Karstadt sucht Dialog mit Kunden

01.10.2008 - Der Warenhauskonzern verabschiedet sich vom "Schnäppchenmarkt" und spricht Kunden mit einem regionalen Mailing an.

Kaufhausfilialen setzen Dialogmarketing traditionell nicht an die erste Stelle. Da muss schon etwas Besonderes passieren, damit ein Geschäftsführer den Dialog mit seinen Kunden sucht. So etwas Besonderes geschieht derzeit landauf, landab in den Häusern des Warenhauskonzerns Karstadt.

Im März dieses Jahres präsentierte sich Karstadt Essen am Limbecker Platz (20.000 Quadratmeter Verkaufsfläche) mit einem umgebauten Shoppingcenter, Mitte September folgte Duisburg (15.000 Quadratmeter), Ende September Karstadt an der Hamburger Mönckebergstraße (32.000 Quadratmeter). Hintergrund der zig Millionen teuren Umbaumaßnahmen ist eine komplette Neuausrichtung der Warenhäuser. Und die muss dem umkämpften Kunden schmackhaft gemacht werden.

Beispiel Hamburg: "Karstadt hat sich bei der Neueröffnung an der Möncke bergstraße ganz bewusst für das klassische Dialogmarketing entschieden", sagt Geschäftsführer Werner von Appen. "Über Happy Digits haben wir rund 100.000 Kunden mit einem aufwendigen Mailing angesprochen." Das Mailing besteht aus einer Klappkarte mit der allgegenwärtigen Eva Padberg. Die Kunden erhalten bei einem Einkauf ab 100 Euro einen Gutschein in Höhe von 20 Euro. 200 Topkunden waren zudem zu einem Gala-Abend eingeladen worden. Begleitet wurde das Marketing rund um die Neueröffnung zusätzlich von einem Gewinnspiel, das Karstadt über regionale Zeitungen kommunizierte und an dem sich die Kunden - zum ersten Mal! - auch per E-Mail beteiligen konnten.

Die Entscheidung fürs Mailing hat gute Gründe. "Anders als beispielsweise bei der Neueröffnung an der Limbecker Straße in Essen haben wir auf eine Online-Kampagne verzichtet", sagt von Appen. "Oft sind Internet-Kunden nicht so stark auf das Filialgeschäft fokussiert. Und der Response bei einem guten Mailing ist einfach viel, viel höher." Nach der Eröffnung wird Karstadt an der Mönckebergstraße sein Dialogmarketing allerdings wieder zurückfahren und sich wie zuvor auf Printanzeigen in der lokalen Presse konzentrieren.

Karstadt hat allein in den Umbau an der Mönckebergstraße nach eigenen Angaben 36,8 Millionen Euro investiert. "Dieser drei Jahre dauernde Umbau war unbedingt notwendig - trotz oder sogar gerade wegen der spürbaren Kaufzurückhaltung in Deutschland", betont von Appen. "Immerhin sind wir eines der größten Karstadt-Häuser in Deutschland. 1912 ist an der Mönckebergstraße das erste Weltstadt-Warenhaus von Karstadt hochgezogen worden. Aber hier ist seit Ende der 80er Jahre nicht mehr nennenswert investiert worden." Treiber des Umbaus in Hamburg seien auch lokale Wettbewerbsveränderungen wie die Eröffnung der Europa-Passage und die gerade entstehende Hafencity gewesen.Mit der Neueröffnung soll sich auch die Zielgruppe verändern. "Wir haben hier an der Mönckebergstraße zwei Jahrzehnte lang einen Schnäppchenmarkt gehabt", sagt der Geschäftsführer. "Nun nehmen wir mittlere und gehobene Einkommen in den Blick." Um den Kundenservice entsprechend zu verbessern, hat Karstadt sogar das Team umstrukturiert. Von Appen: "Wir setzen nun auf eine arbeitsteilige Spezialisierung. Wir trennen streng zwischen Verkauf, Kassenbereich und Logistik."

Umgeschultes Personal, komplett neu gestaltete Verkaufsflächen, Millionen-Investitionen auch ins Marketing: Die Warenhäuser von Arcandor gehen ganz offensichtlich in die Offensive. Das müssen sie auch. Denn um Karstadt ist es nicht gut bestellt.Während sich der Touristikkonzern Thomas Cook und die Versandhandelssparte Primondo im dritten Quartal des Arcandor-Geschäftsjahres 2007/2008 (April bis Juni) positiv entwickelten, musste Karstadt hohe Verluste hinnehmen. Karstadt wies im dritten Quartal einen Ertrag vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) in Höhe von minus 51 Millionen Euro auf (minus 8 Millionen Euro im Vorjahreszeitraum). Zur Begründung heißt es, der Warenhausbereich werde deutlich von Kostenproblemen und den Inflationsängsten der Kunden getroffen. In der Konsequenz hat die Geschäftsführung ein Effizienzprogramm für Karstadt beschlossen, das bereits umgesetzt wird. Gemeint ist damit unter anderem der Verkauf zahlreicher, nicht rentabler Kaufhäuser, die jetzt unter der Marke Hertie firmieren.

Karstadt will den Kunden nun attraktive Innenstadtsortimente bieten und hat sich weitgehend aus Sortimentsgruppen zurückgezogen, die im Wettbewerb mit Discountern stehen. "Besonders positiv wirkt sich das bei der Premium Group aus, die eine gute Ergebnisentwicklung aufweist", heißt es in der Quartalsbilanz. Zur Premium Group zählt der Konzern das Kaufhaus des Westens (KaDeWe) in Berlin, das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München. Unklar ist indes, wie es mit den Karstadt-Häusern im Konzern nach den Umbauten weitergeht. "Für unser Warenhausgeschäft sind wir noch in der Phase der Festlegung einer endgültigen strategischen Ausrichtung", sagte Arcandor-Chef Thomas Middelhoff erst vor wenigen Wochen vieldeutig.

Martin Teschke

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