22.11.2004 - news aktuell & Co. bringen Pressemitteilungen zielgenau in die Redaktionen
Wenn Hermann Müller, Pressesprecher eines mittelständischen Unternehmens in München, daran zurückdenkt, wie er vor wenigen Jahren noch Pressemitteilungen unters Journalistenvolk brachte, dann läuft ihm regelmäßig ein kalter Schauer über den Rücken: Mühselig musste er ständig seine Verteilerliste aktualisieren, indem er Redaktionen anrief, Zeitungsimpressen durchstöberte und Mediennachschlagewerke wälzte. Eine wahre Sisyphusarbeit: Regelmäßig kamen E-Mails mit dem Hinweis "nicht zustellbar" zurück, und Faxbesitzer beschwerten sich, Mitteilungen erhalten zu haben, die nicht für sie bestimmt waren.
Heute gibt Müller einfach seinen Text in ein Internet-Formular ein und drückt auf die Return-Taste. Wenige Minuten später wird seine Pressemitteilung nicht nur an Zehntausende Fachjournalisten verschickt, sondern auch an mehr als 320 Redaktionen, die den Nachrichtenticker der Deutschen Presse Agentur (dpa) abonniert haben.
Zu verdanken hat Müller diese Arbeitserleichterung dem Presseservice news aktuell (NA), der 1989 vom ehemaligen Reuters-Vertriebsleiter Carl- Eduard Meyer gegründet wurde und vor wenigen Tagen zusammen mit mehr als 200 Gästen aus Medien, PR und Wirtschaft sein fünfzehnjähriges Jubiläum feierte.
Bereits Mitte der Achtzigerjahre hatte Meyer darüber nachgedacht, ob sich das Konzept der Nachrichtenagenturen nicht einfach umdrehen lässt. Das heißt: Nicht der Empfänger zahlt, sondern der Absender. Als er dann erfuhr, dass ein ähnliches Prinzip in den USA große Erfolge feierte, entschloss er sich, dieses auf den deutschen Markt zu übertragen.
Fünf Jahre später erkannte die Nachrichtenagentur dpa das enorme Potenzial des Geschäftsmodells und integrierte news aktuell in ihren Konzern, wodurch die Reichweite der versendeten Pressemitteilungen deutlich stieg. Schließlich bekamen fortan auch dpa-Abonnenten die Aussendungen von news aktuell. In der Folge wurde das Kürzel ots (Originaltextservice) zu einem Markenzeichen. Für viele Journalisten haben ots-Meldungen eine ähnlich hohe Wertigkeit wie Agenturmeldungen, vermutlich weil der Versand über dpa auf eine gewisse Professionalität des jeweiligen Unternehmens schließen lässt.
Doch die Konkurrenz schläft bekanntlich nicht: Drei Jahre nach der Übernahme von news aktuell durch dpa gingen die Presseservices pressetext und pressrelations mit ähnlichen Angeboten an den Start. 2000 folgten press1, 2001 die Dienste fax2presse und Pressemitteilung24.de sowie der US-Anbieter PR Newswire, der seit Juli aber nur noch als Kooperationspartner für internationale Aussendungen in Erscheinung tritt. Die Landsmänner von business wire, die 2002 ein Büro in Frankfurt eröffneten, haben dagegen auf dem deutschen Markt überlebt. Ebenfalls seit 2002 dabei: das Leipziger Unternehmen directnews.
Im Grunde bieten alle die gleiche Dienstleistung an: den Versand von Pressemitteilungen an möglichst viele Journalisten. Die Unterschiede bestehen hauptsächlich in den Preisen, den Feinheiten des Angebots sowie in der Qualität und Quantität der Adressen. Die meisten E-Mail-Abonnenten zählt Pressetext mit 80.000 registrierten Nutzern. News aktuell hat 30.000 Abonnenten. Dazu kommen 320 dpa-Kunden mit insgesamt rund 26.000 Terminals, an denen die ots-Meldungen abgerufen werden können.
Bei den Internet-Zugriffen liegt Pressetext nach eigenen Angaben mit 1,2 Millionen Visits und 5,2 Millionen PIs ebenfalls klar vor news aktuell, was vermutlich darauf zurückzuführen ist, dass das Portal auch redaktionell aufbereitete Meldungen anbietet. Die news-aktuell-Site Presseportal.de generiert laut IVW-Online monatlich etwa 533.000 Visits und 1,9 Millionen Page Impressions (PI).
Nach Meinung von directnews-Gründer Wolfgang Zehrt sind die meisten Zahlen aber mit Vorsicht zu genießen, da sie nicht immer nachprüfbar seien. So sei es zum Beispiel fraglich, ob es sich bei den angegebenen Abonnenten auch wirklich um Journalisten handelt, da die Versender nur auf die freiwilligen Angaben der Empfänger zurückgreifen können. "Ich glaube ehrlich gesagt nicht, dass wir oder irgendein Mitbewerber dies seriös sagen können", sagt Zehrt. Verlässlich sei dagegen die Anzahl der verschickten Meldungen. Directnews kommt auf 4.000 im Jahr. Einsame Nummer eins in dieser Kategorie ist erneut news aktuell mit 138.000 Pressemitteilungen vor Pressrelations (33.000).
Bei der Angebotspalette überbieten sich die Unternehmen gegenseitig mit Features wie RSS-Feed (Weblog), Verfassen von Pressemitteilungen, Presse-Clippings, Online-Pressefächern, Pressemitteilungs-Flatrates, Presseanfragediensten, Einspielen in Datenbanken und Online-Portalen sowie Eintragungen in Suchmaschinen.
Die Zukunftsaussichten beurteilen alle Marktteilnehmer als durchaus positiv, hauptsächlich aufgrund der Tatsache, dass immer mehr Unternehmen die Pressearbeit für sich entdecken, insbesondere im Online-Bereich. "Es gibt noch ein enormes Wachstumspotenzial, denn letztlich kann jedes Unternehmen unseren Dienst für seinen Presseservice nutzen", sagt news-aktuell-Chef Meyer. "Das Thema Pressearbeit gewinnt im Marketingmix immer mehr an Bedeutung", erklärt fax2presse-Chef Guido Krone.
Wilfried Seywald, Gründer und Miteigentümer von pressetext, begründet seinen Optimismus mit der "Flut an Nachrichten, die in traditionellen Nachrichten nicht mehr untergebracht werden können, aber irgendwo publiziert werden müssen". Zehrts Ansicht nach sorgt die zunehmende Internationalisierung für einen zusätzlichen Schub. Schließlich sei es selbst für große Pressestellen kaum noch machbar, beispielsweise die Adressen aller europäischen IT-Journalisten immer auf dem neuesten Stand zu halten.
Bei den Presseservices aktualisieren sich die Verteiler dagegen großenteils von selbst, da die meisten Adressen durch Abo-Anmeldungen generiert werden. Wer keine Meldungen mehr bekommen möchte, meldet sich einfach ab. Ungültige Adressen fliegen automatisch aus dem Verteiler. Die restlichen Daten ermitteln die Versender durch eigene Recherchen.
Mögliche Verlierer der Entwicklung sind diejenigen Presseservices, die nur die Verbreitung von Meldungen anbieten und über keinen besonders guten Verteiler verfügen, prophezeit pressrelations-Sprecher Djure Meinen. Auch Horst Gutschon von der Hightext-Verlag-Unit press1 betont die Wichtigkeit von Mehrwertdiensten wie Medienerfolgskontrolle, Suchmaschinen-Marketing und Redigieren von Pressemitteilungen. In diesem Sinne bastelt der Abteilungsleiter zurzeit an neuen zielgruppenorientierten Presseverteilern, die eng an Fachportale geknüpft werden sollen. Außerdem plant er eine Ausweitung seines Messefachgeschäfts, das hauptsächlich im Betrieb von Online-Pressefächern besteht.
Seine Mitbewerber sind nicht weniger umtriebig: news aktuell startet Anfang 2005 mehrere Produkte für die Fußballweltmeisterschaft 2006. Pressetext will das Kundenverwaltungs- und Redaktions-Tool Business Center zu einem Service-Instrument ausbauen, das "die PR-Branche in dieser Form noch nicht gesehen hat".
Der Dienst Pressrelations, der seine Website letzte Woche komplett überarbeitet hat, plant weitere Content-Partnerschaften mit Portalen, die die Pressemitteilungen in ihr Angebot integrieren. Zusätzlich werden die Düsseldorfer virtuelle Presseräume einbauen und eine neue Version des Dienstes Presseanfragen online stellen. Der Service ermöglicht Journalisten, mit selbst erstellten Fragebögen individuelle Presseanfragen an die mehr als 6.000 bei pressrelations registrierten PR-Verantwortlichen zu leiten. brö
Eine Marktübersicht finden Sie im PDF-Dokument "Presseservices 2004" (links unten)
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