30.03.2005 - Online-Werbung 2005: Breitband ermöglicht immer ausgefallenere Werbeformen. Flash-Layer ersetzen umstrittene Pop-ups.
Flash-Layer, Skyscraper, Wallpaper, Superbanner - wer im Internet Anzeigen schalten will, dem bietet sich eine Vielzahl trendig klingender Werbeformen. Doch welche bringen den erhofften Erfolg? Und was muss man sonst noch beachten, wenn man seine Online-Werbegelder richtig anlegen will? ONEtoONE hat sich unter deutschen Online-Vermarktern und -Agenturen umgehört.
Zweifelsohne auf dem absteigenden Ast befindet sich die Pop-up-Werbung, die unaufgefordert in Form neuer Browser-Fenster erscheint und mühsam weggeklickt werden muss. Da sie in den letzten Jahren inflationär gebraucht wurde, haben sich viele genervte Nutzer so genannte Pop-up-Blocker installiert. Einige Browser-Hersteller bieten dieses Tool bereits standardmäßig an. Die Folge: Lediglich 50 Prozent der Pop-ups werden noch ausgeliefert. Der Rest verschwindet im digitalen Nirwana, was den Werbetreibenden natürlich nicht verborgen bleibt. Sie buchen daher immer weniger Pop-up-Werbung. Agenturen wie Berger Baader Hermes haben diese Werbeform bereits aus ihrem Sortiment genommen.
Dass die umstrittene Online-Werbeform trotzdem noch nicht gänzlich vom Bildschirm verschwunden ist, liegt unter anderem daran, dass es trotz Blocker kaum Einbußen bei den Response-Werten gibt. "Wer bisher Pop-ups angeklickt hat, klickt weiter. Wer bisher nicht auf Pop-ups geklickt hat, hat jetzt Blocker installiert", erklärt Arndt Groth, Präsident des Bundesverbands Digitale Wirtschaft (BVDW) und Chef des Online-Vermarkters Interactive Media. Zudem sind die Preise noch verlockend günstig.
Insgesamt werden Pop-ups aber immer mehr von den so genannten Flash-Layern ersetzt, die sich über Teile der Website legen und nach zehn Sekunden von selbst wieder verschwinden. Sie sind in der Regel deutlich kreativer als die meist statischen Pop-ups und enthalten oft spielerische Elemente wie kurze Werbefilme oder Buttons zum Anklicken. Weitere ausgefeilte Variationen sind Flash-Layer, die durchsichtig sind oder immer kleiner werden, um schließlich dezent im Hintergrund abzutauchen.
Doch trotz all dieser Vorteile besteht hier dieselbe Gefahr wie beim Pop-up: Werden die Layer zu häufig eingesetzt, dann dauert es gewiss nicht lange, bis die ersten Flash-Layer-Blocker auf den Markt kommen. "Man muss sehr vorsichtig damit umgehen", warnt der Marketing-Chef von Lycos Europe, Jean-Pierre Fumagalli. Glücklicherweise schränkten sich Vermarkter und Werbekunden aber freiwillig ein. So sei es in der Branche inzwischen Usus, Frequency und Session Caps einzusetzen. Sie bewirkten, dass die Werbung nur einmal pro User oder Sitzung erscheint, was den Nervfaktor erheblich reduziere.
Weniger ist manchmal mehr
"Je weniger ich das Werbemittel einsetze, desto besser ist der Response", sagt Fumagalli. Zudem legten die Plattformen viel Wert auf eine einheitliche Darstellungsweise der Flash-Layer, insbesondere beim Schließen-Button. Web.de-Sprecherin Nadja Elias sieht die Lage dagegen sehr viel dramatischer: "Die Layer werden in so hoher Penetration in den Markt gedrängt, dass die werbende Industrie Gefahr läuft, ein Top-of-the-Line-Produkt zu verbrennen."
Weniger riskant sind Content Ads, die wie eine Inselanzeige mitten im redaktionellen Text liegen, ohne diesen zu verdrängen. So fühlt sich der User nicht gestört, da er weiterhin den Inhalt der Seite sieht. Gleichzeitig ist die Anzeige immer noch groß genug, um Aufmerksamkeit zu erzeugen, erklärt Groth.
Noch schmerzfreier sind Wallpaper-Anzeigen, die gleichsam unaufdringlich und aufmerksamkeitsstark sind. Dabei erstreckt sich die Werbung auf den oberen Bereich, wo sonst der Banner zu finden ist, sowie auf die Flächen neben dem redaktionellen Inhalt. Das heißt: Der Inhalt befindet sich auf der Werbung wie ein Poster auf einer Tapete. Besonders wirksam ist diese Werbeform in Verbindung mit Flash-Layern. So kann der User auf die Werbung auch dann noch zugreifen, wenn der Flash-Layer nicht mehr da ist.
Fester Bestandteil fast jeder Kampagne ist - allen Unkenrufen zum Trotz - immer noch die 1994 erfundene Banner-Werbung. "Totgesagte leben nicht nur länger, im Falle des Banners wachsen sie auch noch und retten sich dadurch", sagt Ralf Scharnhorst von SinnerSchrader Media. Sprich: Aus Half-Size-Bannern in der Größe 468 x 60 Pixel wurden im Laufe der Zeit so genannte Superbanner im Format 728 x 90 Pixel. Denn "mit dem klassischen Banner können Sie keinen mehr hinter dem Ofen hervorlocken. Da klickt kein Mensch drauf", sagt Nils M. Hachen von der Agentur denkwerk.
Wenn Banner, dann animiert
In der Media-Planung nehmen Banner aber immer mehr ab, insbesondere wegen ihrer bescheidenen Klickraten. Laut Matthias Berger von Berger Baader Hermes erzielen großflächige Flash-Layer Response-Werte von 15 bis 18 Prozent. Bei Bannern seien es dagegen nur 0,5 bis 0,8 Prozent, sodass sich Flash-Layer trotz der höheren Preise in der Regel rechneten. Wer trotzdem weiter auf Banner baut, benutzt diese meist in animierter Form. Im Onliner-Werber-Denglisch heißt das Rich-Media-Banner. Die verbreitete Form ist dabei der HTML-Banner, der dank HTML-Programmierung ohne Zusatzmodule, so genannte Plug-ins, auskommt.
Mit der Wahl der Werbeform ist es aber noch nicht getan. Wer sichergehen will, dass seine Online-Werbegelder gut angelegt sind, muss noch eine Vielzahl weiterer Faktoren beachten. Im Vordergrund steht dabei nach Meinung der meisten Online-Vermarkter und Agenturen die Kreativität, die gerade unerfahrene Online-Werber noch vernachlässigten. "Wenn der Nutzer sieht, dass sich jemand Gedanken gemacht hat und die Seite einen unterhaltenden Effekt hat, dann respektiert er das und fühlt sich nicht gestört", sagt OgilvyInteractive-Geschäftsführer Alexander Ewig und beklagt, dass "erstaunlich viele Banner nichts anderes sind als animierte Print-Anzeigen". Dabei können "Kreativität und Kompromisslosigkeit zu einer außergewöhnlich hohen Aufmerksamkeit führen", schreibt Scharnhorst im aktuellen ONEtoONE Book. "Ist die Werbung radikal und witzig, wird sie fast automatisch berühmt, sodass ihre Bekanntheit um ein Vielfaches über dem Media-Wert liegt."
Den Nerv der Zeit treffen dabei besonders Werbefilme, die auf den viralen Effekt setzen. Das heißt: Sie sind so lustig gemacht, dass die Nutzer sie an ihre Freunde weiterleiten. Beliebt ist auch die Verlängerung von Fernsehkampagnen ins Internet. Dazu werden TV-Spots fürs Internet neu bearbeitet und anschließend als Streams online gestellt. Ziel ist es dabei, die Emotionen der Fernsehwerbung aufzugreifen und mit tiefer gehenden Infos zu verknüpfen.
Cross-Media verdoppelt Wirkung
Überhaupt schwören die Vermarkter auf die Vernetzung mit anderen Werbemitteln. Einer Studie der European Interactive Advertising Association (EIAA) zufolge verdoppeln Kombinationen aus TV- und Online-Kampagnen die Werbewirkung. Gleichzeitig steigen die Sympathiewerte der Marke deutlich.
Ein weiterer Trend besteht darin, eine Website tageweise zu buchen, wie zuletzt geschehen beim Portal Lycos, wo der Autobauer BMW sein neues 3er Modell damit bewarb, dass jedes e auf der Site durch eine 3 ersetzt wurde. Zwar sorgte diese Aktion auch für viel Verwirrung - einige User vermuteten Hacker hinter der Aktion - doch unterm Strich stand ein hohes Maß an Aufmerksamkeit. Allerdings warnen einige Kreative vor einem inflationären Gebrauch dieser Kampagnenart. "Man darf so etwas nicht zu oft machen, sonst nervt es zu stark", sagt Berger.
Targeting versus Umfeldwerbung
Mehr Exklusivität verspricht auch das verstärkte Targeting, das insbesondere Portale anbieten, die dank Angeboten wie Freemail über demografische Daten ihrer User verfügen. So können sie verhindern, dass sich beispielsweise in einem Auto-Channel Banner von vier verschiedenen Autobauern tummeln. Stattdessen erscheint die Werbung immer dann, wenn ein User online geht, der aufgrund seiner persönlichen Daten und seines Surf-Verhaltens als autoaffin gilt. "Das funktioniert allerdings nur dann, wenn der User valide Daten hinterlässt", gibt der Marketingchef des Vermarkters Tomorrow Focus, Frank Bacher, zu bedenken.
Wie solche Angebote im Markt angenommen werden, darüber gibt es verschiedene Aussagen. Laut Lycos nimmt das Targeting stark zu. Der Agenturvertreter Berger behauptet dagegen, dass die Kunden immer noch stark nach Umfeldern buchen und ihre Werbung nicht unbedingt im Log-in-Bereich platzieren möchten.
Erfolgskampagnen
Als erfolgreiche Kampagnen gelten neben der BMW-Aktion auf Lycos.de unter anderem der vom Medikamentenhersteller Hexal gesponserte Cholesterin-Channel auf Focus Online, die bebe-Young-Care-Kampagne auf GZSZ.de und das "Coke light Flirt Taxi", bei dem sich junge Männer per Mausklick als Coke-light-Mann und damit als Hauptdarsteller für einen TV-Spot bewerben konnten. Am Ende reichten 11.000 Männer ihr Profil ein, mehr als 2,5 Millionen User beteiligten sich an der Abstimmung (Voting). Ähnlich gute Werte kann die Kampagne von Elephant Seven für den Gebrauchtwagenbereich von Mercedes-Benz vorweisen. Durch die Maßnahme erhöhte der Autobauer seinen Gebrauchtwagenverkauf in einem rückläufigen Markt um mindestens zwei Prozent. Die Zahl der Ad-Klicks erhöhte sich um 261 Prozent, die Zahl der über das Internet verkauften Einheiten um 57,1 Prozent. Bei der DSL-Kampagne der Telekom-Tochter T-Com waren die Response- und Conversion-Raten 14-mal so hoch wie bei durchschnittlichen Motiven.
Trotz der offensichtlichen Effizienz des Mediums Online-Werbung halten sich aber die meisten Werbetreibenden sehr bedeckt, was die Erfolgswerte ihrer Kampagnen angeht. "Die besten Case-Studies werden Sie leider nie erfahren, weil die Kunden sie geheim halten", sagt Scharnhorst.
Viel Lob erhielt aber auf jeden Fall die Weigth-Watchers-Kampagne auf Amica.de, bei der sich die Seite zu einer Frauentaille verschlankte. Der Lohn war die Auszeichnung New Media Award 2005 in der Kategorie online. Für viel Aufsehen sorgte auch die Werbung der Fondsgesellschaft Activest, die wie eine Broschüre gestaltet war, sodass der Nutzer durch das Angebot blättern konnte, ohne die Seite zu verlassen.
Der Erfolg derartiger Kampagnen hängt neben der Kreation auch davon ab, wie viele Nutzer in der Lage sind, sie zu sehen. Das heißt: Wer verfügt über eine entsprechende Internet-Verbindung? Die Antwort: In Deutschland haben nur 6,6 Prozent der Haushalte DSL. Der EU-Durchschnitt liegt bei 7,6 Prozent. Als Gründe für die schleppende Entwicklung gelten zu hohe Preise und verwirrende Paket-Angebote. Da aber viele User auch bei der Arbeit surfen, wo meist Breitband-Verbindungen vorhanden sind, werden bei Portalen wie Lycos und RTL.de um die 60 Prozent der Page Impressions von DSL-Usern erzeugt, was der Branche Hoffnung gibt. Schließlich ermöglicht DSL größere und kreativere Werbeformen. "Durch DSL sind der Kreativität keine Grenzen gesetzt", schwärmt Fumagalli.
Damit die aufwändig programmierte Werbung nicht ins Leere geht, nutzen die meisten Portale DSL-Targeting. So bekommen Schmalband-Nutzer abgespeckte Versionen mit weniger als 100 KB zu sehen. Allerdings gibt es noch keine Standards bei der DSL-Erkennung, sodass die Agenturen die Werbeformen für jedes Portal neu anpassen müssen, was die Bereitschaft, ausgefallene Werbeformen zu entwickeln, vielerorts nicht gerade erhöht. Die BVDW-Mitglieder haben sich bereits auf einen Standard geeinigt. Jedoch halten sich nicht alle daran, unter anderem deshalb, weil einige Portale besonders ausgefallene Werbeformen verlangen, die nicht immer kompatibel sind. Bei Chat-Rooms entfällt dieses Problem weitestgehend. Da sich die User dort in der Regel recht lange aufhalten, stört es nicht weiter, wenn sich im Hintergrund ein Banner mühsam aufbaut.
Glänzende Aussichten
Abgesehen von der DSL-Problematik steht dem Erfolg der Online-Werbung aber kaum noch etwas im Weg. Die EIAA prognostiziert, dass sich die Ausgaben für Online-Werbung in Europa bis 2008 auf 6,3 Milliarden Euro verdreifachen. Damit würde sich der Anteil der Online-Werbung am gesamten Werbemittelaufkommen auf 7 Prozent erhöhen. Für 2014 erwartet das EIAA sogar 20 Prozent. In Deutschland beträgt das Gesamtvolumen der Online-Werbung nach BVDW-Hochrechnung der Nielsen-Zahlen etwa 555 Millionen Euro. Davon entfallen 385 Millionen auf klassische Online-Werbung, 110 Millionen auf Suchmaschinen-Werbung und 60 Millionen auf semiprofessionell vermarktete Websites und Affiliate-Programme. Laut Nielsen Media Research haben 2003 2.126 Werbetreibende 3.395 unterschiedliche Produkte online beworben. Von den 100 größten Werbern haben 82 ihre Online-Spendings erhöht, 42 sogar verdoppelt.
Umso erstaunlicher ist es, dass der Anteil am gesamten Werbeaufkommen lediglich 1,3 Prozent beträgt. Und das trotz steigender Mediennutzung: Im Schnitt verbringt der Deutsche täglich 58 Minuten im Internet. Zeitungen und Zeitschriften werden 28 bzw. 18 Minuten lang konsumiert, das Fernsehen 178 Minuten. Daran gemessen müsste der Online-Werbeanteil eigentlich etwa 12 Prozent betragen. Die Branche ist aber überzeugt, dass sich die Kluft zwischen Online-Konsum und Online-Werbung langfristig schließt. Als Beweis gilt die Tatsache, dass die Zuwachsraten in der Vergangenheit immer über denen der Klassischen Werbung lagen. "Wir bewegen uns in einem Wachstumsmarkt, der noch erhebliches weiteres Potenzial aufweist", sagt Ben Regensburger, Managing Director EMEA bei DoubleClick. Der denkwerker Hachen hält es daher für realistisch, dass der Anteil der Online-Werbung am Gesamtwerbemarkt innerhalb von zwei bis drei Jahren auf 5 bis 8 Prozent steigt. Nach Meinung von BVDW-Präsident Arndt Groth sind langfristig sogar bis zu 10 Prozent möglich. In den USA beträgt der Anteil bereits 3,6 Prozent, bei Investitionen von 9,5 Milliarden Dollar.
Online-Werbemarkt wächst weiter
Laut Harald Kratel, Geschäftsführer von G+J EMS und Vize des Online Vermarkter Kreises im BVDW, sind die meisten Vermarkter mit dem ersten Quartal sehr zufrieden, sodass sie für das Gesamtjahr Wachstumsraten von 15 bis 20 Prozent erwarten. Als Gründe gelten die zunehmende Professionalisierung bei Agenturen und Seitenbetreibern, die wachsende Akzeptanz der Online-Werbung bei den Unternehmen und die Fortschritte bei der einheitlichen Reichweitenmessung durch die Arbeitsgemeinschaft Online-Forschung (AGOF), die im Frühjahr ihre erste komplette Studie vorstellen wird.
Zudem entdecken immer mehr Firmen Online-Werbung als Branding-Tool. "Der Kunde guckt nicht mehr nur auf die Klickrate, sondern setzt Banner teilweise auch bewusst fürs Branding ein", berichtet Ewig. Dabei werde zunehmend akzeptiert, dass die Wirkung nicht genau zu messen sei. "Das ist bei Klassischer Werbung schließlich auch so." brö
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