28.06.2004 - Viel ungenutztes Potenzial, enorme Wachstumsaussichten und noch genügend Platz für neue Anbieter - so beurteilt die große Mehrheit der von ONEtoONE befragten deutschen Mobile Marketer die aktuelle Lage ihrer Branche.
Demnach haben insbesondere Markenartikler das Mobile Marketing als Werbemedium sehr gut angenommen, unter anderem deshalb, weil sie darüber fast jeden Bundesbürger und besonders die junge Zielgruppe zielgenau zu jeder Zeit und an jedem Ort erreichen. Dazu kommen traumhaft hohe Resonse-Raten von bis zu 30 Prozent und Erinnerungswerte von 75 bis 95 Prozent. "Mobile Marketing ist zum festen Bestandteil im Marketingmix zahlreicher deutscher Unternehmen geworden", sagt Oliver Schmidt, Geschäftsführer des Mobile-Marketing-Dienstleisters Synapsy Mobile Networks.
Einigkeit herrscht auch darüber, dass das Potenzial der mobilen Werbung noch längst nicht ausgeschöpft ist. Nach Schätzung von Ingo Lippert, CEO des Mobile Marketers MindMatics, werden zurzeit lediglich 10 bis 20 Prozent der vielfältigen Möglichkeiten des Mobile Marketings genutzt. Folglich rechnen fast alle Anbieter mit hohen Wachstumsraten. Ulrich Pietsch, Managing Director des Mobile Marketers 12snap, erwartet für dieses Jahr eine Steigerung der Werbeausgaben um 50 Prozent, Richard Malley vom Wettbewerber Yoc geht sogar von einer einer Verdoppelung aus.
Die neuesten Zahlen des Marktforschers Forrester Research untermauern diesen Optimismus. Demnach wird sich der europaweite Mobile-Marketing-Umsatz in diesem Jahr von 60 auf 180 Millionen Euro verdreifachen. 2005 sei sogar ein Volumen von 400 Millionen Euro möglich.
Der deutsche Markt spielt dabei eine Vorreiterrolle. Laut Stefan Hiene, Geschäftsführer von ocean seven consulting, ist "in keinem anderen Land die Akzeptanz bei den Nutzern so groß und die Erfahrung der Innovationsführer unter den werbetreibenden Unternehmen so umfangreich". Viele innovative Kampagnen würden hier zu Lande erstmals getestet und umgesetzt, so zum Beispiel die Coca-Cola-Aktion "Fanta-Flaschenpost", die 12snap vor zwei Jahren weltweit realisierte. Einer Umfrage des Berliner Institute of Electronic Business (IEB) zufolge haben zwei Drittel der Agenturen und Unternehmen schon Mobile-Marketing-Kampagnen durchgeführt oder planen deren Einsatz. Schlechte Erfahrungen habe dabei keiner gemacht.
Fortsetzung auf Seite 6 Folge: 69 Prozent der Unternehmen und 44 Prozent der Agenturen sind der Meinung, dass der Markt reif für mobile Werbung ist. Die größten Zuwächse werden bei Gewinnspielen, Games, Couponing und Gutscheinaktionen erwartet. Laut Lippert haben große Konzerne wie Ferrero und T-Mobile ihre Mobile-Marketing-Etats von bisher fünfstelligen auf sechs- bis siebenstellige Summen erhöht. Den endgültigen Durchbruch erwartet Hiene spätestens zur Fußball-Weltmeisterschaft 2006, wenn der Markt voraussichtlich mit einer Vielzahl von mobilen Gewinnspielen und Downloads rund um das Thema Fußball überschwemmt wird. "Der Siegeszug des mobilen Marketings wird nicht aufzuhalten sein", prophezeit Gary Pöpl, der seit kurzem bei BBDO InterOne die Abteilung Mobile Solutions leitet.
Doch wie genau wird sich der Markt entwickeln? Nach Ansicht von Ingo Griebl, Leiter des Arbeitskreises Mobile beim Deutschen Multimedia Verband (dmmv) zeichnet sich nach einer Kennlernphase und einer Zeit der Wiederholung erfolgreicher Kampagnen nun vielerorts eine "groß angelegte strategisch verzahnte Planung" ab. Dirk Uhlemann, Technikvorstand von Midray, findet, dass die Marktteilnehmer "immer professioneller und die technischen Lösungen immer ausgereifter" werden.
Spannend dürfte auch noch die Frage werden, ob sich der Mobilfunkkonzern E-Plus, der seit 2003 im Mobile Marketing mitmischt, gegen die Schwergewichte 12snap, MindMatics und Yoc durchsetzen kann. Das Gleiche gilt für eine Vielzahl von Agenturen, die den Wachstumsmarkt nach und nach für sich entdecken. Dass der Markt bereits aufgeteilt ist, glaubt nur der Yoc-Manager Malley, wobei sicherlich ein Stück Wunschdenken mit hineinspielt. Schließlich gehört sein Unternehmen zu den Big Three der Branche. Vier Befragte, darunter auch MindMatics-Chef Lippert sehen noch Chancen für andere Anbieter. Dieselbe Anzahl von Experten ist aber der Meinung, dass es neue Anbieter äußerst schwer haben werden - unter anderem deshalb, weil die Anforderungen an die Technik immer weiter steigen. Claus Seebeck, Geschäftsführer der Axel-Springer-Tochter AS Interactive, erwartet eine Aufteilung des Markts in Kreations-, Technik- und Full-Service-Anbieter.
Als mögliche Wachstumsbremse könnte sich das Fehlen eines einheitlichen Standards für die Darstellung multimedialer Inhalte auf dem Handy herausstellen. Dazu kommt die Spam-Problematik, die vom Internet auf das Handy überzuspringen droht. Das Independent Committee for the Supervision of Standards of Telephone Information Services verzeichnete 2003 einen 833-prozentigen Anstieg der Spam-Beschwerden. Einer Talkline-Umfrage zufolge sind Werbe-SMS das größte Ärgernis des mobilen Telefonierens, noch vor dem klassischen Handy-Aufreger, dem Klingeln in der Öffentlichkeit. Zudem gab jeder zweite Befragte unter 30 Jahren an, von SMS- Spam genervt zu sein. Dies dürfte allerdings weniger an der Masse des mobilen Werbemülls liegen, die im Vergleich zu E-Mail-Spam noch relativ gering ist, sondern vielmehr an der hohen Sensibilität der Handy-Nutzer in Bezug auf Spam-SMS. "Die Gefahr, Kunden durch ungewünschte Nachrichten zu verärgern, ist auf dem Handy noch größer als bei der E-Mail, da das Handy als deutlich persönlicheres Kommunikationsgerät wahrgenommen wird", erklärt Pöpl. Konsequenz: Es führt kein Weg an Permission-Marketing vorbei. Dieses ist Pöpls Ansicht nach "die Grundvoraussetzung für den er- folgreichen Einsatz von Mobile Marketing". Uhlemann pflichtet dem bei: "Es liegt in erster Linie in der Hand der Mobile-Marketing-Dienstleister, Spam zu verhindern."
Synapsy-Chef Schmidt fordert in diesem Sinne eine Verpflichtung zur Umsetzung von Richtlinien wie Double-opt-in und Abgleich mit Robinson-Listen. Nach Meinung von Dr. Thorsten Wichmann, Managing Director des Berliner Marktforschers Berlecon, reichen Aufklärung und eine gewisse Kontrolle von Massenversendern durch die Netzbetreiber aus, um das Problem in den Griff zu bekommen.
Malley sieht das Ganze dagegen gelassen. Seinen Beobachtungen zufolge sind die SMS-Spammer inzwischen weitestgehend vom Markt verschwunden. Der Grund: Die Preise für den SMS-Versand sind in letzter Zeit stark gestiegen. "Das schreckt ab und rechnet sich nicht", sagt Malley. Wer dennoch Spam-SMS verschicke, könne mit einstweiligen Verfügungen, Abmahnungen und sonstigen rechtlichen Schritten der seriösen Wettbewerber rechnen.
Eine weitere Herausforderung - diesmal eher im positiven Sinne - stellt UMTS für die Mobile Marketer dar. Der neue Mobilfunkstandard ermöglicht dank der hohen Bandbreite eine sehr viel bessere Übertragung von multimedialen Inhalten wie Videos und Audiodateien, was den Werbe-Effekt deutlich erhöht. Schließlich erinnern sich Schmidts Angaben zufolge 80 Prozent der Menschen in Bildern. Somit biete UMTS werbetreibenden Unternehmen die Chance, "ihre Markenwelt und Emotionen auf die Handys der Zielgruppe zu transportieren". Allerdings betonen fast alle Anbieter, dass sich ihr Geschäft durch UMTS nicht grundlegend ändere. Vieles sei bereits jetzt machbar. Neu sei lediglich die schnellere Auslieferung und die höheren Datenvolumina. "Mobile Marketing wird durch UMTS nicht neu erfunden, treibt aber bestehende Anwendungen voran", sagt Uhlemann.
Gleichzeitig warnt er vor zu großer Euphorie: "Wie alle technischen Neuerungen birgt auch UMTS die Gefahr, dass alles, was möglich ist, gemacht wird - unabhängig davon, ob es in der Kommunikation für eine neue Marke oder ein neues Produkt sinnvoll ist."
Lippert ist ebenfalls skeptisch. Schließlich lebe Mobile Marketing von einer Massennutzung bzw. Massenverfügbarkeit. Beides ist bei UMTS jedoch noch nicht vorhanden - und wenn man den vielen UMTS-Prognosen Glauben schenkt, wird sich das in absehbarer Zeit auch nicht ändern. Auch beim Thema ortsbezogene Dienste (Location-based Services, kurz LBS) dämpfen die Mobile Marketer die teilweise recht hohen Erwartungen der Unternehmen und Nutzer. Technisch sei die Lokalisation der Nutzer bereits möglich, die Kosten seien jedoch noch viel zu hoch. Zudem polarisiere der Dienst die Nutzer. "Einige finden sie klasse, zum Beispiel wegen der Funktion Preisvergleich, andere halten den Eingriff in die Privatsphäre für äußerst bedenklich", erklärt 12snap-Chef Pietsch. "Die Markenartikler haben das weitestgehend erkannt und lassen lieber die Finger vom Push-Marketing via Handy", berichtet Matthias Lechle, Geschäftsführer des Mobile Marketers Spielplatz.cc. Seebeck sieht LBS ähnlich kritisch: "Das ist ein typisches Hype-Thema, das für mich aktuell nicht wirklich Relevanz besitzt. Ob es jemals das sein wird, wovon viele träumen, wage ich zu beweifeln."
Die aktive Ortung auf Anfrage wird dagegen weitestgehend akzeptiert. Der Grund: Inhalte, die der Nutzer selbst abruft (Pull-Marketing), werden nicht als Werbung, sondern als wertvolle Informationen wahrgenommen. Trotzdem ist das Interesse bei den Unternehmen und Agenturen zurzeit noch mehr als bescheiden. Laut IEB-Studie haben erst 15 Prozent der Unternehmen diese Technik eingesetzt, die Agenturen noch gar nicht. Allerdings haben einige Agenturen im Gegensatz zu den Unternehmen sehr konkrete Vorstellungen, wie LBS für Marketingmaßnahmen genutzt werden können, erklärt IEB-Direktor Prof. Thomas Schildhauer.
Insgesamt herrsche aber sowohl bei Unternehmen als auch Agenturen noch eine große Unkenntnis über die Vorteile von LBS, zum Beispiel die Verringerung der Streuverluste durch noch gezielteres Werben. Auf der Erfolgsspur befinden sich dagegen nach Angaben der insgesamt elf Befragten unter anderem die Anwendungen SMS-Voting, Mobile Couponing, Downloads, mobile Spiele mit viralen Effekten, On-Package-Lösungen wie die Fanta-Flaschenpost und die Integration von Mobile-Marketing-Kampagnen ins Kommunikationskonzept. brö
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