25.10.2005 - Die Branche wehrt sich wieder einmal gegen Polemik in der Publikumspresse
Technische Schikanen, Kundenabzocke, inkompetente Agents, miese Arbeitsbedingungen, aggressives Geschäftsgebaren - in der September-Ausgabe (40/2005) bemühte das Magazin stern für seine Titelgeschichte wieder einmal das gesamte Spektrum der geläufigen Vorurteile gegen Call-Center-Dienste und Hotlines. Vom Herumschlagen mit nutzlosen Sprachcomputern, Arbeitsbedingungen, die "an Massentierhaltung erinnern", und Lachzwängen ist da die Rede. Der Deutsche Direktmarketing Verband (DDV) reagiert empört, die Branche nimmt's gelassen. "Sachliche Artikel über Missstände begrüßen wir jederzeit, das rüttelt auch die Unternehmen auf", sagt Torsten Klein vom Call-Center-Anbieter getaline. "Polemik hilft da natürlich nicht weiter." Branchenpionier Günther Greff meint, dass man auf die permanente Kritik reagieren müsse.
"Natürlich spricht wieder niemand von den Millionen zufriedener und teilweise begeisterter Kunden, denen täglich am Telefon geholfen wird", sagt Greff. Auch die Tatsache, dass der Jobmotor der Kommunikationsbranche in strukturschwachen Regionen massenhaft Arbeitsplätze schafft, tut der Branchenschelte keinen Abbruch. Dabei präsentiere stern-Autor Jürgen Steinhoff bis auf wenige Beispiele rüder Vertriebsmethoden einzelner Unternehmen keinerlei Skandale, sagt ein Brancheninsider mit Blick auf die Deutsche Telekom. "Es kann nicht Mode werden, bei einem Service-Level von 95 Prozent über die 5 Prozent der Fälle zu diskutieren, in denen ein Kunde vielleicht zweimal anrufen musste", so DDV-Vizepräsident Patrick Tapp. "Heuchlerisch" findet Tapp, dass Journalisten auf ihre vermeintlich investigativen Einsichten in die Call-Center-Branche anstoßen, während ihr Gehalt nicht unwesentlich durch telefonisch verkaufte Abos finanziert wird.
Über das Aufwärmen alter Klischees mag sich Klein von getaline denn auch gar nicht aufregen. Aufgesetzte Freundlichkeit? "Unsere Mitarbeiter machen das nicht als Nebenjob", sagt der Marketingchef. "Sie können nicht sieben Stunden aufgesetzt freundlich sein." getaline setzt zu Motivationszwecken auf Eigeninitiative. "Wir prügeln die Mitarbeiter nicht zu den Projekten, sondern fragen, wer das machen möchte", so Klein.
Branche setzt auf Selbstregulierung
Das Modell, die Betroffenen entscheiden zu lassen, sollte nach Ansicht des DDV Schule machen, wo es um das spannungsreiche Verhältnis zwischen Bürgern und Marketing geht. Das angeschlagene Branchenimage will der Verband mit einer langfristigen Kampagne für regulierte Selbstregulierung aufputzen. Grundlage ist die geplante Robinson-Liste für Telemarketing, mit der das bewährte Instrument aus dem Mailingbereich auf die Call-Center-Branche übertragen werden soll. Weiterhin hat der DDV ein maßgeschneidertes Zertifizierungsprogramm ins Leben gerufen, das präzise auf die Belange der Call-Center zugeschnitten ist.
Für das "TotalQuality Excellence"-Siegel werden Unternehmensstandards und Personen auf verschiedenen Hierarchieebenen geprüft. Zusätzlich soll eine Ausbildungsinitiative mit dem Vorurteil aufräumen, die Branche sei das Sammelbecken für gescheiterte Existenzen. So bereitet die Berufsausbildung zum Kaufmann für Dialogmarketing künftig auf qualifizierte Tätigkeiten im DM-Umfeld vor.
Ob's hilft, bleibt abzuwarten. "In anderen Ländern haben Call-Center-Agents auch ohne diese Maßnahmen einen völlig anderen Status", weiß Torsten Klein. Es komme eben auch darauf an, was der Dienstleister im eigenen Land gilt. asc
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