23.07.2002 - Der neue E-Plus-Service i-mode verzeichnet bislang 40.000 Kunden und 100 Content-Angebote
"Eine neue Form des Internets" - das verspricht der Mobilfunkanbieter E-Plus in seiner breit angelegten Werbekampagne für den aus Japan importierten mobilen Service i-mode. Der soll das mobile Business, das angesichts der allgemeinen WAP-Enttäuschung mit wachsender Skepsis betrachtet wird, revolutionieren. Bislang waren weder die Technik noch die Inhalte ausgereift genug, hieß es. Mit i-mode soll das anders werden. Doch stößt es auch beim Verbraucher auf genügend Resonanz, um der Mobile-Marketing-Branche aus ihrem bisherigen Schattendasein zu verhelfen?
Die Zahlen überzeugen noch nicht so richtig: Seit dem Start im April verzeichnet E-Plus rund 40.000 Kunden für den exklusiv angebotenen Service i-mode. Gemessen an dem gesamten Mobilfunkmarkt in Deutschland - über 40 Millionen Konsumenten besitzen laut Statistischem Bundesamt hier zu Lande ein Handy - ist der Anteil verschwindend gering.
Trotzdem sagt E-Plus-Sprecherin Catrin Glücksmann: "Wir sind sehr zufrieden mit dem Start von i-mode. Man muss bedenken, dass wir damit einen ganz neuen Markt erschließen und einen Service bieten, den es so in Deutschland noch nie gab. Deshalb ist klar, dass sich das neue Angebot langsam entwickelt." i-mode sei, obwohl nicht kompliziert, durchaus erklärungsbedürftig. Glücksmann: "i-mode ist verwirrend einfach. Und gerade deswegen muss man den Kunden erklären, was sie erwartet."
Dass i-mode komfortabler und unterhaltsamer ist als alles, was WAP-mäßig bislang auf dem Markt erschienen ist, kann nicht bezweifelt werden. Das aufklappbare Handy NEC n21i, bislang das einzige in Deutschland erhältliche i-mode-Gerät, hat ein verhältnismäßig großes Farbdisplay, die Farbauflösung ähnelt der am PC und die 16-stimmigen Klingel-Sounds können durchaus mit der Klangqualität einer kleinen Stereoanlage mithalten. Technisch hat sich hier also einiges getan.
Die mobilen Dienste erfolgen auf Basis des Übertragungsstandards GPRS. Hier wird nicht die Online-Zeit berechnet, sondern die übertragene Datenmenge. Derzeit lockt E-Plus mit einem Einführungspreis von 0,1 Cent pro Kilobyte.
Auch das Content-Angebot ist anders aufgebaut als bei bisherigen WAP-Diensten. Der i-mode-Kunde kann verschiedene Inhalte-Channels abonnieren, die monatlich zwischen 0,25 Cent und zwei Euro kosten. Über 50 Prozent des Content-Angebots sind kostenlos.
Bislang sind hundert Content-Dienste verfügbar. Das Spektrum umfasst unter anderem Nachrichten, Wetter, Sport, Finanzdienste, Fotos, Klingeltöne, Stadtpläne, Streckenverbindungen, Nachschlagewerke, Hotelservices und Shopping-Angebote.
Nach Angaben von Glücksmann richtet sich i-mode an drei Zielgruppen: "Als erstes wollten wir die so genannten Early Adopters ansprechen, technikaffine Konsumenten, die für Neuheiten leicht zu begeistern sind. Die zweite Marketingphase, die im Juni begonnen hat, wendet sich an Jugendliche und Junggebliebene, die gern Entertainment-Dienste nutzen. Unsere dritte Zielgruppe bezeichnen wir als die Berufspragmatiker. Das sind diejenigen, die ihr Handy auch beruflich nutzen, die viel unterwegs sind und beispielsweise lokale Hotel- und Restauranttipps benötigen." E-Plus geht selbstbewusst davon aus, dass man damit etwa 50 Prozent der Mobilfunkkunden erreicht, die 70 Prozent der Einnahmen auf sich vereinen.
Einer Untersuchung zufolge, für die im Auftrag von E-Plus über 600 i-mode-User befragt wurden, kommt der neue mobile Service gut an. So äußerten sich 86 Pozent der Befragten positiv, 83 Prozent lobten die technische Stabilität. 75 Prozent der i-mode-Nutzer waren zuvor bereits Kunden bei E-Plus. Wen wundert´s, wurden diese doch mit besonderen Vergünstigungen gelockt. 16 Prozent der i-mode-User hat E-Plus laut Studie vom Wettbewerber Vodafone abgeworben. Zum Thema Konkurrenz wollte sich bei Vodafone niemand äußern. Pressesprecher Heiko Witzke betonte vielmehr die unterschiedliche Mobile-Business-Ausrichtung von E-Plus und Vodafone. "i-mode ist ein proprietärer Dienst. Wir setzen an dieser Stelle auf Standards wie MMS und WAP 2.0. Die bringen ähnliche Effekte. Mit MMS können auch multimediale Nachrich- ten verschickt werden."
Vodafone ist in Deutschland der erste Anbieter des neuen MMS-Dienstes und verzeichnet nach Aussage von Witzke einen "sehr guten Zulauf". Seit kurzem hat auch T-Mobile MMS im Programm. Exklusivlizenzen werden bei Vodafone laut Eigenangaben nicht angestrebt. Witzke: "Wir arbeiten mit standardisierten Diensten."
Ob proprietär oder standardisiert, die Technologie allein wird nicht über den Erfolg eines mobilen Angebotes bestimmen. Was zählt, sind Relevanz und Qualität des Inhaltes. Und um ebendies zu gewährleisten, wagt sich E-Plus auf ein - zumindest in Deutschland - ganz neues Terrain: Die Content-Partner werden maßgeblich an den Umsätzen beteiligt. 86 Prozent der Abo-Erlöse kommen den Inhalteanbietern zugute. Das erhöht natürlich den Anreiz, i-mode-kompatible Services bereitzustellen.
Kay Oberbeck, Unternehmenssprecher der TomorrowFocus-Gruppe, die mit insgesamt sieben Content-Angeboten dabei ist: "Wir sind weiß Gott nicht unzufrieden! Die Resonanz auf das i-mode-Angebot ist unseren Erwartungen entsprechend." Dabei liegen dem Münchner Medienunternehmen laut Oberbeck noch gar keine genauen Abozahlen vor. Nur so viel: Insgesamt seien monatlich mehrere hunderttausend Seitenabrufe der TomorrowFocus-Inhalte gezählt worden.
Besonders großen Interesses erfreut sich das i-mode-Portal von Playboy, das nach dem Logo- und Klingeltöneanbieter Jamba derzeit das meist frequentierte Angebot ist. "Sex sells" gilt eben auch im mobilen Leben - in diesem Fall auch noch von einem besonderen Preismodell unterstützt, denn der User muss für das Playboy-Angebot nichts zahlen. TomorrowFocus erhält von E-Plus einen Fixbetrag für den Erotik-Content. Die Rechnung geht für alle auf: Das kostenlose Angebot lockt viele User an - und davon profitieren der Mobilfunkanbieter und das Medienunternehmen. Oberbeck: "Für uns ist das Risiko minimal, denn wir müssen nicht extra Inhalte für i-mode erstellen. Wir können auf unsere Kompetenz und unseren Content zurückgreifen, müssen ihn nur noch entsprechend aufbereiten."
Aber nicht bei allen Medienunternehmen hat sich i-mode herumgesprochen. So war es beispielsweise nicht möglich, vom Axel Springer Verlag zu erfahren, ob er erwäge, ebenfalls als Content-Partner von i-mode dabei zu sein. "Was ist i-mode?", verlautet es aus der Presseabteilung in Hamburg. Das überrascht. Noch überraschender ist indes, dass es dem Medienriesen nicht möglich war, einen kompetenten Ansprechpartner ausfindig zu machen, der eine Meinung zum Thema i-mode hat.
Fest steht: Je mehr Content-Partner gewonnen werden, desto attraktiver kann i-mode vermarktet werden. Cyriac Roeding, Marketing-Chef von 12snap in München und Chairman der Mobile Marketing Association Europe (MMA), sieht noch Verbesserungsmöglichkeiten. "i-mode an sich halte ich für eine gute Sache. Es ist ein tolles Prinzip, weil die Technologie Bilder erlaubt und Texte, die fast unbeschränkt lang sein können. Aber natürlich steht und fällt das Ganze mit dem Content, und da kann man noch einiges machen. Es muss noch mehr in Richtung Kommunikation gehen. Es reicht nicht aus, nur Portale mit bunten Bildchen anzubieten." Generell komme es auf einen hohen Unterhaltungswert an, denn i-mode lebe, wie sich im Vorreiterland Japan gezeigt habe, vom Entertainment. Damit ist es also primär ein Business-to-Consumer-Medium. Roeding: "Der B-to-B-Bereich ist nur eine Nische."
Bislang wird i-mode noch nicht als Werbemedium genutzt, sondern finanziert sich über das Gebührenmodell. Fraglich ist, ob das ausreicht. E-Plus-Sprecherin Glücksmann: "i-mode kann auch als Plattform für werbungtreibende Unternehmen genutzt werden."
Das sei zumindest ein Konzept der Zukunft, an dem bereits gearbeitet werde: Unlängst hat E-Plus den neuen Arbeitsbereich Mobile Advertising etabliert.
Fazit: Das Geschäftsmodell - von der Technologie über den Content bis hin zum Bezahlsystem - ist deutlich ausgereifter als alles, was im Mobilfunkmarkt hier zu Lande bislang geboten wurde. Dank der Erfahrungswerte aus Japan, versteht sich. Doch Deutschland ist nicht Japan. Bisher jedenfalls hält sich das Interesse der deutschen Verbraucher an i-mode in Grenzen. Alle mögen es, doch keiner braucht es. Vielleicht ist die Akzeptanz des mobilen Services auch eine Frage der Mentalität - egal, wie ausgereift das Angebot daherkommt. Die Zukunft wird´s zeigen ... sam
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