Öffentlich-rechtliche Lehnsherrschaft

10.12.2009 - Es sind Entscheidungen wie die Absetzung des unbequemen Nikolaus Brender als Chefredakteur des ZDF, die Politikern suggerieren, dass sie die Kommunikationshoheit immer noch - wenn auch mittelbar - in Händen halten. Bedurfte es eines weiteren Indizes, so ist die von den Länderchefs (das sind eben jene Herren Koch & Co.) abzusegnende und [l1]geplante massive Ausweitung und Erhöhung der GEZ-Gebühren auf internetfähige Geräte[/l1] ab 2013 hierfür trefflich geeignet. Warum? Die Kommunikation im Web ist schwerer zu kontrollieren. Diese Erfahrung machen derzeit Unternehmen wie Lobbyisten und Politiker (wobei sich diese Trennung in Einzelfällen nicht immer aufrecht erhalten lässt). Gegen Widerspruch, Kritik und unangenehme Kommentare scheint kein Kraut gewachsen - zumindest nicht solange weiter schwadroniert, versprochen und verschleiert wird. Die Mittel, sich dagegen zu wehren sind begrenzt. Die geplante Zensur, die unter dem Deckmäntelchen der Verhinderung (sic!) von Kinderpornographie untergejubelt werden sollte, kommt nicht - zumindest nicht so, wie ursprünglich vorgesehen. Was aber nun kommen soll ist die Erhebung der vollen GEZ-Gebühr von rund 18 Euro monatlich auf alle internetfähigen Handys und Endgeräte.

Man kann nicht nicht
Bereits 2006 hat es einen massiven Protest gegen die Ausweitung der GEZ-Gebühren   auf alle internetfähigen Endgeräte in Betrieben gegeben. Aus meiner Sicht zu Recht, denn niemand hat seinen PC im Büro stehen, um WDR 4 zu hören oder das ZDF-Programm zu schauen, das ihn erst am Abend zuvor zu Tode gelangweilt hat. Im Watzlawickschen Sinne muss hier angemerkt werden, man kann nicht nicht öffentlich-rechtliche Prorgramme via TCP/IP, WIFI, UMTS oder HSDPA empfangen. Das lässt sich gar nicht verhindern und so werden zwangsläufig alle Nutzer zur Kasse gebeten unabhängig davon, ob sie die Angebote kennen oder nutzen. Ich kenne genügend Geschäftsführer und Unternehmer, deren Mitarbeiter massive Probleme bekommen würden, wenn sie während ihrer Arbeitszeit öffentlich-rechtliche Angebote hören oder sehen würden. Schließlich hat das Internet soviele vernünfitge Inhalte zu bieten, dass man darauf nun wirklich nicht angewiesen ist - schon gar nicht während der Arbeit.

Wider die sinkenden Datentarife
Neben der Zwangsabgabe, die mich persönlich an Zeiten der Lehnsherrschaft erinnert, ist aber ein anderer Faktor von weitaus größerer Tragweite. Unzählige Studien der letzten Jahre belegen, dass das Wachstum im Bereich mobiles Internet vor allem von einem Faktor abhängt: günstige Datentarife der Mobilfunkprovider. Ich erinnere an die Versteigerung der UMTS-Lizenzen. Wie hat der Staat gejubelt als er sich die Kassen mit den Milliardeneinnahmen füllen konnte. Wie haben in der Folge die Provider, von denen übrigens nicht mehr alle existieren, über die Kosten und Widerstände beim Aufbau flächendeckender Netze gestöhnt. Es ist dies das Hauptargument für Vodafone & Co, warum Preisstrukturen so und nicht anders sind. Trotzdem sinken die Tarife bei gleichzeitig höherer Qualität der Netze. Und nun das. Fakt ist auch: Die Zahlungsbereitschaft für kostenpflichtige Inhalte und Services steigt. Neue Anbieter und Arbeitsplätze entstehen so. Bei Medienunternehmen, deren digitale Angebote bislang mehr schlecht als recht funktionieren, keimt Hoffnung auf, mit crossmedialen Angeboten zu einer raisonablen Refinanzierung zu gelangen. Und nun das.

Die Zeit ist reif
Das Gegenargument ist absehbar. 95 Prozent der Bevölkerung besitzen bereits ein TV-Gerät und zahlen demnach ordnungsgemäß ihre GEZ-Gebühren. Für sie ändert sich gar nichts. Dabei wird allerdings übersehen, dass für die jüngeren Generationen nicht mehr das TV Informations- und Unterhaltungsmedium Nummer Eins ist, sondern das Internet - egal über welchen Weg (Festnetz, W-LAN, UMTS, HSDPA) die Inhalte transportiert werden. Es trifft demnach vor allem diese Generation und auch die vielen anderen, die - wie ich auch - in zunehmendem Maße feststellen, dass eine Sonderstellung der öffentlich-rechtlichen Rundfunkanstalten im Internet fehl am Platz   ist. Nur, dass wir uns richtig verstehen. Als Vater von vier Kindern zahle ich meine Rundfunkgebühren für den Kinderkanal oder einzelne Programmformate und Radioangebote der Öffentlich-Rechtlichen, weil ich sie für qualitativ wertvoll halte. Ich tue genau das aber auch bei allen anderen Angeboten wie Lernspielen oder Wissensdatenbanken. Es sind und bleiben Paid Content Angebote. Die ARD ist der älteste Pay-TV Sender Deutschlands. Mit einem entscheidenden Unterschied zu allen anderen. Als Nutzer kann ich mich nicht dagegen entscheiden und somit auch nicht die damit verbundenen Kosten verhindern. Zugleich finde ich das Ganze wettbewerbsrechtlich höchst bedenklich. Wie bereits an anderer Stelle erwähnt   befinden sich die Öffentlich-Rechtlichen in Konkurrenz zu allen anderen Medienunternehmen (inkl. aller Verlage und originärer Webunternehmen). Die Vorgaben aus Brüssel hinsichtlich der Programmausgestaltung reichen meines Erachtens längst nicht aus. Es ist mehr denn je Zeit, die Grundlagen des Rundfunkstaatsvertrages zu hinterfragen, bevor es zu weiteren sinnfreien Anwandlungen kommt, die letztlich nur ein Ziel verfolgen: Besitzstandswahrung hüben wie drüben... (Christoph Salzig)

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