt, ohne vorher konsequent den Rost abzukratzen und zu grundieren. Das Ergebnis war, dass der Rost immer wieder durchkam und eines Tages der ganze Rahmen zusammenbrach. Der harte Schnitt, der heute erzwungenermaßen passiert, hätte bereits vor der Übernahme durch Pixelnet im Februar 2001 erfolgen müssen. Im laufenden Betrieb war es dann sehr schwer, die notwendigen Strukturmaßnahmen zu vollenden, gerade weil diese sehr kapitalintensiv waren. Was Porst endgültig das Genick gebrochen hat, ist die Gesamtsituation des Einzelhandels, der den quantitativ und qualitativ schlechtesten Stand seit über 50 Jahren erreicht hat - gerade im Hartwaren- und Technikbereich. In einem relativ weit fortgeschrittenen Restrukturierungsprozess und bei sich konkretisierenden Investorengesprächen blieb einem die Luft, sprich die Liquidität, weg.
OtO: Wie geht es mit Photo Porst und Pixelnet weiter?
Palombo: Für Pixelnet kann und will ich nicht reden, da ich aus bestimmten Gründen aus dem Unternehmen ausgeschieden bin. Bei Porst laufen zurzeit Erfolg versprechende Gespräche, um dieser traditionsreichen und starken Marke den Fortbestand in irgendeiner Weise zu sichern. Immerhin kennen mehr als 86 Prozent der Verbraucher Photo Porst als spezialisierte Fachgeschäftskette mit guter Beratungskompetenz und optimalem Preis-Leistungs-Verhältnis. Solange keinem Investor definitiv der Zuschlag gegeben wird, besteht für jeden weiteren Interessenten nach wie vor die Chance, sich über ein Filialnetz aus circa 200 Niederlassungen und ein Franchise-System von circa 1.600 Partnern wesentliche Marktanteile zu sichern. Und zu weiteren Gesprächen sind sowohl der Insolvenzverwalter als auch ich jederzeit gerne bereit.
OtO: Sie hatten mit ihren letzten zwei Berufsstationen offensichtlich Pech - oder haben Sie Fehler gemacht?
Palombo: "Wer frei ist von Schuld, der werfe den ersten Stein." Das gilt auch für mich. Ich hatte zwar in den sechs Monaten, in denen ich bei Porst als Kapitän auf der Brücke war, zu wenig Zeit, um gravierende operative Fehler zu machen und einen seit 82 Jahren währenden Prozess, der sich über diesen Zeitraum aufgebauscht hat, maßgeblich zu beeinflussen. Doch der gemeinsame Nenner und Kardinalfehler meiner letzten beiden Stationen war mein Menschenvertrauen, was ich anfangs immer habe. Ich unterstelle dem bereits vorhandenen Management grundsätzlich Professionalität. Letzten Endes wurde ich für meinen Prinzipienbruch bestraft: Ich hatte mir letztes Mal vorgenommen, in kein reines New-Economy-Unternehmen mehr einzutreten - was Pixelnet ja war. Und mir die Gesellschafter vorher genau anzusehen. Scheinbar habe ich was auf den Augen gehabt.
OtO: Was macht Patrick Palombo in Zukunft?
Palombo: Vorerst die Gegenwart vernünftig und professionell begleiten, das heißt, der Insolvenzverwaltung helfen, den Prozess durchzuziehen und sauber abzuwickeln, bevor ich mich von Porst definitiv zurückziehe.
Seit ein paar Wochen erreichen mich viele aufmunternde Nachrichten in einer Größenordnung, die mich überrascht und gerührt hat, und auch Angebote und Vorschläge, wie ich als nächstes mein Leben gestalten könnte. Ich bin für jede Anregung dankbar und wenn sich daraus ernsthafte Gespräche entwickeln, warum nicht? Die Branchen und Schwerpunkte, in denen ich zu Hause bin, sind ja bekannt, und ich bin auch neueren Dingen gegenüber sehr aufgeschlossen. Wer mich kennt, weiß allerdings auch, dass ich mein Leben gerne selber in die Hand nehme und eigeninitiativ werde. Auch wenn man dabei ab und zu auf die Nase fällt. Berufliche Niederlagen sind aber wie Flugzeugabstürze - überlebt man sie, sollte man gleich wieder einsteigen und losfliegen.
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