Call-Center wehren sich

25.04.2005 - Branchenvertreter weisen Vorwürfe des "Spiegel" zurück und suchen nach Gründen für ihr schlechtes Image - DDV plant objektive Verbraucherumfrage

Kaltakquise auf der Basis von Telefonbüchern, Lohn-Dumping, Prämienmodelle, die zum Gesetzesbruch verleiten - wer Ende März das Nachrichtenmagazin Der Spiegel aufschlug, sah sich mit einer Vielzahl klassischer Call-Center-Klischees konfrontiert. Der Aufschrei in der Branche war entsprechend groß: "Es werden wieder einmal Einzelfälle herausgepickt, um im Rundumschlag 330.000 Mitarbeiter kollektiv zu verunglimpfen", schreibt Michael Martin, Vorsitzender des DDV-Council TeleMedien und Call Center Services in einem Leserbrief. "Einige Medien sind offenbar nicht in der Lage, sich auf einer komplexeren Ebene mit der Call-Center-Branche auseinander zu setzen", beklagt Thiess Johannssen, Sprecher des Hamburger Call-Center-Dienstleisters D+S europe.

"Negatives lässt sich besser verkaufen" Doch woran liegt es, dass die Branche in der Publikumspresse regelmäßig schlecht wegkommt? Silke Kleinhans, beim Anbieter Sitel für das Marketing verantwortlich, sieht die Gründe in gewissen Gesetzmäßigkeiten des Journalismus: "Negative Beiträge werden in der Publikumspresse einfach als spannender empfunden und lassen sich weit besser verkaufen als positive." Dazu komme, dass enttäuschte und genervte Kunden ihre Meinung generell schneller kundtäten als zufriedene Verbraucher, die sich in der Regel nicht äußerten. In der Realität hätten nämlich 90 bis 95 Prozent der Kunden keinen Grund, sich zu beschweren.

Johannssen geht noch einen Schritt weiter und wirft der Publikumspresse vor, stets das gleiche Vorurteil zu pflegen. "Wenn man von Call-Centern spricht, haben die Medien immer nur eine Idee: Das sind Leute, die immer überall anrufen." Dabei verdrängten die Journalisten, dass die Branche gegen den Trend viele Arbeitsplätze schaffe und bestimmte Wirtschaftszweige ohne Call-Center-Dienstleistungen gar nicht mehr überlebensfähig wären.

Gleichzeitig räumt der D+S-Vertreter ein, dass die Marktteilnehmer zumindest eine Teilschuld an der PR-Misere trage: "Die Lobbyarbeit der Branche wird sicherlich nicht den Bedürfnissen gerecht." Der DDV, in dessen Aufgabenbereich die Lobby- und PR-Arbeit der Branche fällt, streitet das gar nicht ab: "Die Darstellung des Faktischen war in der Vergangenheit nicht optimal", sagt der neue Vizepräsident Patrick Tapp und gelobt sogleich Besserung. Erster Schritt: Das Council Telemedien wird in den nächsten Tagen eine objektive Untersuchung von Outbound-Aktionen in Auftrag geben. Dazu sollen mehrere tausend Verbraucher im direkten Anschluss an Calls gefragt werden, ob sie mit dem jeweiligen Anruf zufrieden waren. Mit den Ergebnissen will Tapp dann einwandfrei belegen, dass "die Verbraucher die Qualität und Professionalität der Branche annehmen", um den Kritikern bei künftigen Diskussionen den Wind aus den Segeln nehmen zu können.

Harald Kling, geschäftsführender Gesellschafter der gkk DialogGroup, geht das noch nicht weit genug. Er fordert einen Code of Conduct und "die harte Durchsetzung einmal getroffener rechtlicher Rahmenbedingungen". Dies sei besonders bei bestimmten Lotterie-Anbietern notwendig, welche mit Kaltanrufen und Anrufautomaten die ganze Branche in Verruf brächten. Ferner ruft der gkk-Manager die Mitbewerber dazu auf, Aufträge abzulehnen, die "von uns verlangen, was weder erlaubt noch intelligent ist".

Michael Emmert, Director Telemarketing von SAZ Marketing, sieht die Auftraggeber ebenso in der Pflicht. Diese sollten künftig bei der Vergabe von Etats nicht nur auf den Preis gucken. "Es schadet nicht, ruhig mal einen Euro mehr auszugeben, denn Qualität hat ihren Preis", so Emmert. brö

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