13.06.2001 - Call-Center-Mitarbeiter sollten Fach- und Rhetorikschulungen erhalten
go An Schulungen sollte in Call Centern nicht gespart werden, sie sind neben einer sinnvollen Personalauswahl die wichtigste Voraussetzung für guten Kundenservice. Cornelia Pilny, Leiterin der I and C Akademie in München, plädiert für modular aufgebaute Schulungen, die Praxis und Theorie verknüpfen.
ONEtoONE: Welche Probleme gibt es bei der Etablierung eines Call Center?
Cornelia Pilny: Die richtigen Mitarbeiter und die passenden Technologien müssen eingesetzt werden. Eine maßgeschneiderte technische Lösung muss gefunden werden, damit das Unternehmen über die verschiedensten Kommunikationswege wie Telefon, Telefax, E-Mail oder Internet erreicht werden kann. Der Mitarbeiter sollte über fachliche, soziale, methodische, kommunikative und persönliche Kompetenz verfügen, wenn möglich auch über Branchenkenntnisse. Gute Call-Center-Agents und Führungspersönlichkeiten sind allerdings Mangelware.
OtO: Wo sollten die Schulungs-Schwerpunkte liegen, Psychologie und Rhetorik oder Fachkompetenz?
Pilny: Empfehlenswert ist ein modular aufgebautes Trainingsprogramm, das die Grundlagen im Call Center ebenso vermittelt wie kundenorientierte Kommunikation. Dazu gehören auch Trainings zu den eingesetzten Technologien, Lösungen, Applikationen und Endgeräten.
Neueinsteigern empfehlen wir, Kommunikations- und Persönlichkeitstrainings an erste Stelle zu setzen und nach und nach die fachlichen Themenbereiche, wie Produktkenntnisse, hinzuzunehmen. Das fachliche Training wird meist von den Produktspezialisten der Kunden durchgeführt. Der Berater hilft dann, die Produkt-Leistungsmerkmale rhetorisch umzusetzen.
OtO: Sagen Messdaten wie schnelle Gesprächsannahme und Gesprächsdauer etwas aus über die Gesprächsqualität und Kompetenz der Mitarbeiter?
Pilny: Messdaten in einem Call Center sind natürlich wichtig, um gute Leistung belohnen oder prämieren zu können oder auch die Produktivität zu steigern.
Reporting-Systeme geben Auskünfte, wie schnell abgehoben wird, wie lange ein Anrufer in der Warteschleife hängt, wie viele Gespräche inbound und outbound geführt wurden, wie lange diese gedauert haben, wie viele Anrufer ohne Agentenkontakt aufgelegt haben oder wie lange ein Agent sich in "Pause gedrückt" hat. Entsprechende Telemarketing-Software, die den Call-Center-Agents die Dokumentationen ihrer Gesprächsergebnisse ermöglicht, gibt Auskunft über Terminvereinbarungen, Anzahl der Verkäufe oder im Falle eines User-Help-Desk über "gelöste Fälle". Doch an der Dauer des Gespräches kann man natürlich nicht erkennen, inwieweit das Gespräch erfolgreich war. Daher ist ein optimales Controlling nur über kombinierte Messgrößen zu erreichen. Bei Terminvereinbarung kann das heißen, die Anzahl der Gespräche und Anzahl der vereinbarten Termine für den Außendienst mit der Anzahl der daraus vom Außendienst erreichten Aufträge zu kombinieren. Kundenzufriedenheitsbefragungen geben außerdem Anhaltspunkte, wie gut betreut ein Kunde sich am Telefon fühlt.
OtO: Sind Schulungen in mehreren Stufen empfehlenswert?
Pilny: Lösungen von der Stange sind meistens nicht ratsam, das Trainingskonzept sollte maßgeschneidert werden. So können die Agents branchenspezifisch auf die individuellen Belange ihrer Kunden vorbereitet werden. Gut ist es, wenn der externe Dienstleister über Spezialisten/Trainer verfügt, die aus der zu betreuenden Branche kommen - also Banker für Bankkunden oder Touristik-Experten für die Touristik-Branche.
Zwischen den einzelnen Trainingseinheiten sollten einige Wochen praktischer Arbeit liegen, um das Gelernte zu erproben und zu vertiefen. Erfahrungen aus dieser Zeit dienen der Feinjustierung der darauf folgenden Trainingseinheiten. In Einzelgesprächen kann die individuelle Leistungs- und Erfolgsbilanz gezogen werden. Dienstleister sollten sich idealerweise vor dem Training über die Mitarbeiter informieren, um gezielter schulen zu können.
OtO: Ist es sinnvoll, die Teamleiter aus dem Kreis der Call-Center-Mitarbeiter zu rekrutieren?
Pilny: Jede Medaille hat zwei Seiten. Der Teamleiter aus den eigenen Reihen kennt das Arbeitsumfeld, die Aufgabenbereiche, die Kundenanforderungen, die Lösungen und Produkte, die Schnittstellen, die Schwachstellen und die Stärken der einzelnen Call- Center-Mitarbeiter und hat sich als primus inter pares auch schon im Call Center etabliert. Aber kann er das Team anspornen? Kann er sich den erforderlichen Respekt verschaffen, sich durchsetzen - auch in brenzligen Situationen? Kann er mit dem Neid der anderen umgehen?
Aus persönlichen Erfahrungen weiß ich, dass es ehemalige Call-Center-Mitarbeiter gibt, die heute in ihrem eigenen Team gute Coaches sind. Als Tipp kann ich den Entscheidungsträgern ans Herz legen, geeignete externe Kandidaten und ihre internen Bewerber zu einem Assessment-Center einzuladen. So kann man erkennen, wie der interne Kandidat die Situation meistert.
Wichtig ist es auch, jedem Mitarbeiter im Call Center einen Personalentwicklungsplan aufzuzeigen: Nicht jeder kann Teamleiter werden, aber gut ausgebildete Agents können beispielsweise durch den Wechsel in andere Abteilungen das Gelernte weitergeben.
Die I and C AKADEMIE der Siemens AG Communication Networks (ICN) in München wurde 1998 gegründet. Das Schulungsangebot ist firmenspezifisch ausgerichtet. Die Einrichtung greift sowohl auf Siemens-interne Referenten aus Vertrieb, Kompetenzteams, Consulting und Produktgebieten als auch auf externe Schulungsprofis zurück. Die Akademie bietet Schulungen in unterschiedlichen Bereichen, u.a. gibt es ein spezielles Call-Center-Qualifizierungsprogramm.
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