Von neuen, digitalen und wirksamen Agenturkonzepten

19.05.2011 - Aus der Fülle an Werbeagenturen herauszustechen ist schwierig. Eine Agentur neu zu gründen, kann heute schon gar als riskant bezeichnet werden, denn Kreativschmieden müssen sich aktuell permanent überlegen, wie sie sich aufstellen.

Hinzu kommt, dass es das "Alleinstellungsmerkmal für eine Agentur" im Grunde nicht mehr gibt. Dennoch haben zu Beginn des Jahres wieder einige Agenturen firmiert, die mit unterschiedlichen Ansätzen versuchen, besonders zu sein und sich von der Fülle an bereits bestehenden Angeboten abzuheben.

Kreativität trifft Vertriebs-Know-how
Bei "Neues aus Hamburg" soll der Name Programm sein. Was als Titel einer Präsentation begann, hat sich inzwischen zu einer neun Mann starken Agentur entwickelt, die sich ambitionierte Ziele gesteckt hat. Aber der Reihe nach: Geleitet wird Neues aus Hamburg von den drei Geschäftsführern Frank Bannöhr, Daniel Frericks und Martin Dess. Bannöhr war zuvor 15 Jahre bei Kempertrautmann, Frericks kommt von Jung von Matt. Martin Dess hat neben Neues aus Hamburg eine zweite Agentur: Dessign.
"Zusammen entwickeln wir schlaue Lösungen und Konzepte für Marken", sagt Bannöhr über den Ansatz von Neues aus Hamburg. Durch den Anschluss an Martin Dess´ zweite Agentur Dessign könnten die Kreativen ihren Kunden über die Kreation von Kommunikationsmaßnahmen hinaus Vertriebs-Know-how anbieten. "Das unterscheidet uns von anderen Kreativagenturen, denn neben der reinen Kommunikation unterstützen wir Auftraggeber auch durch Vertriebsmaßnahmen dabei, den Verkauf ihrer Produkte zu beschleunigen."

Als Ziel haben sich die Hamburger einiges vorgenommen, denn sie wollen 2012 am besten zur Newcomer-Agentur des Jahres aufsteigen. Geschäftsführer Bannöhr hält dies für schaffbar: "Derzeit herrscht bei uns Gründerstimmung. Alle Mitarbeiter geben Gas und wollen durchstarten." Das haben offenbar auch die ers­ten Kunden gemerkt. So konnte das Team aus Hamburg neben dem Murmann-Verlag, für den es ein Designcover entwickelt, auch jüngst den Caravan-Anbieter Hymer gewinnen. Die Einführungskampagne umfasst neben klassischen Maßnahmen, PoS-und Online-Aktionen auch die Entwicklung einer Broschüre. "Natürlich wollen wir an die großen Marken ran, aber ich glaube, dass auch der Mittelstand eine kleine, feine Truppe zum Markenaufbau benötigt." So will die Agentur in diesem Jahr noch weitere Kunden gewinnen, dabei aber gesund wachsen und eine eigene Unternehmenskultur entstehen lassen.

"Digital first - analog next"
Um zu erklären, wie "Haasenstein" entstanden ist, muss Matthias Wagener, Chef der neuen Kreativtochter von SinnerSchrader, weiter ausholen - und bei der Mutter beginnen: "In den letzten Jahren haben sich unsere Aufgaben bei SinnerSchrader stark erweitert. Zwar macht die Entwicklung von E-Commerce-Plattformen noch rund 50 Prozent unserer Arbeit aus, aber mit dem dramatischen Bedeutungszuwachs der digitalen Kanäle braucht jede erfolgreiche Marketingstrategie eine klare Verankerung in der digitalen Welt. Daher nimmt auch die Nachfrage nach entsprechenden Beratungsleistungen bei uns immer stärker zu."

Da die Kompetenzen bei dem Hamburger Unternehmen jedoch anders gelagert sind, entschied man sich im vergangenen Jahr bewusst dafür, mit Haasenstein ein eigenständiges Unternehmen auszugliedern. So ist denn auch Wagener der Einzige in der neuen Agentur, der seine Wurzeln bei SinnerSchrader hat. Timm Hanebeck, mit dem er sich den Chefposten teilt, war lange Zeit auf der Kreativseite für Jung von Matt tätig. [f1] Auch die meisten der bisher acht Mitarbeiter stammen aus klassischen Kreativagenturen. Bis Ende 2011 soll das Haasenstein-Team rund 20 Mitarbeiter haben. Wagener glaubt, dass er und Hanebeck für einen neuen Typus Kreativagentur stehen. Ihr Anspruch ist es - ganz unbescheiden -, die "erste wirklich digitale Werbeagentur" zu sein. Denn Haasenstein will Kreation immer unter dem Leitspruch "digital first - analog next" schaffen.

Ausdrücklich heißt das für Wagener, dass es nicht nur Kreation in den digitalen Medien geben wird. "Selbstverständlich machen wir auch Anzeigen, Plakate oder einen TV-Spot, wenn wir es für richtig halten. Klassik ist immer ein Teil der kommunikativen Möglichkeiten." Generell wolle man bei Haasenstein aber Kreation aus einem starken Beratungsansatz heraus entwickeln und nicht nur nach einem klassischen Briefing. "Als Erstes gilt es für uns immer, das Markenerlebnis zu fassen und zu differenzieren. Dafür müssen wir uns ansehen, was die Kunden in der digitalen Welt mit der Marke verbinden und was die Marke den Kunden im Gegenzug als Mehrwert bieten kann." Die beiden Haasenstein-Chefs suchen dabei nicht nach der großen Idee, "sondern nach der Relevanz und der Verankerung von Marken und Produkten im digitalen Alltag der Konsumenten".

Beim Start-Kunden Tuifly.com konnte die Agentur bereits den Gesamtetat ergattern. "Wir übernehmen für Tuifly.com sämtliche Kommunikation. Das heißt online wie offline. Derzeit arbeiten wir gerade an der Umsetzung, die man bereits in wenigen Wochen zu sehen bekommt", erklärt Wagener. Bleibt noch die Namensfrage: Ferdinand Haasenstein gründete 1855 die erste deutsche Werbeagentur in Hamburg und bot Firmen in der Industrialisierung neue Kommunikationsformen an. Die Zeiten ähnelten sich, so die Begründung der Agentur. Als Erben verstehe man sich aber nicht.

[b]Wirksamkeit als oberstes Prinzip[/b]
Auch die Agentur "Blumberry" beansprucht für sich, anders zu agieren als andere Kreativschmieden, und betrachtet ihr Agenturmodell durchaus als eines der Zukunft. "Die meisten Agenturen verkaufen gerne Services, die komplett aus ihrem eigenen Haus stammen", sagt Dr. Lutz Meyer, Geschäftsführer von Blumberry. Problematisch an diesem Vorgehen sei jedoch, dass sie bei Auftragseingang schnell an ihre Grenzen stoßen würden und bei Flaute direkt viel Personal entlassen müssten. Außerdem sei das objektiv beste Know-how nicht für alle Aufgabenstellungen immer zwingend in einer Agentur vorhanden. "Wir arbeiten deshalb nach dem 60/40-Prinzip: 60 Prozent feste Mitarbeiter, 40 Prozent Freie und Partner." So erhielten Kunden immer das beste Konzept, die Agentur bekomme stets neue Impulse von außen und auch langfristige Kundenbeziehungen würden nicht ermüden.[f3] Auch das Verhältnis von Kreativität und Wirksamkeit wird laut Meyer bei Blumberry großgeschrieben: "Nur eine wirksame Idee ist auch eine gute." So sei bei einem Großteil der Agenturen die Erfolgsmessung der Kommunikation heute noch sehr unterentwickelt. Blumberry bewerte den Kommunikationserfolg sehr genau und optimiere schwächere Maßnahmen, damit auch sie, laut Meyer, nachweislich den bes­ten Erfolg bringen. Dafür hat die Agentur eigenen Angaben zufolge 50 Messpunkte entwickelt, mit deren Hilfe sich Kommunikationserfolg sinnvoll bewerten lassen soll.

"Dieses Verfahren garantiert dem Kunden nur die höchste Wirksamkeit und Effizienz. Und es harmonisiert die Sichtweise auf Strategie und Abläufe von Kampagnen, denn Agentur und Kunden bewerten auf Basis der gleichen Ziele." Effizienz brauche Kreativität, heute mehr denn je. Aber Kreativität dürfe kein lustiges Strohfeuer sein, sondern müsse sich an ihrer Wirksamkeit messen lassen.

Zu den ersten Kunden der Agentur gehören unter anderem Lufthansa, Tchibo, EADS, Gallup, der Handelsverband Deutschland und der Bundesverband der Deutschen Industrie. Hinsichtlich der Vergütung will Blumberry ebenfalls neue Wege gehen. So gibt es bei Zielerreichung das volle Honorar, bei deutlicher Übererfüllung einen Aufschlag und bei schlechter Wirkung einen Abschlag. Das ist laut Meyer fair und motiviere Mitarbeiter, die sich vor allem den Zielen des Kunden verpflichtet fühlten. Auch eine klassische Agenturhierarchie sucht man bei Blumberry vergeblich. "Bei uns gibt es keine klassischen Abteilungen mehr und übrigens auch kein Monopol der Art-Direktoren und Texter auf das Wort ,Kreative`. Denn Strategen, PR-Berater, Planer und Online-Konzepter sind ebenfalls kreativ."

[b]Vom Willen des "Anders-sein-Wollens"[/b]
"Karl Anders" heißt das neueste Projekt von Claudia Fischer-Appelt und soll Anlässe schaffen, um, wie sie es sagt, aus Konsumenten Fans zu machen. Die ehemalige Gründerin der Designagentur Ligalux hat sich dafür mit dem Texter Jan Schlomo Knopp und dem Berater Lars Kreyenhagen zusammengetan. Gemeinsam entwickeln sie unter dem Dach von Karl Anders Formate, die Menschen involvieren und sie zu einem Teil einer Geschichte machen sollen, die man gern weitererzählen möchte.

Wie es zum Namen kam? Ganz einfach: "Der Name ist abgeleitet vom `Kongress von Anders`, einer Veranstaltung, die wir erstmals in unserer Dreierkonstellation 2010 entwickelt haben", sagt Fischer-Appelt. Die Veranstaltung kann als Festival für Kunst, Design, Theater, Film, Illustration, Musik, Literatur, Performan­ces und Aktionen verstanden werden. Außerdem sei Karl Anders "die kollektive Identität von uns drei Gründern und schafft Vertrauen und Nähe, weil man das Gefühl hat, Karl Anders schon lange zu kennen", so Fischer-Appelt weiter.[f2] "Wir glauben an die Kraft von Innovationen und Experimenten, weil sie die Veränderungen schaffen, die wir jetzt in der Kommunikation brauchen", sagt Fischer-Appelt. Die Agentur will Marken und Produkten helfen, Anerkennung bei der Zielgruppe zu erreichen. Um das zu schaffen, bedient sie sich laut Fischer-Appelt der gesamten Palette an Kommunikationsmaßnahmen wie beispielsweise Design, Public Relations, Live-Kommunikation, Werbung und Social Media.


"Wir wollen anders sein und suchen Kunden und Projekte, mit denen man neue Wege gehen kann", sagt Fischer-Appelt. Was damit gemeint ist, zeigt auch ein Blick auf die von den Gründern für 2011 angekündigten neuen Formate. Neben einem erneuten "Kongress für Anders" kündigt Fischer-Appelt auch Veranstaltungen an wie "Spam-Slam-Open - präsentiert von Viagra, Visa und der National Bank of South Africa", "Wissen sitzt - das Format, um Wissen von Wirtschaftsverbrechern anzuzapfen" sowie einen "Experten-Gipfel - Senioren geben ihr Wissen an Kinder und Jugendliche weiter". (sl/kb)

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