15.01.2010 - Seit 30 Jahren werden Computer- und Videospiele kommerziell vermarktet. Es existiert mittlerweile ein großer und einflussreicher Industriezweig. Die Entwicklung der neuen PC- und Konsolenspielgeneration wird stetig aufwändiger und teurer. Für eine gewinnbringende Platzierung des Produkts am Markt sind die Hersteller in der Pflicht, neue Einnahmequellen zu erschließen. Neben dem Absatz, dem Merchandising und der plattformübergreifenden Entwicklung etabliert sich das In-Game-Advertising. Es ist ein neuer Werbekanal, der von Marktforschungsinstituten wie der Yankee Group ein großes Marktpotenzial zugeschrieben bekommt. Aus dieser Motivation heraus ist diese Studie entstanden.
Das In-Game-Advertising umfasst jegliche Platzierung von Werbeinhalten in Computer- und Videospielen. Inzwischen werden mehrere Formen des In-Game-Advertising unterschieden. Die Ad-Games werden von den Auftraggebern als Kommunikationsmittel für das Produkt oder die Marke genutzt und dienen der Imagepflege, der Aufmerksamkeitssteigerung, der Produktvorstellung und/oder der Adressgenerierung. Das statische In-Game-Advertising ist vergleichbar mit TV-Spots und Printanzeigen, da hier Werbeinhalte fest in ein Spiel eingebunden werden und keine nachträgliche Veränderung der Inhalte möglich ist. Beim dynamischen In-Game-Advertising schließlich können Werbeinhalte über eine Internetschnittstelle (wie beispielsweise beim Download von Add-ons zu einem Spiel) von Ad-Servern flexibel in ein Spiel eingefügt werden, so dass diese Variante mit der Schaltung von Werbebannern auf Internetseiten vergleichbar wird, obwohl das Medium selbst eher mit dem Medium TV korrespondiert. Die Zielgruppe, die durch diesen Kanal erreicht werden kann, wird laut repräsentativen Studien auf 10,7 bis 12,2 Millionen Männer und 6,3 bis 7,5 Millionen Frauen geschätzt, mit dem Hauptalter zwischen 14 und 39 Jahren. Basierend auf dem Online-Gaming-Verhalten wären ca. 3,7 Millionen Menschen in Deutschland für das dynamische In-Game-Advertising erreichbar. Die Marktprognosen für die Branche fallen durchweg positiv aus und gehen von einem kontinuier-lichen Wachstum aus.
Der Einsatz von In-Game-Advertising bietet sowohl der Spielindustrie als auch der Werbeindustrie etliche Vorteile. Auf der einen Seite müssen die zusätzlichen Einnahme-möglichkeiten über die Bereitstellung von Werbeflächen genannt werden, die zur Kostendeckung der enorm gestiegenen Spiele-Produktionskosten beitragen. Auf der anderen Seite können die Werbetreibenden einen Kanal nutzen, der effektiv auf bestimmte Zielgruppen zugeschnitten ist und eine hohe Affinität sowie geringe Streuverluste aufweist.
Bei gamematrix, der Forschungsabteilung der 11 Prozent Communication, hat man sich für ein experimentelles Vorgehen entschieden, um einige relevante Fragen zum Thema In-Game-Advertising zu untersuchen. Die Kerndaten wurden dabei mit Hilfe des in Werbewirksamkeitsunter-suchungen weit verbreiteten und anerkannten Eyetracking-Verfahren erhoben; hinzu kamen per Fragebogen erhobene demografische und verhaltensbeschreibende Daten der teilnehmenden Probanden, um weitere Interpretations-möglichkeiten anhand von Korrelationen zu erhalten. Für die Untersuchung ausgewählt wurden zwei Spiele verschiedenen Genres, die Rennsimulation "Need for Speed: Pro Street" und die Fußballsimulation "FIFA08". Bei der Auswahl der Spiele stand insbesondere deren Eignung für In-Game-Advertising im Vordergrund, also das Enthalten von In-Game-Werbung auf der einen Seite, und die Möglichkeit, Werbung einzubinden, auf der anderen Seite. Im Fall von "FIFA08" waren sogar beide Anforderungen erfüllt, was sich insbesondere dahin vorteilhaft zeigte, dass man die enthaltenen Werbeinhalte sehr gut auf die deutsche Zielgruppe hinsichtlich des Bekanntheitsgrades und der Prüfung der Markenpassung zum Spielgenre zuschneiden konnte. Darüber hinaus wurden relevante Daten über die Spieler, ihre Freizeit- und Spielpräferenzen bzw. ihr -verhalten, und ihre Einstellung zur Werbung allgemein und in Spielen mit Hilfe eines demografischen Fragebogens erhoben.
[f1]Zur Datengewinnung über die Werbeerinnerung wurden zwei verschiedene Abfragemethoden eingesetzt. Zum einen wurde die ungestützte Erinnerung der Teilnehmer an die im Spiel enthaltene Werbung abgefragt. Ergänzt wurde dies durch eine durch Bildkarten gestützte Werbe-erinnerungsabfrage (sog. Copy-Test). Hierbei konnten sich die Testpersonen entscheiden, ob die ihnen vorgelegten Markensignets von verschiedenen Unternehmen im Spiel vorgekommen waren oder nicht.
Die Ergebnisse der Studie geben vielfältige Antworten über die Zielgruppe der Spieler selbst, aber auch über die Wirksamkeit von In-Game-Advertising an sich und auch über die optimale Gestaltung und Platzierung der Werbeinhalte. Zwei der markantesten Fakten zu den Spielern sind die sehr niedrige Bereitschaft, für Spiele Geld auszugeben trotz hoher Verbreitung des Computerspielens als Freizeitbeschäftigung auf der einen Seite, und die sich gezeigten Altersunterschiede in den Anteilen von Auf-merksamkeit und Werbeerinnerung auf der anderen Seite. Die geringe Zahlungsbereitschaft unterstützt deutlich den Wandel im Spielverhalten. Neue Konzepte wie Gaming-Flatrates oder Online-Gaming-Plattformen, die neuartige Zahlungsmodelle bieten, sind damit eine hervor-ragende Möglichkeit, auf diesen Wandel zu reagieren. Auf der anderen Seite müssen die Spielhersteller und Werbeagen-turen bei der Gestaltung von Werbeplatzierungen in ihren Spielen auch darauf Rücksicht nehmen, welche Genres bei welchen Altersgruppen besser ankommen bzw. weiter verbreitet sind, damit die Werbung ideal auf diese Altersgruppen zugeschnitten werden kann.
Als wichtigstes Ergebnis zur Werbewirksamkeit hat sich gezeigt, dass es in jedem Genre vor allem darauf ankommt, dass die Werbeinhalte an den richtigen Stellen im Spiel platziert werden, sowohl in der räumlichen als auch in der chronologischen Sicht. Bestimmte Phasen in Spielen eignen sich hervorragend für die Werbeplatzierung, da die Aufmerksamkeit des Spielers in ihnen weniger auf das Spielgeschehen konzentriert ist oder das Spielgeschehen es sogar erforderlich macht, dass die Aufmerksamkeit des Spielers auf die Umgebung gerichtet sein sollte. Darüber hinaus gibt es auch Locations innerhalb der Spielumgebung, in denen Werbeinhalte schneller wahrgenommen werden und damit überhaupt erst eine Chance erhalten, vom Spieler bemerkt und später erinnert zu werden. Da gerade bei Actionspielen die Aufmerksamkeit für Werbeinhalte nur für Bruchteile von Sekunden gegeben ist, muss diese entsprechend genau und effektiv platziert werden.
Bei der Gestaltung von Werbeinhalten hat sich herauskristallisiert, dass viele der gewohnten Regeln aus anderen Medien nicht auf die Werbung in Spielen übertragen werden können, sondern eigene Gesetzmäßigkeiten beachtet werden müssen. Dazu zählen sicherlich auch die Werbe-Add-ons (wie beispielsweise das Einbinden von einmaligen Spiel-gegenständen, die als Image-, Marken- oder Produktwerbung ihre Funktion erfüllen), eigens von Firmen gesponserten Add-ons oder Mods, aber auch so grundlegenden Faktoren wie die Gestaltung der Bilder, Dreidimensionalität und Bewegung, die verwendeten Schriftarten und Farben und die Fragen von Kontrast und Auflösung. Natürlich ist auch die Frage der Markenpassung nicht unwichtig. So haben sich die Teilnehmer z.T. fälschlicherweise an Marken erinnert, ob-wohl diese nicht im Spiel erschienen sind, allein aufgrund der Tatsache, dass diese Marken entweder bekannte Sponsoren von tatsächlich stattfindenden Renn- oder Fußballspielen sind oder aber weil diese Marken aus der Erfahrung und Assoziation der Teilnehmer heraus als zum Spiel passend wahrgenommen und deshalb fälschlicherweise erinnert werden.
Als Fazit lässt sich sagen, dass In-Game-Werbung unter der Beachtung der sich empirisch gezeigten Eigenheiten wirksam ist und dass mit der zunehmenden Verbreitung von Computerspielen im Alltag der Konsumenten ein Werbekanal mit starker Kommunikationswirkung besteht. Mit dem Trend der zunehmenden Verlagerung des Spielens ins Internet werden sogar noch weitere Stärken des Mediums gekräftigt: Die Aktualität und Flexibilität von dynamischem In-Game-Advertising und die einmaligen Möglichkeiten der Image- und Produktwerbung durch downloadbare Adds und Mods.
[b]Der Autor: Carsten Szameitat ist Forschungsleiter der gamematrix und Geschäftsführer der 11 Prozent Communication in Erding.[/b]
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