WAP: Warten auf Popularität

02.06.2001 - Und wieder mal gilt: Nicht Technik, sondern Content ist King

Jeder kennt es, viele besitzen es, doch nur wenige nutzen es: das internetfähige Handy. Schade, sollte doch das Wireless Application Protocol (WAP) dem Mobiltelefon eine ganz neue Dimension, nämlich die eines attraktiven Informationsmediums, verleihen. Man rechnete mit einem Verbraucher, der immer und überall mit mobilen Services versorgt werden will, die Schlagworte "anytime, anywhere" wurden zum Synomym für die vermeintlichen Nutzerinteressen - doch die Realität sieht anders aus.

Die ersten WAP-Handys lagen wie Blei in den Regalen der Händler, galten im Allgemeinen als zu teuer, zu unkomfortabel und zu langsam. Inzwischen sind zwar deutlich mehr WAP-Handys im Umlauf, was sich jedoch eher damit erklären lässt, dass kaum noch andere Geräte hergestellt werden. Genutzt wird die inzwischen fast serienmäßige WAP-Funktion aber trotzdem kaum. Nach Erkenntnissen der Unternehmensberatung PricewaterhouseCoopers haben im vergangenen Jahr nur zwei Prozent der europaweit rund 11,8 Millionen WAP-Handy-Besitzer von der neuen Technik Gebrauch gemacht.
"Es wurden völlig falsche Erwartungen geschürt", moniert Anja Klein, Pressesprecherin bei Ericsson in Düsseldorf. "Es war immer vom ´Internet auf dem Handy´ die Rede, was so natürlich nicht stimmt. Man darf bei einem WAP-Handy, das in die Westentasche passt, nicht mit dem gleichen Komfort rechnen wie bei einem 14-Zoll-Monitor!" Das sei dennoch vielfach getan worden, und dementsprechend ärgerlich ist der Kunde über den langsamen Seitenaufbau und die dadurch entstehenden hohen Kosten. Des Weiteren habe es bislang an attraktiven Inhalten gefehlt, so Klein. Der Großteil des WAP-Content sei ziemlich "nüchtern und nutzenorientiert", der Entertainment- und Spaßfaktor werde dabei noch vernachlässigt.
"Die Branche hat den Fehler gemacht, WAP als Technologie zu vermarkten. Aber die Technik ist dem Kunden wurscht, ihm kommt es vielmehr auf ein persönliches Dienstleistungsportfolio an", erklärt Eva Heller, Pressereferentin bei Nokia Networks, die anhaltende WAP-Flaute.
Es geht also nichts über eine gute Vermarktung. Zu dieser Erkenntnis kommt auch PricewaterhouseCoopers. Die Werbung der Mobilfunkbetreiber konzentriere sich zu sehr auf den technischen Aspekt und gehe damit an den Bedürfnissen der Verbraucher vorbei. Außerdem wirkten Kürzel wie WAP und GPRS nicht gerade interessefördernd.
"Die Dienste sind das Zentrale!", weiß auch Eva Heller. Wichtig sei es, dass sie dem Kunden einen Mehrwert bieten und sich vor allem auch von den Services unterscheiden, die bereits - in sehr viel bequemerer Variante - im Internet angeboten werden. Brandaktuelle, regionale und saisonale Dienste müssen also her!
Aber der attraktivste und verbraucherfreundlichste Content nützt nur wenig, wenn die Technik nicht mitspielt. Mit dem Mobilfunknetz GSM lassen sich komplexe Mehrwertdienste eben nur schwer realisieren, hat die Vergangenheit gezeigt. Die Ladezeiten für eine Site sind derzeit noch immens langsam und machen das WAPpen, das pro Minute 39 Pfennig kostet, so zu einem recht teuren Vergügen. Mit dem neuen Übertragungsstandard GPRS sollte dann alles besser werden: die Ladegeschwindigkeit um ein Vielfaches schneller und das Preis-Leistungs-Verhältnis dazu noch fairer, schließlich zahlt der Kunde hier nur für die übertragenen Datenpakete. Der GPRS-Standard entpuppte sich gar als so anspruchsvoll, dass er aus der Testphase nicht mehr herauszukommen schien und - allen Ankündigungen zum Trotz - lange auf sich warten ließ. Inzwischen hat Motorola das erste GPRS-fähige Handy auf den Markt gebracht, Ericsson will Ende Juni mit zwei weiteren aufwarten.
Doch auch wenn die Endgeräte und der Übertragungsstandard eines Tages optimiert sind, bleibt es doch fraglich, ob den Deutschen das WAPpen jemals große Freude bereiten wird. Einer Studie von A.T. Kearney zufolge jedenfalls ist die Bereitschaft der Verbraucher, mobil einzukaufen, drastisch gesunken. Während im Jahr 2000 noch 32 Prozent der Befragten mittels Handy shoppen wollten, sind es nun gerademal zwölf Prozent. In Europa ist sogar 26 Prozent der befragten Konsumenten gar nicht klar, wofür sie WAP brauchen, so die Studie. Bleibt also zu hoffen, dass es den Mobilfunkbetreibern, den Endgeräteherstellern und Content-Anbietern doch noch gelingen wird, ihre junge Branche publikumswirksamer zu vermarkten. sam

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