Internationale Strategien: Wer das Rennen in Europa macht

04.08.2005 - Die EU-Mitgliedsstaaten stolpern im Gleichschritt in Richtung Binnenmarkt -
die Deutsche Post will an die Spitze

Kommt sie oder kommt sie nicht? Die spannendste Frage auf dem europäischen Binnenpostmarkt lautet zurzeit: Wann legt sich die Union auf ein verbindliches Datum für die vollständige Aufgabe der Exklusivlizenz fest? Ursprünglich für 2003 geplant und auf 2009 verschoben, scheint nach dem Beittritt der zehn neuen EU-Mitglieder wieder alles offen zu sein. Lange stritten die progressiven skandinavischen Länder nebst Großbritannien, Deutschland und den Niederlanden gegen den Süden. Die vertraute Konfliktlage hat sich nun in Ost-West-Richtung gedreht. "Die neuen Mitglieder sind noch nicht so weit", sagt Rudolf Pfeiffer vom BVdKEP.

Lediglich Estland hat seinen Postmarkt bislang vollständig geöffnet, Polen dagegen verteidigt sein Monopol auf alle Sendungen bis zu 350 Gramm per Ausnahmeregelung bis Anfang 2006. Dann schrumpft auch dort das Briefmonopol auf Briefe unter 50 Gramm. In ihrer Sonderrolle gerät mittlerweile auch die Schweizerische Post mit ihrem Monopol auf alle Sendungen bis zu 1.000 Gramm zunehmend unter Druck. Immerhin senken die Eidgenossen ihren Monopolbereich 2006 auf 100 Gramm, abgehende Auslandspost ist freigegeben. Es gilt als realistische Perspektive, dass Kommission und Parlament die Gewichtsgrenzen für die Exklusivlizenz noch einmal auf 20 Gramm senken und die Aufhebung auf 2012 verschieben.

Fest steht lediglich, dass die EU 2006 neue Vorschläge präsentiert.
Dabei ist die Union auf einem guten Weg. Zwei der drei liberalen Postmärkte auf der Welt liegen in Europa: Außer in Neuseeland sind einzig und allein die schwedischen und estnischen Postdienstleister von den leidigen Gewichtsgrenzen der Exklusivlizenzbefreit. Das gilt zwar auch für finnische Briefdienste, dafür werden auf dem dünn besiedelten Markt die Lizenzen äußerst restriktiv vergeben.

Alles schaut auf Großbritannien Mit größter Spannung verfolgt die Branche derzeit die Entwicklung in England. Am 1. Januar 2006 fällt die letzte Exklusivlizenz auf dem zweitgrößten europäischen Postmarkt: in Großbritannien. Auf der britischen Insel, wo täglich 70 Millionen Sendungen verschickt werden, sind Auslandssendungen, Mailings, Massensendungen und Konsolidierer bereits von allen staatlichen Regelungen befreit. Die so genannte letzte Meile liegt noch immer fest in der Hand der Royal Mail. "Die transportiert zu Dumpingpreisen von acht bis zehn Cent", berichtet Rolf Schlosser von der Axel-Springer-Tochter Punkt Direkt. "Kein Wunder, dass Briefdienste auf diesem Markt nicht erfunden worden sind, da gibt es nur Konsolidierer."

Folgen werden aller Voraussicht nach Deutschland und die Niederlande. Bis Jahresende gilt für Standardbriefe die Gewichtsgrenze von 100 Gramm - wie in den meisten EU-Ländern. Fast alle planen die Absenkung auf 50 Gramm Anfang 2006. Nur Deutschland hat bisher per Postgesetz die vollständige Liberalisierung 2008 beschlossen. Die Niederlande wollen 2007 liberalisieren - vorausgesetzt, Deutschland und Großbritannien haben es bis dahin getan. "Insgesamt müssen wir darauf achten, dass die Liberalisierung weitgehend im Gleichschritt erfolgt", sagt DPAG-Briefvorstand Reinhold Pranke. "Es ist nicht einzusehen, dass französische Unternehmen im deutschen Postmarkt aktiv werden können, während die Monopolregelungen dies andersherum für deutsche Postdienste in Frankreich verhindern", bekräftigt Eugen Pink vom DPAG-nahen Bundesverband Deutscher Postdienstleister in Bonn.

"International wird es mittelfristig zu einer Konzentration der Wettbewerber kommen", meint Oliver Schleiss von der französischen La Poste. Doch wo es möglich ist, jagen die Universaldienstleister schon jetzt in den Revieren ihrer europäischen Nachbarn - zumindest die, die es sich leisten können. Beispiel Deutsche Post: Im Zuge der Internationalisierung akquiriert der hoch liquide Konzern systematisch ganze Postdienste oder Beteiligungen in fast allen Ländern der Welt. "Bis dato unterhält unsere internationale Brieftochter DHL Global Mail Direktverbindungen in über 200 Länder", so Pranke. Laut BVDP ist die DPAG, die 2004 bereits 48 Prozent ihrer Umsätze im Ausland erwirtschaftete, in mehr Ländern der Erde aktiv als Coca-Cola. Nur die niederländische TPG, die neuerdings sogar unter dem Label ihrer Pakettochter TNT firmiert, ist annähernd so erfolgreich auf dem internationalen Markt wie die Deutsche Post mit DHL und macht bereits mehr als die Hälfte ihres Geschäfts im Ausland.

Umsätze im Ausland einkaufen
Spät dran und deshalb nur halb so gefährlich ist die französische Post, wiewohl zweitgrößter Player am europäischen Markt. La Poste expandiert zwar stark im Paketbereich, im Briefgeschäft jedoch, das noch den Löwenanteil am Gesamtumsatz ausmacht, ist das Unternehmen stark auf den Heimatmarkt fokussiert. Solange die Franzosen in die Automation ihrer Brieflogistik investieren, ist bei Auslandsakquisitionen Zurückhaltung angesagt.

In der Poleposition steht derzeit klar die Deutsche Post. "Sicher werden wir Marktanteile in Deutschland verlieren", sagt Pranke. "Aber da auch andere Länder ihre Märkte liberalisieren, werden wir uns Marktanteile im Ausland holen. "Das Rekordergebnis von rund 1,6 Milliarden Euro Gewinn im Jahr 2004 weckt daran jedenfalls keinen Zweifel. Pranke: "Wir sind gut vorbereitet." asc

Ihr Guide im New Marketing Management - ab 6,23 im Monat!

Hat Ihnen diese Beitrag weiter geholfen? Dann holen Sie sich die ONEtoONE-Premium-Mitgliedschaft. Sie unterstützen damit die Arbeit der ONEtoONE-Redaktion. Sie erhalten Zugang zu allen Premium-Leistungen von ONEtoONE, zum Archiv und sechs mal im Jahr schicken wir Ihnen die aktuelle Ausgabe.

Diskussion:

Vorträge zum Thema:

  • Bild: CosmoShop GmbH
    Silvan Dolezalek
    (CosmoShop GmbH)

    Wie binde ich meinen Shop an Konzerne an? Bestellwege müssen moderner werden!

    Immer mehr Konzerne fordern von ihren Lieferanten eine elektronische Anbindung an ihre Einkaufssysteme - der klassische Bestellprozess via Onlineshop gilt als überholt, weil der Einkaufsvorgang dann in einer manuellen Nachbearbeitung mündet. Doch was bedeutet das eigentlich konkret für Lieferanten und Konzerne?

    In unserem Vortrag zeigen wir anhand praxisnaher Beispiele, wie Sie einen bestehenden Onlineshop an große Unternehmen anbinden können. So profitieren Konzerne durch automatisierte Bestellprozesse; Lieferanten bekommen bessere Chancen bei Ausschreibungen und weniger manueller Aufwand.

    Vortrag im Rahmen der Transformation des Handels 25. am 14.10.25, 10:30 Uhr

Anzeige
www.hightext.de

HighText Verlag

Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling

Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de

Kooperationspartner des

Folgen Sie uns:

Besuchen Sie auch:

www.press1.de

www.ibusiness.de

www.neuhandeln.de