02.06.2001 - Unternehmensberatungen betreiben Ursachenforschung
Dotcom-Sterben - und kein Ende. Es ist die Rede von einer Depression in der Neuen Wirtschaft, vom Ende des Internet-Booms. Schwarzmaler und Hellseher, die die Pleitewelle angeblich längst vorausgesehen haben, unken über das Ende der Start-up-Szene und geben sich für Interviews in den Redaktionen die Klinke in die Hand. Tatsächlich sieht´s derzeit nicht besonders rosig aus: Allein die US-Internet-Plattform webmergers.com zählte in den vergangenen zwölf Monaten weltweit 493 gescheiterte Start-ups, 269 davon in diesem Jahr und rund elf Prozent in West-europa. Grund genug für zahlreiche Unternehmensberatungen, nun einmal Ursachenforschung zu betreiben.
Die international tätige Unternehmensberatung Arthur Andersen zum Beispiel macht neben der Naivität der Gründer auch deren fehlenden Glauben an das eigene Geschäftsmodell sowie Fehler im Personalmanagement für das Scheitern verantwortlich. Professor Dr. Bernd Skiera, Lehrstuhlinhaber für E-Commerce an der Uni Frankfurt, sieht´s eher rational und führt die fehlenden Gewinne als Hauptgrund für die Pleiten ins Feld: "Ein Großteil der Start-ups lebte davon, regelmäßig refinanziert zu werden. Ihre Geschäftsmodelle sahen dabei vor, dass erst Jahre nach der Gründung schwarze Zahlen geschrieben werden. Das konnte auf Dauer nicht gut gehen", so der Professor.
Die Münchner Bain & Company hat aufbauend auf ihrer Studie OneEconomy I im März eine zweite Untersuchung veröffentlicht, für die 221 vorbörsliche E-Business-Start-ups befragt wurden. Was dabei herausgekommen ist, macht den Eindruck, als hätte es die Diskussionen um falsch eingeschätzte Märkte, unrealistische Zuwachsprognosen und fehlende Gewinne nie gegeben. Obwohl lediglich acht Prozent der Web-Enabler, fünf Prozent der B-to-B- und nur zwei Prozent der B-to-C bzw. C-to-C-Unternehmen profitabel arbeiten, sehen die Companies als erste große Herausforderung die Internationalisierung - koste sie, was sie wolle.
Weit entfernt scheinen die Unternehmer auch von der realistischen Einschätzung ihres Umsatzzuwachses, schätzen sie doch Steigerungen von bis zu 400 Prozent als machbar ein. Dabei hoffen sie auf strategische Partnerschaften mit der so genannten Old Economy, die sich indes selbst noch eine mangelnde E-Business-Fitness attestiert. 2001, so die Studie, wird die Wirklichkeit auch diese Start-ups einholen - nicht zuletzt wegen der extrem dünnen Kapitaldecke. Daran wird sich auch künftig wenig ändern, denn die Gunst der Venture Capitalists gegenüber der New Economy ist stark gesunken. Hieß es vor zwei Jahren zur Begrüßung statt "Guten Tag" noch "Und demnächst gehen wir an die Börse", schaffen heute lediglich gut positionierte Unternehmen die zweite Finanzierungsrunde.
Bei den Erstfinanzierungen scheinen die Kapitalgeber aktuell eher Stacheldraht denn Beteiligungskapital in den Taschen zu haben. "Gute Chancen für eine Erstrundenfinanzierung haben heute nur noch Teams, die nachhaltige Erfahrungen vorweisen können", sagt Dr. Axel Goehler, Vorstand der Hamburger Newmex AG, die auf Beratung und Frühphasenfinanzierung in der New Economy spezialisiert ist. "Diese Erfahrungen können auch durch Business Seniors eingebracht werden, die das Geschäft schon einmal in der Old Economy gemanagt haben." Für eine erfolgreiche Zweitrundenfinanzierung hält Goehler die Einhaltung der Business-Pläne und den sichtbaren take-off der Geschäftsidee für unerlässlich. "Wenn die Investoren der ersten kein Interesse an der Teilnahme der zweiten Runde haben, ist das meist kein gutes Zeichen ..."
Gute Chancen haben laut Bain & Company jene Unternehmen, die ihr Handwerkszeug beherrschen und die grundsätzlichen Regeln des Erfolgs beherzigen. Hierzu zählen laut Studie eine optimierte Organisation ebenso wie ein effizientes Marketing, die Gewinnung kompetenter Köpfe, produktive Partnerschaften und das Meistern des hohen Wachstumstempos. Darum wagt Roman Zeller, Partner bei Bain & Company auch die Prognose: "Mit dem Abschied von New-Economy-Illusionen und der Anerkennung der Realitäten wachsen nicht nur die Aussichten der Start-ups, die vor ihnen liegende Durststrecke bis zum Break-even zu meistern, sondern auch die Chancen, dass die junge Internetszene und die etablierte Wirtschaft zur One Economy zusammenwachsen." cb
Fünf Wege zum Erfolg:
1. Beherrschung des Wachstumstempos:
Entscheidend ist nicht "Time to Market", sondern die Zeit, um zuverlässige, in bestehende Geschäftsprozesse integrierte Systeme zu etablieren, sowie "Time to Profitability". Schlüssel für das schnelle Erreichen der Gewinnschwelle iåst die Stärkung der Kundenbindung, nicht teure Neukundengewinnung.
2. Gewinnung kompetenter Köpfe: Die Start-up-Stars sind erfolgreicher in der Personalakquisition. Erfahrung wird hoch geschätzt: Manager mit Berufserfahrung sind ebenso auf dem Vormarsch wie so genannte Seriengründer.
3. Produktive Partnerschaften: Kooperationen und Allianzen mit Unternehmen, die über komplementäre Fähigkeiten verfügen, können erheblich zum Erfolg beitragen. Voraussetzung dafür sind klare Vereinbarungen und realistische Erwartungen.
4. Effizientes Marketing: Die Besten ziehen aus jeder Mark, die sie in Werbung und andere Marketingmaßnahmen investieren, einen deutlich höheren Umsatznutzen als der Start-up-Durchschnitt.
5. Optimierte Organisation: Mit zunehmender Größe müssen in die Start-ups professionelle Strukturen einziehen, ohne dass ihre Stärken - Teamgeist, Offenheit und Eigenverantwortung - verloren gehen.
Quelle: Bain & Company, Studie: One Economy 2 - Die neuen Realitäten
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