Fit für die Zukunft des Fernsehens

Als die Bilder laufen lernten, gab es noch kein Internet: Die erste große Filmvorführung vor Publikum fand am 28. Dezember 1895 im Grand Café am Boulevard des Capucines in Paris statt. Mehr als ein Jahrhundert später ist Fernsehen nahezu immer und überall möglich und verlagert sich aktuell verstärkt ins Web. "Es reicht aber nicht, Fernsehen eins zu eins ins Web zu übertragen", sagt Andreas Türck. Der ehemalige Pro- Sieben-Moderator hat vor gut einem halben Jahr gemeinsam mit der Hamburger Agentur Pilot das Unternehmen Pilot Entertainment gegründet, das eigene Web-TV-Formate konzipiert und entwickelt. Pilot arbeitet dabei nicht mit externen Experten zusammen, sondern kann alle Leistungen aus einer Hand liefern. "Wir arbeiten an Formaten, die dem Internet gerecht werden: Das oberste Gesetz des Internets ist, dass ich als User daran teilnehmen kann." Türck geht davon aus, dass Web-TV dem traditionellen Fernsehen längst den Rang abgelaufen hat. "Ich selbst sehe kaum noch fern. Da passiert einfach viel zu wenig live." Als Kunden hat Pilot Entertainment Unternehmen queerbeet durch alle Branchen im Visier, vor allem aber auch Verlage. Türck: "Auf der Spielwiese der Digitalisierung gibt es noch viel zu entdecken. Hier betreten wir, vor allem aber auch die werbungtreibenden Unternehmen, Neuland."

Was dem Web-TV vor allem noch fehlt, sind laut Türck Persönlichkeiten, die Vertrauen schaffen, dem Format Struktur und dem User Anleitung geben. "Sender brauchen Gesichter - das Gesetz bleibt immer, egal, wo man sendet." Pilot-Geschäftsführer Klaus Ahrens betont: "Einfach nur Filmchen einstellen ist nicht genug. Der Content sollte mit intelligenten Marketing-Maßnahmen verknüpft sein." Werbung im interaktiven Fernsehen hat für Werbungtreibende seines Erachtens vor allem einen Vorteil: "Im Web kann man viel besser messen, wer wie lange was macht, als in Fernseh-Werbeblöcken. Und während in den klassischen Medien von Kontaktchancen gesprochen wird, handelt es sich im Internet um echte Kontakte."Den Fokus auf Online-Videos legen will künftig auch verstärkt Scholz & Friends. Dazu hat die Agentur die Unit Corporate Broadcasting gegründet. "Die Zukunft des Fernsehens findet außerhalb des Fernsehers statt", ist sich Unit-Chef Marc Schwieger sicher. "Marken werden zu Sendern im Internet, und dort laufen Verkaufen und Unterhaltung nicht mehr getrennt, sondern kommen aus einer Hand." Für sein Team setzt Schwieger "auf eine Mischung von Kollegen mit Erfahrung aus der klassischen Werbung und Leuten, die bereits Fernsehen gemacht haben". Für seine Kunden will Scholz & Friends vor allem Clips konzipieren, die für adressierte Zielgruppen interessant sind und nutzerfreundlich geordnet werden. "Anders als im Fernsehen muss hier niemand ein Werbeblockmarathon durchhalten." Auf Seiten der Internet-Distribution arbeitet Scholz & Friends mit dem Internet-Dienstleister Core Media zusammen.

Die Hamburger Agentur Kolle Rebbe hat aktuell ihre Teams Online und Film, Funk, Fernsehen (FFF) zusammengelegt - ebenfalls mit dem Ziel, auf das immer stärkere Zusammenwachsen von Internet und TV zu reagieren. "Wir wurden von unseren sämtlichen Kunden auf das Thema angesprochen, wie man besser im Umgang mit interaktiven Medien werden kann." Dazu zählen Auftraggeber wie Otto, ZDF, Navigon, Bionade oder die CDU.

Agency-Producer Henning Stamm sieht die Zukunft von interaktiver Produktwerbung im Internet vor allem darin, dass der User "das Gefühl exklusiver Beratung hat". Bei produkterklärenden Filmen ist laut Stamm nicht das Targeting entscheidend, sondern "dass das Produkt von vertrauenswürdigen Personen erklärt wird und der Konsument die Gewiss-heit hat, dass er einen sicheren und seriösen Kaufprozess durchläuft". Bei Formaten, die unterhalten sollen, sei es umso essenzieller, die Zielgruppen herauszufiltern. "Außerdem kommt es hier vor allem auf Verfügbarkeit on demand sowie schnelle und kurze Informationen an." eaz