TV und Web: Kommunikation ohne Grenzen

20.04.2001 - Interaktives TV verspricht neues Potenzial für den E-Commerce.

Zwar erfreut sich das Internet seit Jahren wachsender Beliebtheit, wahre Hochkonjunktur hingegen ist nach wie vor dem Fernseher beschieden. Nahezu 100 Prozent aller Haushalte verfügen über ein Fernsehgerät. Was liegt also näher, als die Internet-spezifischen Stärken, wie etwa die Interaktivität, auf die Mattscheibe zu übertragen?

Das interaktive Fernsehen soll die Grenzen zwischen TV und Internet auflösen. So soll sich der Zuschauer sein Programm individuell zusammenstellen, redaktionelle Zusatzinformationen einsehen und interaktive Werbespots empfangen können.
Und selbstverständlich sollen alle etwas davon haben: Der Endverbraucher kann seinen TV-Konsum flexibler steuern. Dies könnte zu längerer Verweildauer und wachsender Reichweite führen - und damit auch für Werbungtreibende interessant sein. Doch bislang ist die Realisierung des interaktiven Fernsehens über die Pilotphase nicht hinausgekommen. Zwar ist die Konvergenz der Medien Internet und TV dank Digitalisierung, Datenkompression und moderner (Breitband-)Netze technisch bereits machbar, zur flächendeckenden Verbreitung muss sich allerdings noch eine einheitliche Übertragungsplattform etablieren.
Lothar Kerestedjian, Leiter Digital Video Broadcasting/Multimedia bei Panasonic Marketing Europe, ist davon überzeugt, dass der so genannte MHP-Standard (Multimedia Home Platform) die geeignete Brücke zwischen Internet und Fernsehen darstellt und der Verbreitung des interaktiven Fernsehens einen "entscheidenden Schub" verpassen wird.
Im Rahmen des Medienforums "Netz-Welten", Ende Februar von der Tomorrow Internet AG in Hamburg initiiert, äußerte Kerestedjian sich optimistisch: Bereits in wenigen Jahren werde es in Deutschland ausschließlich digitales Fernsehen geben. Nicht minder überzeugt ist Hardy Heine, Executive Vice President der auf Breitband-Technologie spezialisierten Bertelsmann Broadband Group. Kabelnetzbetreiber, Gerätehersteller und Content-Anbieter müssten künftig in ständigem Austausch stehen. Denn nicht ein einzelnes Produkt, sondern nur die Konvergenz aller Medien habe das Potenzial zur "Killer Application". Nachdem die Bertelsmann Broadband Group, die seit kurzem zu RTL New Media gehört, die Akzeptanz des interaktiven Fernsehens in Pilotprojekten getestet habe, sei es nun an der Zeit, mit der Technik auf den Markt zu gehen, so Heine.
Das interaktive TV eröffnet neue Werbe-Wege. So könnten neben DRTV-Spots auch TV-Banner geschaltet werden. Interessiert sich ein Zuschauer für die Werbebotschaft, will aber die gerade laufende Sendung nicht unterbrechen, klickt er einfach auf den Banner und speichert dessen Inhalte damit per Bookmark auf die Festplatte. Nach Ende der Sendung kann er dann - so die Vision - in aller Ruhe die Werbenachricht betrachten.
Auch dafür bedarf es der entsprechenden Technik: Die Set-Top-Box muss eine integrierte Festplatte und einen Webbrowser enthalten - nach Ansicht von Kerestedjian unverzichtbare Voraussetzung für interaktives Fernsehen. Vorteil für Werbungtreibende: Der Zuschauer kann mittels Set-Top-Box, die mit individueller Referenznummer versehen ist, identifiziert werden. Das heißt, dem Zuschauer können je nach persönlichem Profil gezielt Werbebotschaften auf seine Box geschickt werden.
Von der Wirtschaftlichkeit des interaktiven Fernsehens ist auch Lorenz Schmilinsky, Leiter Unternehmenskommunikation der get global electronic transfer AG in Unterhaching überzeugt. Das im März letzten Jahres gegründete Unternehmen hat ein interaktives Medienportal entwickelt, das digital vermittelbare Information und Unterhaltung auf den Fernsehbildschirm bringt. Mit Hilfe des interaktiven Fernsehens kann laut Schmilinsky auch der E-Commerce angekurbelt werden, da der Zuschauer sofort via Fernbedienung bestellen könne. Da stellt sich die Frage, worin die Innovation gegenüber dem Medium Internet besteht. Schmilinsky verweist auf die unterschiedlichen Positionierungen von TV und PC. So stehe der Computer meist im Arbeitszimmer oder Büro und werde mit Arbeit assoziiert, während der Fernseher fester Bestandteil von Wohnzimmer, Feierabend und Freizeit sei. "Man erreicht seine Klientel mit TV in einer ganz anderen Umgebung und Stimmung", so Schmilinsky. Und in dieser spezifischen Freizeitstimmung sei der Zuschauer empfänglicher für Werbung und Shopping-Angebote.
Auch Kerestedjian verweist auf die "Lean-Backwards"-Funktion des Fernsehens. Und weil der gute alte Fernseher vertraut und einfach zu bedienen ist, stoße er insbesondere bei einer Zielgruppe mit geringer Technik-Affinität - zumeist bei älteren Leuten - auf hohe Akzeptanz. Interaktives Fernsehen also als Alternative für die PC-losen? Kerestedjian jedenfalls sieht im interaktiven TV eine echte Konkurrenz zum Internet. Schmilinsky glaubt: "Es wird darauf hinauslaufen, dass man alle Dienste nur noch über ein Endgerät empfängt."
Bleibt nur noch zu hoffen, dass da auch der Endverbraucher mitspielt. Grund zu Optimismus gibt eine Studie von Mercer Management Consulting: Von den insgesamt 500 Befragten gaben rund 82 Prozent an, dass sie bereit seien, interaktives Fernsehen zu nutzen. 55 Prozent würden für diese Dienste sogar eine Zusatzgebühr in Kauf nehmen, während rund 48 Prozent derjenigen, die über keinen Internet-Anschluss verfügen, interaktive Infodienste - sofern sie entsprechend gestaltet sind - lieber über den Fernseher als über den PC beziehen würden.
Wolfgang Bock, Vice President von Mercer Management Consulting, drückt´s metaphorischer aus: "Die Fernsehplattform ist ein schlafender Riese, der sich kurz vor dem Aufwachen befindet." sam

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