Postmarkt sucht nach Nischen

22.05.2003 - Differenzierung und Spezialisierung lautet die Devise!

Es handelt sich um eine unendliche Geschichte: die Liberalisierung des europäischen Postmarktes. Sie wird wohl noch einige Jahre in Anspruch nehmen und dabei nach wie vor die (Direktmarketing-)Gemüter erhitzen. Im Januar 2003 fiel die Gewichtsgrenze im Monopolbereich von 200 auf 100 Gramm. Im Januar 2006 wird die Grenze weiter auf 50 Gramm sinken. Der grenzüberschreitende Briefverkehr soll bis dahin in fast allen EU-Mitgliedstaaten freigegeben werden. Weitere Liberalisierungen sind für 2009 geplant.

Der Paketbereich wird vom Monopol nicht angetastet. Kein Wunder also, dass die europäischen Postdienstleister an Strategien und Konzepten arbeiten, um sich auf die kommenden Liberalisierungswellen vorzubereiten. Es gilt, die jeweiligen Brief- und Paketdienste Erfolg versprechend zu positionieren und die potenziellen Nischen im europäischen Postmarkt zu identifizieren.

"Neben den bereits länger im Wettbewerb stehenden Märkten wie Kurier/Express und B-to-B-Pakete verändert sich der Markt vor allem im Mail-Bereich sowie ansatzweise auch im B-to-C-Kleinwarenmarkt", glaubt Daniel Ogg, Head of Corporate Development bei der Swiss Post International in Bern. Wie in allen ehemaligen Monopolmärkten werde der Wettbewerb primär über den Preis ausgetragen. Allerdings entwickle sich die Nachfrage in verschiedene Richtungen: "Dabei zeigt sich, dass es keine sehr einfachen Nischen gibt", so Ogg, "sondern dass sie aus verschiedenen einzelnen Aspekten zusammengesetzt sind."
Eine Nische ist offensichtlich nach wie vor die Positionierung über Qualität. "Qualität, die traditionell mit Laufzeit umschrieben wird, umfasst in Zukunft den gesamten Prozess von der Kundenbetreuung bis zur empfängerorientierten Dienstleistung und enthält demzufolge auch verschiedene Nischen", sagt Ogg. Sein Fazit: Statt bisheriger logistisch getriebener Standarddienstleistungen stehe eine "bedürfnisorientierte Segmentierung der Angebote" im Vordergrund.

Auch die Deutsche Post World Net setzt auf Spezialisierung. Die Bonner bewerten laut Dr. Herbert-Michael Zapf, Mitglied des Deutsche-Post-Bereichsvorstands Brief, den europäischen Postmarkt nach länderspezifischen Nischen - abhängig vom Stand der jeweiligen nationalen und internationalen Regulierung. "Direct Mail stellt in den Niederlanden einen sehr interessanten Bereich dar, weil die Zustellung solcher Sendungen vollständig liberalisiert ist."
Ein weiteres "lohnendes Marktsegment" sieht Zapf in der Zustellung großer Sendungsmengen eines Absenders ("Bulkmail") in Großbritannien.

Die Österreichische Post in Wien bricht die lohnenswerten Nischen auf einzelne Produktbereiche herunter. Im Direktmarketing sieht Walter Maderner, Leiter der Strategischen Unternehmensplanung, noch Potenzial im Permission-basierten Marketing, bei Adressprodukten und bei Umzugsdatenbanken. Außerdem in der Positionierung als Generalunternehmer für Fulfillment, der beispielsweise Lettershop-Aktivitäten und Response-Bearbeitung abwickelt.
Im Paketbereich ist nach Maderners Bekunden noch Spielraum für Business-to-Consumer-Branchenlösungen wie Versandhandel, Zeitfensterzustellung oder Retouren-Management. Last but not least glaubt der Post.at-Mann an die zunehmende Bedeutung von Adressdaten im internationalen Segment.

Als Marktnische beurteilt primeMail, Hamburger Zustell-Joint-Venture von Hermes General Service und Swiss Post International, die Distribution von Infopost sowie Schwer- und Kleinwarensendungen, die ohne Empfängerquittung zugestellt werden. "Gerade die Zustelllung von Warenproben zu briefähnlichen Preisen ist für uns dabei ein interessantes Segment", kommentiert primeMail-Geschäftsführer Frank Swoboda. "Als weitere Nische haben wir die kostengünstige Rückführung von Retouren identifiziert."
Auch mit der lückenlosen elektronischen Erfassung aller Papiersendungen und dem bundesweiten Sendungsverfolgungssystem könne man sich vom Wettbewerb differenzieren.

Differenzierung und Spezialisierung lautet also die Devise der europäischen Postdienstleister - nicht nur bei der Erschließung neuer Marktsegmente. Der Aktionsraum für die Wettbewerber wird im Zuge der sukzessiven europäischen Postmarktöffnung enger. Man darf also gespannt sein, was sich die Distributoren in den nächsten Monaten und Jahren einfallen lassen, um auch nach der Marktöffnung in der führenden Liga mitzuspielen. ks

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