06.07.2010 - Der Versandhandel verfügt offenbar über ein Rezept gegen alle Krisen. Nach der jüngsten Prognose aus dem Hause des Versandhandelsverbands steigt der Umsatz in der Branche in diesem Jahr auf 29,9 Milliarden Euro - im Vergleich zu 2009 ein Plus von 2,7 Prozent. Trotz solcher Traumwerte sind die Versandhändler nicht gänzlich ohne Sorgen.
Das im deutschen Versandhandel alles so rund läuft, liegt - wer hätte es gedacht - am Internet. Der Online-Handel mit Waren legt nach der von TNS Infratest erarbeiteten Studie in diesem Jahr voraussichtlich um 15 Prozent auf 17,8 Milliarden Euro zu. Damit erreicht der Online-Anteil im Versandhandel knapp 60 Prozent. Thomas Lipke, Globetrotter-Geschäftsführer und neuer Präsident des Versandhandelsverbands spricht von einem Paradigmenwechsel. "Telefon und Bestellschein verlieren an Bedeutung", sagte er bei der Vorstellung der TNS-Studie. Als Gründe nannte er die mittlerweile mit hoher Präzision ablaufenden Bestellprozesse im Internet und das gestiegene Know-how der Kunden beim Bestellen im Web.
Das hat Folgen für den Einzelhandel insgesamt. Nach der Studie "Distanzhandel in Deutschland 2010" steigt der Anteil des Versandhandels am gesamten Einzelhandel in Deutschland auf 7,6 Prozent; 2009 waren es noch 7,4 Prozent. Aber auch die Multi-Channel-Versender sind betroffen. Ihre Warenumsätze dürften in diesem Jahr insgesamt um gut drei Prozent auf 15,6 Milliarden Euro sinken. Mag sein, dass hier die Quelle-Insolvenz eine Rolle spielt.
Wie immer bei solchen Präsentationen betonte der Bundesverband des Deutschen Versandhandels (BVH) auch diesmal die Rolle des Katalogs für den Umsatz. "Der Katalog spiegelt die Seele des Unternehmens wider", sagte Lipke. "Mit der Website schaffen wir das noch nicht." Derzeit kümmert sich der Verband nicht zuletzt um die Bedeutung sozialer Netzwerke im Internet. Facebook & Co. würden für den Versandhandel immer wichtiger, so Lipke. Da habe man in der Vergangenheit "einiges versäumt". Denn nun fänden die Diskussionen über das Unternehmen außerhalb der Website des Unternehmens statt.
Ein besonderes Augenmerk dürfte der Verband in der nächsten Zeit auf die politische Arbeit legen. Das zeigt sich nicht zuletzt an dem geplanten Umzug Anfang nächsten Jahres von Frankfurt nach Berlin. Es geht vor allem um das Thema Datenschutz. Der neue Hauptgeschäftsführer Christoph Wenk-Fischer beklagte zwar, dass die schriftliche Neukundengewinnung durch die BDSG-Novellen schwieriger geworden sei, wollte aber an dem vor einem Jahr beschlossenen - und in der Dialogmarketing-Branche äußerst umstrittenen - Regelwerk nicht herummosern. "Der Kompromiss soll drei Jahre unangetastet bleiben", betonte er. Erst danach solle eine Überprüfung stattfinden, "und die wollen wir als Verband natürlich aktiv begleiten".
Hinter den Kulissen geht es aber wohl eher darum, dass die aktuelle Diskussion über den Datenschutz im Internet nicht auf die adressierte postalische Kundenansprache zurückschlägt und womöglich zu weiteren Gesetzesverschärfungen führt. Wenk-Fischer bot der Regierungskoalition deshalb an, sich bei der geplanten Stiftung Datenschutz einzubringen.
Sorgen bereitet der Versandhandelsbranche auch die Zunahme von Belehrungspflichten und rechtlichen Hinweisen. Wenk-Fischer: "Unsere Branche wird - angeblich im Sinne des Verbraucherschutzes - gezwungen, damit Seiten von Katalogen zu füllen oder riesige Datenmengen für den Internetabruf zu produzieren." Schon die heute vorgeschriebenen Widerrufsbelehrungen, Pflichtangaben im Impressum und anderen rechtlich gebotenen Hinweise seien für juristische Laien unverständlich und würden nicht gelesen. Wenk-Fischer, selbst Jurist, plädierte für eine Vereinfachung der gesetzlichen Regeln. (te)
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