Weblogs als Chance für den Dialog

02.06.2005 - Online-Tagebücher führen in Deutschland noch ein Nischendasein - das könnte sich bald ändern

Die deutsche Blogger-Gemeinde kommt endlich in die Gänge. "Noch ist die Frage nach Weblogs bei Günther Jauch 16.000 Euro wert", sagt Heiko Hebig vom Technologie-Dienstleister Six Apart. "Irgendwann werden es nur noch 100 Euro sein." Mit geschätzten rund 100.000 bis 150.000 Weblogs führen die Internet-Tagebücher hier zu Lande immer noch ein Nischendasein - in Frankreich sind es etwa zwei Millionen, im angelsächsischen Raum zwischen fünf und zehn Millionen - Anfang 2004 waren es in Deutschland indes erst 15.000. "Die Verzehnfachung binnen 15 Monaten lässt ein erhebliches Wachstumspotenzial vermuten", so Heiko Herbig.
Für Unternehmen steht fest, dass sich die Zielgruppe ebenso einfach wie direkt und zu niedrigen Kosten ansprechen lässt. Immerhin jeder vierte deutsche User (27 Prozent) weiß mittlerweile, was ein Weblog ist. Wie die Dialog-Agentur Proximity in einer aktuellen Studie herausfand, lesen 41 Prozent von ihnen auch selber welche. Anders als in Frankreich und den USA, wo das Bloggen zunächst ein rein privates Vergnügen war, entwickeln sich Corporate Blogs in Deutschland nahezu zeitgleich zu den nichtkommerziellen Online-Tagebüchern. Prominenter Vorreiter ist die Software-Schmiede SAP. In den USA betreiben Microsoft und Sun oder der Sportartikelhersteller Nike firmeneigene, zum Teil nichtöffentliche Blogs. Für die bessere Leser- und Abonnentenbindung experimentieren zahlreiche Zeitungen, etwa die französische Le Monde, die deutsche Zeit, das Handelsblatt und die Weltwoche mit offenen Online-Foren.
Firmen-Blogs werden von deutschen Usern nicht unbedingt erwartet, wenn ein Unternehmen jedoch eines betreibt, sind die Erwartungen an die Qualität sehr hoch, stellt Proximity fest. Dabei muss Corporate Blogging gar nicht das Betreiben eigener Blogs bedeuten. "Unternehmen müssen unserer Ansicht nach Weblogs, auf denen ihre Unternehmen oder Marken thematisiert werden, beobachten", rät Martin Nitsche, CEO der Dialog-Agentur Proximity. "Zudem sollten sie in freien Weblogs aktiv und selbstbewusst Stellung beziehen. Drittens können Unternehmen eigene Weblogs aufsetzen oder ihren Kunden ermöglichen, selbst Online-Tagebücher zu schreiben." Dabei sollten die Betreiber darauf achten, dass das Forum zur Unternehmenskultur und ihren Marken passt. "Ein offenes Corporate Weblog ist bei Ikea sicher leichter vorstellbar als bei der Deutschen Bank", so Nitsche.
Und dies nicht zuletzt wegen der Zielgruppe. Vor einem Jahr galten Blogger noch als besondere Spezies unter den Technik-Freaks - "typischerweise handelt es sich um Early Adopter und Influenzer", berichtet Heiko Hebig. Und das Gleiche gilt gegenwärtig noch für Unternehmen: Mit Corporate Blogging wagen sich Unternehmen und Marken auf Neuland vor. "Dabei ist in vielen Bereichen ein positiver Abstrahleffekt als First Mover möglich", sagt Martin Nitsche. Vor allem junge Leute lassen sich online ausgiebig über ihre Erlebnisse mit Unternehmen und Produkten aus - nicht immer zu deren Gunsten. Für Unternehmen bietet sich dabei die Chance, Probleme frühzeitig zu erkennen oder die Wahrnehmung von außen in die Marken-Meinungsbildung einfließen zu lassen. Spezifisch neue Risiken birgt das Medium nach Ansicht von Experten nicht: "Die Community verbündet sich nur dann gegen Sie, wenn Sie Fehler machen", meint Heiko Hebig. So wurde etwa im Web-Tagebuch Spreeblick.de das aufdringliche Geschäftsgebahren des Klingelton- Anbieters Jamba diskutiert.
Dass die Web-Publisher nach Erkenntnissen von Proximity hohe Ansprüche an Authentizität und Glaubwürdigkeit stellen, hat sich dabei als richtig erwiesen. Erst durch die gefakten Blog-Beiträge von Jamba-Mitarbeitern in Spreeblick.de wurde die Diskussion für Jamba zu einem GAU: Das Thema landete schließlich in prominenten deutschen Tageszeitungen und dem Spiegel. "Täuschungsmanöver und der Einsatz gefälschter Weblogs - wie unter anderem im Fall von McDonald´s (The Lincoln Fry Blog) - haben sich schon häufig ins Negative gedreht", berichtet Nitsche. asc

Ihr Guide im New Marketing Management - ab 6,23 im Monat!

Hat Ihnen diese Beitrag weiter geholfen? Dann holen Sie sich die ONEtoONE-Premium-Mitgliedschaft. Sie unterstützen damit die Arbeit der ONEtoONE-Redaktion. Sie erhalten Zugang zu allen Premium-Leistungen von ONEtoONE, zum Archiv und sechs mal im Jahr schicken wir Ihnen die aktuelle Ausgabe.

Diskussion:

Vorträge zum Thema:

  • Bild: Jacqueline Althaller
    Jacqueline Althaller
    (Althaller Communication)

    Social Media in der B2B Kommunikation: Kommunikation wird globaler - KI im B2B angekommen

    Der Vortrag bietet Einblicke in die zentralen Erkenntnisse der aktuellen B2B Social Media Langzeitstudie 2024/25 - der einzigen ihrer Art im DACH-Raum. Im Fokus stehen aktuelle Trends der B2B-Kommunikation, der verstärkte Einsatz von Künstlicher Intelligenz und deren Auswirkungen auf Strategie, Content und Rollenbilder. Darüber hinaus ermögliche ich den Teilnehmern einen exklusiven Einblick in unser "My Social GPT" Tool, welches als völlig marktneue Beratungsform, in nur 30 Minuten individuelle Fragen beantwortet und datenbasierte Handlungsempfehlungen liefert.

    Vortrag im Rahmen der KI in der Kundenkommunikation 25. am 27.05.25, 10:30 Uhr

Anzeige
www.hightext.de

HighText Verlag

Mischenrieder Weg 18
82234 Weßling

Tel.: +49 (0) 89-57 83 87-0
Fax: +49 (0) 89-57 83 87-99
E-Mail: info@onetoone.de
Web: www.hightext.de

Kooperationspartner des

Folgen Sie uns:



Besuchen Sie auch:

www.press1.de

www.ibusiness.de

www.neuhandeln.de