Agiler Riese: Amazon schöpft Geschäftspotenzial aus

03.04.2008 - Der E-Commerce-Konzern Amazon vergrößert laufend sein Produkt- und Dienstleistungsportfolio. Mit dieser Taktik hat er im Jahr 2007 in Deutschland mehr als eine Milliarde Euro erwirtschaftet.

Amazon hat 2007 in Deutschland mit seinem Umsatz erstmals die Eine-Milliarde-Euro-Grenze überschritten. Mehr als zehn Prozent habe die deutsche Niederlassung zum Gesamtumsatz des Unternehmens beigetragen, so Ralf Kleber, Geschäftsführer Amazon Deutschland. Auch wenn der starke Euro dabei mitgeholfen hat, so ist dies dennoch ein Erfolg. Wie gelingt es dem Unternehmen, so beständig zu wachsen?


Nicht mehr nur Online-Händler
Die Interessen seiner Kunden, wie Kleber nicht müde wird zu betonen, stünden stets im Mittelpunkt seiner Arbeit. Was den meisten Endverbrauchern nicht klar sein dürfte: Amazon ist schon lange nicht mehr der reine Web-Händler, als der er gestartet ist. So macht der Konzern sein Geld nicht mehr ausschließlich mit Online-Shoppern. Seitdem Amazon mit dem Marketplace seine Verkaufsplattform für externe Verkäufer geöffnet hat, wächst das Geschäft mit anderen Händlern. Und das Unternehmen sucht unablässig weiter nach Möglichkeiten, wie es von seiner Infrastruktur, seinem Wissen und seinen Technologien noch besser profitieren kann.

Dabei geht der Konzern einen Schritt, der zwar logisch, aus Unternehmerperspektive aber trotzdem radikal erscheint: Amazon bietet all sein Wissen und Können der Konkurrenz an - gegen Entgelt. So können im Rahmen von Amazons neuestem Coup Fulfillment by Amazon (FBA) jene externen Händler, die über die Amazon-Online-Plattform verkaufen, die Logistik- und Lager-Dienstleistungen von Amazon nutzen. Gegen Gebühr holt Amazon die Waren ab, lagert sie, liefert sie an den Käufer aus und übernimmt sogar die komplette Kundenbetreuung. "Der Kunde soll bei Amazon einfach das finden, was er sucht, und nicht nur das, was wir anbieten", so Kleber. "Wir sehen darin keine Gefahr der Schwächung des eigenen Geschäfts."

Die Branche wertete Amazons Pläne einmütig als Angriff auf die Online-Verkaufsplattform Ebay. Die hat in Deutschland gerade die Einstellung von Ebay Express, dem Programm zum Verkauf von Neuwaren, angekündigt. Kleber scheint sich den Luxus leisten zu können, sich nicht für Mitbewerber interessieren zu müssen - auf die Konkurrenz schaue man nicht: "Wir legen den Fokus auf den Kunden."

Wie konsequent Amazon aber nicht nur in seiner Fokussierung der Kundeninteressen ist, sondern auch in seinen Bemühungen, sein gesamtes Geschäftspotenzial auszuschöpfen, wird an der Ankündigung von Basic Fulfillment deutlich. Damit will Amazon die Abwicklung der Logistik und des Kundenservice sogar für Fremdanbieter übernehmen, die ihre Angebote gar nicht mehr über die Amazon-Plattform anbieten.

Für die neuen Dienstleistungen öffnet Amazon auch seine technischen Schnittstellen. Mit dem ergänzenden Fulfillment Web Service können die Verkäufer den Auftrag sowohl zur Abholung als auch zur Auslieferung der Ware über die Software von Amazons IT-Sparte Web Services erteilen.


Amazon im Wandel
Das Produktportfolio der Web Services ist ebenfalls ein eindrucksvoller Beleg dafür, in welchem Maß sich Amazon zum Dienstleister gewandelt hat. "Wir kommen zwar immer noch vom E-Commerce her, bieten aber am Rand schon viele andere Dienstleistungen an", so Kleber. Mit Simple Storage Services (S3) und der Elastic Compute Cloud (EC2) ermöglicht Amazon etwa Datenspeicherung im Internet. Näher am Kerngeschäft des Konzerns sind etwa die Dienstleistungen der Tochter Amazon Enterprise Solutions, deren E-Commerce-Software beispielsweise von Marks & Spencers oder dem großen US-Online-Händler Target.com genutzt wird.

Die genannten Beispiele machen Amazons Wandel vom reinen Händler hin zum Dienstleister deutlich. Der Konzern wirkt kaum fass- und überschaubar. "In der Tat bieten wir eine sehr große Bandbreite an. Wir wollen einfach alles im Netz verkaufen, was der Kunde dort sucht", so Kleber. Bedenken, sich durch solch eine breite Aufstellung zu verzetteln oder die Marke zu verwässern, hat Kleber nicht. "Wir haben viele Theorien darüber gehört, wie breit oder eng man sich aufstellen sollte. 76 Millionen aktive Kunden geben uns Recht."


Was bringt die Zukunft?
Auch Amazons Homepage befindet sich im stetigen Wandel. So hat Amazon gerade das neue Design der US-Website auf seine deutsche Seite übertragen. Produktrezensionen finden neuerdings im Blog-Format statt. "Da gehen wir mit der Zeit", so Kleber.

Eng am Puls der Zeit ist das Unternehmen mit der US-Stammplattform, die offenbar das generelle Versuchsgelände für neue Dienste und Angebote ist. Dort testet Amazon mit Product Ads etwa Produktanzeigen von anderen Händlern. "Wir wollen den Kunden helfen zu finden, was sie suchen - wenn nicht bei uns, dann bei anderen", sagt Kleber dazu.Weiteres Beispiel: Amazons Engagement im Bereich Social Commerce. Über das neue Angebot Friends and interesting people können sich die Surfer bei Amazon mit anderen Nutzern vernetzen und sehen, welche Produkte diese empfehlen. Außerdem plant das Unternehmen dem Augenschein nach Customer Communities mit entsprechenden Diskussionsforen. Bei der Informationspolitik dazu ist Amazon eher zurückhaltend. Die neuen Dienste werden ohne offizielle Pressemeldung online gestellt und den Kunden zum Ausprobieren zur Verfügung gestellt.

Steht Amazon also den Möglichkeiten des Web 2.0 positiv gegenüber? "Ich stehe den Möglichkeiten der Amazon-Plattform positiv gegenüber", grenzt Kleber ein. Darüber, ob die genannten Neuerungen in Deutschland starten sollen, schweigt sich Amazon aus. Sicher scheint nur, dass der E-Commerce-Markt mit einem solch experimentierfreudigem großen Player wie Amazon spannend bleiben wird. "Wir lassen von uns hören", so Kleber. (re)

Ihr Guide im New Marketing Management - ab 6,23 im Monat!

Hat Ihnen diese Beitrag weiter geholfen? Dann holen Sie sich die ONEtoONE-Premium-Mitgliedschaft. Sie unterstützen damit die Arbeit der ONEtoONE-Redaktion. Sie erhalten Zugang zu allen Premium-Leistungen von ONEtoONE, zum Archiv und sechs mal im Jahr schicken wir Ihnen die aktuelle Ausgabe.

Diskussion:
www.hightext.de

HighText Verlag

Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling

Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de

Kooperationspartner des

Folgen Sie uns:



Besuchen Sie auch:

www.press1.de

www.ibusiness.de

www.neuhandeln.de