29.11.2011 - Ist Payment ein notwendiges Übel oder ein wichtiges Element für ein positives Kauferlebnis, hohe Konversionsraten und Kundenbindung? Der Markt der elektronischen Zahlungsmittel befindet sich im Wandel. Das liegt auch daran, dass der E-Commerce ungebremst weiterboomt. Innovative Technologien schlagen außerdem zunehmend die Brücke zwischen virtuellem und realem Einkauf.
Bereits 63,6 Prozent beträgt der Anteil des E-Commerce am Umsatz der deutschen Distanzhändler. Das ergab die Erhebung des Bundesverbands des deutschen Versandhandels (BVH) für das dritte Quartal 2011. Und die Tendenz geht ungebrochen weiter nach oben. Für das Jahr 2011 geht der BVH von einem Gesamtumsatz von mehr als 32,2 Milliarden Euro aus, im Online-Handel werden davon voraussichtlich 21,1 Milliarden Euro generiert und damit 15 Prozent mehr als im Vorjahr.
Unabdingbar damit verbunden, doch bisher meist im Hintergrund ist das E-Payment. Mit ersten Vorstößen im Bereich der Digital Wallets zum Beispiel vom Internet-Riesen Google oder durch Pilotprojekte mit kontaktlosen Zahlungen via mit Near Field Communication (NFC) ausgestatteten Karten, beispielsweise im Real Future Store der Metro Group oder bei "Touch & Travel" der Deutschen Bahn (Seite 20) erhalten Online-Zahlungsmethoden auch über Lösungen für den Stationärhandel immer mehr Bedeutung. "Mittelfristig wird digital nicht mehr von mobil zu unterscheiden sein. Es spielt dann keine Rolle mehr, ob Anwendungen Web-basiert sind oder auf NFC aufbauen", meint Peter Vesco (Group CEO Clickandbuy).
"Die Zahlungsart ist zwar nicht direkt für den Umsatz verantwortlich, doch wenn sie nicht den Ansprüchen der Kunden entspricht, erzeugt sie ein negatives Kundenerlebnis. Daher wurde Payment lange als notwendiges Übel verstanden", sagt Michael Hülsiggensen, Leiter der Unit Payment in der Fachgruppe E-Commerce im Bundesverband Digitale Wirtschaft (BVDW) und Geschäftsführer Eos Payment Solutions (Otto Group). "Mittlerweile haben viele verstanden, dass sie zwar mit verschiedenen Payment-Lösungen an sich nicht verkaufen, sie jedoch unbedingt für den Verkauf benötigen", so Hülsiggensen weiter.
Mit der Nachfrage auf Seiten der Händler ist auch das Angebot der Dienstleister gestiegen. Zahlreiche neue Player sind in den Markt eingetreten und versuchen, sich ein Stück des lukrativen Geschäfts zu erobern. Aber auch etablierte Unternehmen entwickeln neue Produkte und beteiligen sich an Innovationen, um dem Markt zu größerem Wachstum zu verhelfen.
[f1]Noch ist der Markt jedoch extrem unübersichtlich. Neben den zahlreichen Anbietern unterschiedlicher Zahlmethoden in den Bereichen Kreditkarten, Überweisung und Lastschrift, Mobile Payment, Vorkasse, Wallets, Rechnungs- sowie Ratenkauf tummeln sich noch mehr Payment Service Provider (PSP) in diesem Segment, die neben eigenen Zahlarten vor allem die anderer Anbieter bündeln und Händlern im Paket anbieten. Zusätzlich gehören Dienstleistungen wie Debitoren-, Forderungs- und Risikomanagement, Factoring, Inkasso und Mahnwesen in diese Branche. "In Deutschland gibt es etwa 500 Anbieter, die entweder direkt Zahlmethoden anbieten, als PSP oder als Akquirer beziehungsweise Auskunftei tätig sind", sagt Hülsiggensen. Er ist jedoch der Ansicht, dass insgesamt am deutschen Markt wohl nur rund 15 Anbieter eine relevante Rolle spielen.
Um die Händler durch den Payment-Dschungel zu lotsen, wurde unter anderen vor eineinhalb Jahren die Unit E-Payment in der Fachgruppe E-Commerce des BVDW gegründet. "Als Verband sehen wir es als unsere Aufgabe, diesen Bereich verständlicher und transparenter zu machen", so der Unit-Leiter. Eigene Leitfäden, die über das aktuelle Marktgeschehen informieren, sollen Unternehmen unterstützen. "Unser Wunsch ist es, langfristig eine Matrix zu erstellen, bei der die Händler ihre individuellen Daten wie Warengruppen und Zielgruppe eingeben können, um dann eine Empfehlung für geeignete Zahlmethoden und -anbieter zu erhalten. Das ist jedoch sehr komplex und eine Umsetzung derzeit noch nicht absehbar."
Und auch wenn der Markt offenbar unüberschaubar ist, versucht Hülsiggensen, das Komplizierte simpel zu fassen: "Eigentlich entspricht E-Payment dem Terminal im Ladenlokal, der Kasse. Wenn am Point-of-Sale viele Kunden bezahlen möchten, entsteht eine Schlange, oder eine technische Störung hält den Betrieb auf. Dann müssen mehr Kassen geöffnet werden. Beim Online-Shopping und digitalen Payment erleben die Kunden nur äußerst selten solche Wartezeiten. So entstehen auch im digitalen Payment-Bereich vermeintlich neue Zahlarten, die aber meist auf den bereits bekannten Methoden aufbauen." So sind tatsächlich die Zahlarten an sich wenig revolutionär. Stattdessen arbeiten die Dienstleister daran, sich über zusätzliche Angebote, starke Eigenmarken oder White-Label-Lösungen vonei-nander zu differenzieren.
Laut Hülsiggensen hat sich damit auch die Bedeutung von Payment bei den Händlern verschoben. War früher der E-Commerce-Leiter oft mitverantwortlich für elektronische Zahlmittel, fällt diese Aufgabe nun eher ins Marketing. "Mittlerweile gibt es eine so große Auswahl an Zahlungsarten, von denen sicherlich einige benötigt werden, aber eben nicht alle, dass es sehr auf die zielgruppenspezifische Auswahl der Zahlmethode ankommt", sagt Hülsiggensen. Zudem werde bei der Vielfalt der Anbieter die Transparenz der Preise und Kosten immer wichtiger. "E-Pay-ment wird daher langfristig eher im Marketing verankert sein sowie Kompetenzen im Finanzbereich erfordern."
[hl]Rechnungskauf wird beliebt bleiben[/hl]
Eins der Zahlungsmittel, das sich in Deutschland noch immer extrem hoher Beliebtheit erfreut, sind die für den Händler risikoreichen, aber für den Kunden sehr sicheren und bequemen Zahlmethoden. "Der Kauf auf Rechnung bzw. Ratenkauf ist zwar aus unserer Sicht eigentlich ein Offline-Zahlungsmittel. Doch belegen Studien seit Jahren, dass die Bedeutung des Rechnungskaufs weiter zunimmt", so Hülsiggensen. Das liege speziell in Deutschland an der gewachsenen Tradition der Versender, die damit lange erfolgreich waren, sowie am damit verbundenen gelernten Verhalten der Konsumenten. "Zudem ist der deutsche Verbraucher im Internet noch immer skeptisch, ob der Datenschutz gewährleistet ist." Für die Händler gelte es daher zu akzeptieren, dass Rechnungs- und Ratenkauf trotz des höheren Risikos ein wichtiger Kaufgrund für den Endkunden sein kann. "Aus unserer Erfahrung verzeichnen eigentlich alle Unternehmen, die diese Zahlmethode in ihren Shops anbieten, deutliche Umsatzsprünge", kann Hülsiggensen berichten.
Große Händler können problemlos diese für sie risikoreicheren Zahlarten anbieten, so Hülsiggensen. "Sie verfügen meist über umfangreiche Daten und haben viel Erfahrung auf dem Gebiet." Am problematischsten ist es offenbar für junge E-Commerce-Händler Rechnungskauf anzubieten. Denn die wissen, meint Hülsiggensen, relativ wenig über ihre Kunden und haben oft längere Zeit nicht auf ihren Kundenstamm geachtet. Da diese Zahlarten in vielen Fällen auch ein Liquiditätsthema darstellen, gibt es seit einigen Jahren immer mehr Anbieter in diesem Bereich. Hülsiggensen zufolge ist der Markt allerdings noch sehr intransparent. So machen verschiedene Abrechnungsmodelle die Dienstleister schwer vergleichbar. "Beim Rechnungskauf unterscheiden sich die Anbieter vor allem darin, wie gut sie das Risikomanagement im Griff haben. Dabei stellt sich die Frage, wie viele Kunden sie annehmen, deren Daten sie entsprechend gut verwalten können. Man kann davon ausgehen, dass sich die Produkte der verschiedenen Anbieter einander annähern, wenn sie drei bis vier Jahre am Markt sind."
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