04.08.2005 - Fünf Jahre danach: Brüggemanns unmoralisches Angebot
Ulrich Brüggemann hat seine Prinzipien. "Der DDV ist ein Non-Interest-Thema für mich", stellt der Chef der Borkener Dialog-Agentur Brüggemann & Freunde (B&F) klar. "Eine zweite Chance gibt es nicht." Die einzige Chance hat der Verband für ihn verspielt, als er B&F im Juni 2002 aus dem Council Dialogmarketing-Agenturen ausschloss - wegen eines Verstoßes gegen den DDV-Ehrenkodex.
Gegenwärtig feiert der hartnäckige Borkener den Anlass für seinen Ausschluss: Vor fünf Jahren hatte Brüggemann erstmals mit seinem "unmoralischen Angebot" geworben, das eine Honorierung durch den Kunden nur vorsieht, wenn das von B&F entwickelte Werbemittel messbar bessere Ergebnisse erzielt als das eines Mitbewerbers. Brüggemann steht zu seinem Angebot: "Die Kunden wollen nicht die Katze im Sack kaufen."
Vor drei Jahren sei er von Mitbewerbern noch "angemacht" worden, erinnert er sich. Heute habe sich sein unmoralisches Angebot als seriöses Akquise-Tool etabliert: "Die Befürchtung einiger Wettbewerber, dass wir in Kundenbeziehungen einbrechen, hat sich, wie von mir vorhergesagt, nicht bestätigt." Brüggemann ist zufrieden mit seinem kontroversen Tool. Knapp 100 Angebote habe er seit 2000 auf dieser Basis gemacht. Acht längerfristige Kundenbeziehungen sieht der Agenturchef als Ergebnis. Dass knapp 90 potenzielle Kunden wieder abgesprungen sind, führt er dabei nicht auf mangelhafte Response-Quoten zurück: "Viele waren entweder zu klein, oder die Chemie stimmte nicht."
Rudolf Jahns, Inhaber der Düsseldorfer Agentur Jahns and Friends, ist froh, dass es um Brüggemann ruhig geworden ist: "Wenn jemand fünf Jahre lang bei Rot über die Ampel fährt, regt sich keiner mehr auf." Jahns, der seit 2004 dem Council Dialogmarketing-Agenturen vorsitzt, hat eine klare Meinung zum Geschäftsmodell des Borkeners: "Mit Gratis-Pitches graben wir uns unser eigenes Grab." Schon seinen Mitarbeitern gegenüber könne er ein solches Vorgehen nicht rechtfertigen. "Die kann ich doch nicht für lau an einer Kampagne arbeiten lassen!"
Doch auch Jahns verschließt nicht die Augen vor der Realität. Gerade kleinere Agenturen stünden unter dem Druck übermächtiger Kunden, die die Bedingungen diktierten. "Aber niemand vertritt dies offensiv als Modell." Jahns kritisiert auch die aus seiner Sicht einseitige Orientierung der Borkener auf den messbaren Response: "Die Qualität des Response zählt." Mike H. Rosenzweig von der Hamburger Agentur Rosenzweig & Schwarz widerspricht: "Ich habe Brüggemanns Vorgehen nie für unseriös gehalten." Mit Honorarverzicht zu werben sei zwar nicht Stil seiner Agentur, "aber vertriebsorientierte Direktmarketer verstehen das. Das ist schlauer als ellenlange Agenturphilosophien", markiert Rosenzweig einen kulturellen Unterschied in der Branche.
Ulrike Middeke, Beratungschefin der Münchner Agentur straight, steht auf der anderen Seite: "Honorarverzicht ist keine gute Basis für eine Zusammenarbeit. Das fordert Kunden heraus, ähnlich unmoralisch zu antworten." Bei Bestandskunden könne schon eher mal darüber nachgedacht werden. "Aber der qualitative Aspekt geht unter, wenn zu sehr über den quantitativen Response geredet wird."
Ulfried Fritsche, Chef der Hamburger Fritsche Werbeagentur, kann sich Situationen vorstellen, in denen er Honorarverzicht anbieten würde: "Etwa wenn ein Kunde zögert. Als Akquise-Tool würde ich das nicht einsetzen." Schlimmer sei es aber, wenn der Kunde von sich aus sage, er zahle nichts, meint Fritsche. fb
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