28.12.2004 - Ein neues Direct-Mail-Panel soll das gesamte Aufkommen an Werbebriefen republikweit abbilden. Dazu wertet das Team von Ludger Vornhusen monatlich rund 180.000 Werbebriefe aus.
Nielsen erforscht ein neues Gebiet: Der klassischste aller klassischen Werbemarktforscher hat seine Direct-Mail-Werbestatistik gestartet. Mit den neuen Analysen von Nielsen Media Research kann die Verteilung der Budgets erstmals tatsächlich über alle Kanäle hinweg untersucht werden - ein Service, den übrigens auch der Mitbewerber Thomson Media Control (TMC) gerade für sich entdeckt. "Mittlerweile gibt es in jeder Branche mindestens einen aggressiven Billiganbieter, der die Markenartikler in Bedrängnis bringt", sagt Ludger Vornhusen, Geschäftsführer von Nielsen Media Research in Hamburg. Da sei es logisch, dass diese verstärkt nach neuen Wegen der Kundenansprache suchen. Und dies in einem Umfang, der den renommierten Klassik-Beobachter dazu bewog, sein Augenmerk auf die lange Zeit "below the Line" geführten Aktivitäten zu lenken.
Vor gut einem Jahr wurden schließlich Brieföffner angeschafft, Scanner installiert und mehr als zwei Dutzend Mitarbeiter eingestellt. Aus 5.000 Haushalten kommen nun monatlich rund 180.000 Werbebriefe in die Hansestadt, damit sie sortiert, ausgewertet und mit Hilfe der hauseigenen Software archiviert werden - eine Aufgabe, die mittlerweile insgesamt 40 der 170 Mitarbeiter in Atem hält. Als Interessenten für das neue Nielsen-Gebiet hat Ludger Vornhusen einerseits Unternehmen im Visier, die die Mailing-Aktivitäten ihrer Mitbewerber verfolgen wollen. Andererseits soll das Direct-Mail-Panel den Media-Agenturen bei der Kampagnenplanung helfen. Auf jeden Fall können alle über die etablierten Produktformate auf die Direct-Mail-Statistik zugreifen.
Im Probelauf von Januar bis Ok-tober 2004 hat das Unternehmen für das Direktmarketing bereits Bruttoausgaben von 2,1 Milliarden Euro gemessen. "Investitionen, die so vorher nicht transparent waren", so Vorn-husen. Die Direct-Mail-Werbestatistik erfasst systematisch Informationen über verschiedene Mailing-Typen: den Absender, die beworbenen Produkte sowie die werblichen Motive, nicht zu vergessen das portorelevante Gewicht. Daraus werden die Bruttoaufwendungen pro Sendung abgeleitet.
Wer Studien am Objekt betreiben möchte, kann das Mailing zudem als JPG-Datei erhalten - das ganze einmal im Monat, pro Woche oder ad hoc. Was vor allem Marketingverantwortliche in Angst und Schrecken versetzen dürfte, sind Nielsens so genannte Sonderanalysen. Dafür machen die Absender auf einem Meldezettel Angaben zum Umgang mit dem jeweiligen Mailing.
Wurde die Sendung gelesen? War das Angebot interessant? Wird der Empfänger darauf reagieren? Mit diesen Angaben lassen sich individuelle, produkt-, branchen- oder sogar unternehmensspezifische Erfolgskontrollen durchführen. Ausreden wie "Ohrenwärmer hatten einfach lausige Resonanz im August" zählen keinen Cent mehr, wenn die Konkurrenz damit Rekord-Response erzielt. "Die ersten Sonderanalysen brachten überraschende Ergebnisse", berichtet Vornhusen. "Zum Beispiel sind die Response-Werte von Baumarkt-Direktwerbung sehr unterschiedlich, obwohl vielen die eingesetzten Werbemittel auf den ersten Blick ähnlich erscheinen. Hier steckt viel Optimierungspotenzial für die Kunden."
Wettbewerber zieht nach
Beinahe zeitgleich mit dem Start des DM-Panels von Nielsen integriert der Werbemarktforscher Thomson Media Control, ein Joint Venture der beiden Medienforscher Media Control in Baden-Baden und der britischen Thomson Intermedia, vergleichbare Daten in sein Online-Reporting für den deutschen Markt. Ab Januar 2005 werden die seit einigen Jahren erhobenen Mailing-Daten der Nürnberger Gesellschaft für Konsumforschung (GfK) in das Angebot eingespeist.
Mit der Integration in die TMC-Werbestatistik sieht der Direct-Mail-Report von TMC der Nielsen-Offerte zum Verwechseln ähnlich. Doch es gibt Unterschiede, vor allem beim Umfang der analysierten Medienbasis: Nielsen prognostiziert für das Jahr 2004 ein Gesamtaufkommen von 16,5 Milliarden Sendungen; die GfK kommt in den ersten drei Quartalen nur auf rund 1,2 Milliarden Mailings. Wie das? Die ungleichen Zahlen resultieren aus der Auslegung des Begriffs "Dialogmarketing".
So scannt die GfK nur adressierte bzw. ab Januar 2005 auch teiladressierte Werbung ausgewählter Branchen und lässt darüber hinaus Telefonmarketing-Maßnahmen melden. Nielsen hingegen wertet alle Formen von Haushaltswerbung außer Beilagen der Geschäftskorres-pondenz wie Telefonrechnungen aus. Kostenlose Zeitungen und Haushaltswerbung, beispielsweise Einkauf Aktuell von der Deutschen Post, werden mitgezählt. "Unser Fokus ist die vollständige Beobachtung eines Mediums", sagt Ludger Vornhusen. Folge: Die deutlich höhere Grundgesamtheit der ausgewerteten Medien.
Stichprobe und Reporting
Auch beim Reporting lässt TMC die Sache ruhiger angehen und meldet nur einmal im Monat oder ad hoc. Aus Hamburg dagegen, wo Nielsen gerade seinen tagesaktuellen Ad-Alert-Service gestartet hat, werden die DM-Zahlen sowohl wöchentlich als auch monatlich berichtet. Einen Service wie bei AdAlert, bei dem die Werbekreationen tagesaktuell um acht Uhr morgens auf dem Schreibtisch landen, gibt es derzeit noch nicht. "Über eine Integration in Ad-Alert entscheiden wir später", sagt Vornhusen.
Einen weiteren Unterschied macht die Stichprobe, die bei Nielsen 5.000 und bei der GfK nur 3.000 von bundesweit knapp 39 Millionen Haushalten enthält. In beiden Fällen wird das realexistierende Mailing-Aufkommen hochgerechnet auf die Gesamtbevölkerung. Die Panel-Größe sei allerdings nicht entscheidend für die Repräsentativität, kontert Thomson-Chef Norman Wagner. In beiden Panels bilden die Marktforscher für Sonderanalysen sozio- und psychodemografische Profile der befragten Haushalte ab. So werden die Mailing-Adressaten verschiedenen Einkommensklassen zugeordnet, das Alter des so genannten Haushaltsvorstands erfragt und dergleichen mehr. Nielsen-Chef Vornhusen lässt an seinen Ambitionen keinen Zweifel: "Unter sonst gleichen Bedingungen ist die größere durchaus die bessere Stichprobe." Was immer die Medienforscher zu Tage fördern: Das Effizienzversprechen des Dialogs steht auf dem Prüfstand wie nie zuvor. asc
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