27.10.2006 - Ein Gastbeitrag von Dr. Christian Bachdem, geschäftsführender Gesellschafter der Berliner Strategieberatung Companion
Betrachtet man die Entwicklung der Online-Werbung in den vergangenen zehn Jahren, so scheint es auf den ersten Blick keine fundamentalen Veränderungen gege-ben zu haben. Die um die Jahrtausendwende vielfach tot gesagten Banner gehören immer noch zum Standardrepertoire.Auf den zweiten Blick wird deutlich, dass diese Urform der Online-Werbemittel abgelöst wird durch großflächigere Formate. Zudem - dank der gestiegenen Bandbreite - werden immer häufiger Werbevideos in Form von Web-clips eingesetzt. Genauer betrachtet, bleibt es jedoch bei Banner-Werbung mit neuen, multimedialeren Mitteln. Erst ein weiterer Blick offenbart, wo die relevanten Veränderungen und Potenziale der Online-Werbung liegen.
Dabei fällt eine Werbeform ins Auge, die 1996 noch nicht existierte und die inzwischen bald die Hälfte der Online-Werbeausgaben verbucht: Keyword Advertising. Im Gegensatz zu Bannern, Rectangles oder Webclips bezieht Keyword Advertising den Nutzer und seine Interessen unmittelbar ein - und zwar bereits bei der Einblendung der Werbebotschaft. Nur Botschaften, die auf Basis einer Suchanfrage für den Nutzer bedeutsam sind, werden angezeigt. Die Präzision und Attraktivität des Keyword Advertising beruht somit auf der Beteiligung des Nutzers.
Dieses Prinzip macht sich auch das so genannte Behavioral Targeting zunutze. Bei dieser Form der verhaltensbezogenen Darreichung von Online-Werbung werden nur Werbemittel ausgeliefert, die dem Nutzungsprofil des Umworbenen am nächsten kommen. Im Gegensatz zum Keyword Advertising ist dem Nutzer jedoch nicht bewusst, dass die Werbung durch sein Zutun, seine Beteiligung ausgewählt wird. Auch wenn sich Behavioral Targeting und Keyword Advertising nicht für alle Kampagnenzielsetzungen eignen mögen: Sie beschreiben doch einen grundsätzlichen Umbruch in der Online-Werbung, ja in der Werbung überhaupt.
An die Stelle der Aufmerksamkeitsökonomie mit ihrem Credo der Kontaktmaximierung ("War for eyeballs") tritt die Beteiligungsökonomie. Nun geht es nicht nur darum, Nutzer möglichst zielgenau zu erreichen, sondern sie aktiv einzubeziehen und sie zum Teil des Angebotes werden zu lassen, bewusst oder unbewusst.
Im E-Commerce ist das bereits gang und gäbe; wir kennen verschiedene Formen der Nutzerbeteiligung: die von Lesern verfasste Buchrezension bei Amazon oder die Bewertung des Verkäufers durch den Käufer bei Ebay. Beiden gemein ist, dass sie den aktiven Nutzer emotional an die E-Commerce-Plattform binden und zugleich dazu beitragen, der Masse der Shopper ein verbessertes Einkaufserlebnis zu bieten. Die neue Beteiligungsökonomie beruht auf derartigen Beteiligungsarchitekturen. Für die Online-Werbung heißen sie Keyword Advertising und Behavioral Targeting.
Die neuen Möglichkeiten und Herausforderungen, die die Beteiligungsökonomie für Werbung und Marketing bereithält, sind keinesfalls auf das Internet oder gar das Web beschränkt. Im Zuge der Digitalisierung und Vernetzung ergreifen sie nach und nach die klassischen Medien, zuvorderst das Fernsehen. Wenn heute "Web 2.0" in aller Munde ist, so wird man in nicht allzu ferner Zukunft von Internet 2.0 als einem Netz digitaler Medien sprechen können. Ob dann noch von "Online-Werbung" die Rede ist?
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